Christen sind sich uneins: Ist die Corona-Pandemie eine Strafe Gottes?

Christen haben unterschiedliche Ansichten darüber, was die Corona-Pandemie mit der heutigen Menschheit zu tun hat. Für frühere Geistliche war es unumstritten, dass Kriege und Seuchen, Dürren und Hungersnöte, Hunger, Feuer und alle anderen Katastrophen Strafen für die Sünden des Volkes waren.
Titelbild
Menschen beten um Linderung von der Beulenpest, um 1350. Original Kunstwerk: Entworfen von E. Corbould, Lithographie von F. Howard.Foto: Hulton-Archiv/Getty Images
Von 31. März 2020

Über die Coronavirus-Pandemie, die von Wuhan aus die ganze Welt erfasst hat, gibt es unter den gläubigen Christen unterschiedliche Interpretationen.

Marian Eleganti, Weihbischof im Schweizer Bistum Chur, zieht in einer Video-Botschaft einen Zusammenhang zwischen dem Glauben und dem damit verbundenen Handeln einer Gesellschaft und ihrer Betroffenheit von Krieg, Seuchen und anderen Katastrophen. Andere Christen lehnen diesen Zusammenhang kategorisch ab.

Für Eleganti seien gerade jetzt während der Corona-Pandemie Umkehr, Buße und Gottesvertrauen gefragt. Weihwasserbecken zu leeren, sei dagegen eine „Kapitulation“ des Glaubens.

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Franziska Driessen-Reding, Synodalratspräsidentin der Zürcher Katholiken, hält die Worte von Marian Eleganti für „zynisch“ angesichts der vielen Opfer, die die Pandemie bereits gekostet habe, berichtet das Internetportal kath.ch.

Bischofskonferenz: Äußerungen sind „rein persönlicher Natur und verpflichten somit nur ihn“

Auch eine Sprecherin der Schweizer Bischofskonferenz sagte, die Äußerungen des Weihbischofs seien „rein persönlicher Natur und verpflichten somit nur ihn.“

Die Anfang März formulierten Empfehlungen der Bischofskonferenz mit Hygienevorschriften zur Eindämmung des Virus seien nach wie vor gültig.

Besonders in konservativen kirchlichen Gruppen wird die These verbreitet, COVID-19 sei als Strafe Gottes gekommen.

Ein zum Krankenhaus umgebautes Ausstellungsgelände in Wuhan in der zentralen chinesischen Provinz Hubei.          Foto: STR/AFP über Getty Images

Keine öffentlichen Gottesdienste erlaubt

Unstrittig ist, dass die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus das öffentliche kirchliche Leben in Deutschland fast vollständig zum Erliegen brachten. Derzeit dürfen keine öffentlichen Gottesdienste mehr gefeiert werden.

Dadurch hat sich der Glaube – wie in den Zeiten der christlichen Verfolgung in der Geschichte – zunehmend in öffentlich nicht sichtbare Bereiche verschoben. Gleiches geschieht in diktatorischen Ländern überall auf der Welt auch heute noch.

Kardinal Scola: „Notsituation müsse in uns die Frage nach dem Sinn unseres Lebens aufwerfen“

Italien ist in Europa das Land, das derzeit am schwersten von der aktuellen Corona-Pandemie betroffen ist. Hier ruft Kardinal Scola, emeritierter Bischof von Mailand, dazu auf, die Zeit des Coronavirus mit einer doppelten Haltung durchzustehen.

„Die erste, die natürlichste, ist, vereint zu bleiben: denn Mitgefühl mit den vom Bösen Betroffenen, insbesondere wenn es – wie heute – quantitative Dimensionen annimmt, ist ein tiefes, unmittelbares und natürliches menschliches Gefühl“, berichtet „Vatican News“.

Ein Priester segnet Särge in Seriate, einer Gemeinde in der italienischen Provinz Bergamo.       Foto: Antonio Calanni/AP/dpa/dpa

Aber es gebe noch eine zweite Ebene der Reaktion auf die Epidemie, „die wichtiger ist“, so Scola.

