„Rassismus“ oder berechtigte Vorsichtsmaßnahme? Fachärzte in Teuchern wegen Aushangs im Visier

Bereits seit 2016 soll ein Aushang im Wartezimmer des Facharztzentrums von Teuchern (Sachsen-Anhalt) angebracht gewesen sein, in dem es hieß, man könne Patienten ohne Deutschkenntnisse und Dolmetscher nicht mehr behandeln. In sozialen Medien ist von „Fremdenhass“ die Rede. Die Ansage hat jedoch faktische und rechtliche Gründe.
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Ärzte wünschen sich Dolmetscher wegen Verständigungsschwierigkeiten. Kritiker sprechen von "Rassismus".Foto: iStock
Von 15. Mai 2019

Erneut erschüttert ein „Rassismus“-Alarm die sozialen Netzwerke – Stein des Anstoßes ist diesmal das Facharztzentrum Teuchern in Sachsen-Anhalt. Diese müsse sich, so die „Mitteldeutsche Zeitung“ (MZ), wegen eines Aushangs „erklären“, der den Eindruck erwecke, die dortigen Ärzte würden „fremdsprachige Patienten zurückweisen“. Die betreffenden Ärzte selbst hingegen sprechen von einem „Hilferuf“ und machen deutlich, dass sie bis dato keinem einzigen Patienten die Behandlung verweigert hätten.

Das Ärztezentrum hatte einen mittlerweile wieder entfernten Aushang in seinem Wartezimmer angebracht, in dem es hieß, es sei dem Zentrum nicht mehr möglich, „Patienten ohne jegliche Deutschkenntnisse oder ohne Begleitung eines Dolmetschers zu behandeln“. Angeblich soll der Aushang bereits 2016 dort zu sehen gewesen sein.

Vollständige Verständigung über Symptome und Risiken als Grund für schlechte Kommunikation

Der Grund für diese Ankündigung ist Aussagen von Ärzten zufolge jedoch weder „Rassismus“ noch eine mangelnde „Willkommenskultur“, wie empörte Twitter-Nutzer sie diagnostiziert hatten. Vielmehr, so Lungenfacharzt Daniel Frommann gegenüber Medien, sei das Problem viel pragmatischerer Natur. Es liege in Verständigungsschwierigkeiten, wie sie im Laufe der letzten drei Jahre mehrfach aufgetreten seien, und die eine reale Beeinträchtigung der Qualität der Gesundheitsversorgung nach sich gezogen hätten.

Diese beginnt, glaubt man dem Facharzt, bereits mit noch längeren Wartezeiten für Patienten in einer Region, die ohnehin nicht für eine hohe ärztliche Versorgungsdichte bekannt ist. Sie trifft aber auch den ausländischen Patienten ohne Deutschkenntnisse und Dolmetscher selbst – ebenso wie den behandelnden Arzt.

Immerhin hänge die korrekte Diagnose ebenso wie die korrekte Heilbehandlung davon ab, dass ein ausreichender Austausch über die Symptome gewährleistet sei. Ärzte setzen sich zudem selbst einem möglichen Ansteckungsrisiko aus, wenn sie Patienten behandeln, die nicht einmal in der Lage sind, sie über diesen Umstand in Kenntnis zu setzen.

Landrat wirft Ärzten Effekthascherei vor

Für Unmut sorgte die Art und Weise, wie das Fachärztezentrum auf die Situation aufmerksam machte, jedoch nicht nur bei empörungsbereiten Social-Media-Nutzern, sondern auch beim Landrat. CDU-Amtsinhaber Götz Ulrich wirft den Medizinern vor, mit ihrer Aktion nur „politische Stimmungsmache“ zu beabsichtigen. Gegenüber der MZ erklärt Ulrich:

„Das Vorgehen der Praxis zeigt, dass es ihr nicht darum geht, ein Problem zu lösen, sondern eine möglichst große Aufmerksamkeit zu erzeugen.“

Von anderen Arztpraxen, die Flüchtlinge behandeln, habe er ähnliche Klagen nicht gehört. Zudem sei es unzutreffend, wenn auf dem Aushang erklärt werde, der Landkreis würde keine Kosten mehr für Dolmetscher übernehmen. Im Jahr 2017 seien es immerhin 23 513 Euro gewesen, die man für Dolmetscher zur ambulanten fachärztlichen Behandlung beigesteuert habe, im Vorjahr immerhin noch 23 168 Euro.

Es sei jedoch nicht möglich, bei 10 000 im Burgenlandkreis lebenden Ausländern jedem davon einen Übersetzer beizugeben. Deshalb seien, so Ulrich, Familienmitglieder gefordert, sich beim Arztbesuch eines des Deutschen nicht kundigen Patienten einzubringen.

Angst vor möglichen Schadensersatzklagen

Im Aushang hatte das Ärztezentrum seinerseits dem Landrat vorgeworfen, an Ärzte und Patienten die Empfehlung ausgegeben zu haben, „via Internet oder Handbücher“ zu kommunizieren.

Die Problematik der Behandlung von Personen ohne Verständigungsmöglichkeit könnte sich für Ärzte insbesondere dann als besonders risikoträchtig herausstellen, wenn es um mögliche Schadensersatzansprüche infolge unzureichender Aufklärung geht. Ärzte müssen ihre Patienten den einschlägigen Bestimmungen des BGB zufolge umfassend über alle Eigenheiten und Risiken einer Heilbehandlung aufklären. Der Patient muss die entsprechende Belehrung auch verstanden haben.

Wo das Asylbewerber-Leistungsgesetz nicht greift, das die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme von Dolmetscherkosten regelt, fehlen dafür die gesetzlichen Regelungen. Im Extremfall steht ein behandelnder Arzt also vor der Wahl, entweder auf eigene Kosten einen Dolmetscher vorzufinanzieren – oder das Risiko späterer Klagen wegen unzureichender Aufklärung zu riskieren.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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