Diese Notsituation müsse in uns die Frage nach dem Sinn unseres Lebens aufwerfen… An diesem besonderen Punkt wäre es entscheidend, dass jeder sich fragt: „Wofür lebe ich? Man kann nicht einfach nach Wegen suchen, um dem Virus zu entgehen, sondern man muss weiter gehen. Das sind Gelegenheiten, um uns nach dem Sinn des Lebens zu fragen.“

Hl. Bernhardin von Siena: „Krieg, Pest und Hunger sind die Geißeln, mit denen Gott die Völker züchtigt“

Deutlicher wird der italienische Historiker Prof. Roberto de Mattei auf katholisches.info. Er  verdeutlicht, dass in der Historie das christliche Verständnis weniger gespalten war. So mahnte der heilige Bernhardin von Siena (1380–1444): „Drei sind die Geißeln, mit denen Gott die Völker züchtigt: Krieg, Pest und Hunger“.

Typische Opfer der Hungersnot 1930 in China. Ein Mann trauert, während die Kinder die sterbende Mutter ansehen.                                                  Foto: Topical Press Agency/Getty Images

Der heilige Bernhardin war einer von vielen geheiligten Geistlichen, die erklärten, dass in der Geschichte Naturkatastrophen immer die Untreue und den Glaubensabfall von Nationen begleitet haben, bestätigt Matti. Auch die heilig gesprochenen Geistlichen Katharina von Siena, Birgitta von Schweden, Vinzenz Ferrer, Ludwig Maria Grignion von Monfort sahen dies so.

Dieser Mann in Uganda, der gerade an AIDS gestorben ist, hatte bereits zehn Mitglieder seiner Familie, darunter seine Frau, durch AIDS verloren.          Foto von Marco Di Lauro/Getty Images

So führte Bernhardin von Siena damalige Katastrophen nicht auf das Wirken böser Feinde zurück, sondern auf die Sünden der Menschen.

Sünden ziehen Erdbeben, Hungersnöte, Epidemien, Kriege und Revolutionen nach sich

Die Sünden wiegen um so schwerer, wenn es sich dabei um ganze Bevölkerungsgruppen oder Völker und Nationen handelt. Und noch schwerwiegender, wenn sie von den Regierenden der Völker und von Verantwortlichen der Kirche begangen, geduldet oder gefördert werden, erklärt der Historiker Matti. Dementsprechend fallen auch die Katastrophen zerstörerischer aus und haben größere Ausmaße.

In diesem Sinne sahen die Heiligen Gott immer als gerecht an. Denn er gibt jedem das, was der Mensch durch sein eigenes Handeln sich verdiene. Dabei belohnt oder bestraft er – je nachdem – nicht nur einzelne Menschen, sondern auch Familien, Städte und Nationen. Die Sünden ziehen eben dann Erdbeben, Hungersnöte, Epidemien, Kriege und Revolutionen nach sich, so Matti.

Der Historiker zitiert dazu die Worte von Pater Pedro de Ribadaneira (1527–1611): „Kriege und Seuchen, Dürren und Hungersnöte, Hunger, Feuer und alle anderen schrecklichen Katastrophen sind Strafen für die Sünden des Volkes.“

Matti: „Untreue erzeugt Gleichgültigkeit gegenüber der Verletzung der Göttlichen Ordnung des Universums“

Matti erklärt weiter, dass die Untreue Gott gegenüber Blindheit des Geistes und Verhärtung des Herzens erzeuge. Also eine Gleichgültigkeit gegenüber der Verletzung der Göttlichen Ordnung des Universums, so der Historiker. Es sei eine Gleichgültigkeit, die den Hass gegen Gott verberge.

In diesem Sinne gäbe es Kirchenmänner, die sich oberflächlich und den Worten nach zum Glauben an Gott bekennen. Allerdings würden sie tatsächlich im praktischen Atheismus leben. Sie würden Gott alle seine Eigenschaften nehmen und auf das bloße „Sein“ reduzieren, das heißt auf nichts. Alles, was passiere, sei für sie die Frucht der Natur, die von ihrem Urheber emanzipiert wurde – und nur die Wissenschaft könne ihre Gesetze entschlüsseln, sagt der Historiker.



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