Das Jakobskreuzkraut: Gefährliche Natur für Mensch und Tier in Deutschland

"Wenn du 5 Jahre lang deine komplette Freizeit auf der Koppel verbringst, um Schubkarre für Schubkarre aus der Koppel zu holen und es gefühlt nicht weniger wird, greife ich gerne zum Gift, um dem Ganzen ein Ende zu setzen.“ So lautet die Erkenntnis einer Facebooknutzerin über ihren Kampf gegen das giftige Jakobskreuzkraut.
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Viel Schweiß, viele Tränen. So mancher ist am giftigen Jakobskreuzkraut schon verzweifelt.Foto: iStock
Epoch Times31. August 2019

Pflücken, ausstechen, ausreißen, rupfen – so lautet die Devise, wenn ganze Weideflächen mit Jakobskreuzkraut befallen sind. Dabei ist das hübsch blühende Kraut eine Gefahr vor allem für Menschen, Pferde und Rinder. Die Landbesitzer sind verzweifelt. Da wird vom „echt hartnäckigen Dreckszeug“ gesprochen und von „blöden Samen“, die durch die Luft fliegen. Immer mehr Weiden sind von der giftigen Pflanze befallen, selbst eine Dürre kann dem Kraut nichts abgewinnen.

Man führt es auch auf Klimaveränderungen und Witterungsextreme zurück“, sagte Klaus Gehring von der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Freising laut „Welt“.

Die Pflanze sei enorm „stresstolerant“. Bei extremer Trockenheit siedeln sich die etwa einen Meter hohen Pflanzen gern auf brach liegenden Flächen an. Vor allem auf Koppeln und Weiden ist die strahlend gelbe Pflanze zu finden.

Aufgrund ihres bitteren Geschmacks wird sie zwar von den Tieren gemieden, aber wenn sie getrocknet ins Heu gerät, wird es gefährlich. Denn dann sind die Tiere dem giftigen Pyrrolizidinalkaloiden (PA) ausgeliefert. Die Bitterstoffe, die dafür sorgen, dass die Tiere normalerweise einen weiten Bogen um die Pflanze machen, werden während des Trocknungsvorganges abgebaut. Die Toxine bleiben allerdings enthalten.

Jacobskreuzkraut (Jacobaea Vulgaris) kommt häufig in Europa vor. Foto: iStock

Erhöhte Leberwerte durch Honig und Tee?

Selbst in Milch und Honig konnten giftige Stoffe nachgewiesen werden, so dass diese Stoffe auch in den Organismus des Menschen gelangen können. Laut „Welt“ sind im vergangenen Jahr mehrere Giftstoffe in Sommerhonigen nachgewiesen worden. Menschen könnten laut „bienen&natur“ von den Jakobskreuzkraut-Gift Leberschäden erleiden.

Einen gesetzlichen PA-Grenzwert gibt es nicht. Die EU-Verbraucherschutzbehörde EFSA und das Bundesinstitut für Risikobewertung haben jedoch einen Richtwert vorgegeben. Dieser wurde 2018 angehoben. Die Empfehlung lautet, nicht mehr als 0,0237 Mikrogramm PA je Kilogramm Körpergewicht aufzunehmen. Imker könnten im Labor den PA-Gehalt ihres Honigs untersuchen lassen. Kosten entstehen hierfür in Höhe von etwa 100 Euro.

Vom NABU Schleswig -Holstein heißt es, dass 53 Prozent der Honigprobe „meist deutlich“ unter dem Empfehlungswert lagen, bei 41 Prozent war ein PA-Nachweis „technisch sogar nicht möglich“. Bei Honigproben, die ausschließlich aus Gegenden mit reichlich Jakobskreuzkraut genommen wurden, lagen 85 Prozent unterhalb wer PA-Belastung. Dabei wurden auch Sommertrachten zur Blütezeit des Krautes mit einbezogen.

Die Bienen bevorzugen übrigens im Frühjahr hauptsächlich Raps- und Obstblüten. Doch selbst falls Bienen das Jakobskreuzkraut tatsächlich aus Mangel an anderen Blüten anfliegen sollten, so gelangen nur Spuren von PA in den Honig. Meistens ist der Honig schon abgeschleudert, wenn das Jakobskreuzkraut in voller Blüte steht.

Wer sichergehen will und viel Honig isst, sollte häufig die Sorten wechseln. Werner von der Ohe vom Bieneninstitut Celle jedenfalls gibt Entwarnung zu PAs in Honig: „Deutsche Honige sind bezüglich PA-Gehalten unbedenklich.“  Laut von der Ohe seien die PA-Werte in Kräutertees wesentlich höher.

Der NABU Schleswig-Holstein teilt mit, dass sich eine deutlich stärkere PA-Belastung durch Beimischung von Rohhonig aus Amerika und Asien ergeben könnte, mit der im Discounter erhältliche Honigsorten aufbereitet werden.

Zudem hätten laut „bienen&natur“ zwei Studien nachgewiesen, dass sich die PAs im Honig bereits nach wenigen Monaten Lagerung verflüchtigt hätten. Trotzdem wird Imkern geraten, ihren Bienenwagen nicht vor eine Wiese zu stellen, die mit Jakobskreuzkraut befallen ist.

Was tun bei Kreuzkraut-Wildwuchs?

Laut Irmingard Kemmer von der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Weilheim-Schongau müsse das Jakobskreuzkraut verbeugend frühzeitig beseitig werden. Sie sagt gegenüber „Merkur“:

Das Jakobskreuzkraut ist schnittempfindlich. Wenn die ersten Blüten kommen, sollte man alles abmähen.“

Die Mährückstände sollten entsorgt werden, um Nottriebe zu vermeiden. Kemmer und Lindner sind sich einig, dass das Ausstechen des Krautes am effektivsten ist. Denn neben dem oberirdischen Teil müsse auch die bis zu einem halben Meter tiefe Wurzel entfernt werden. Die Pflanze samt Wurzel entfernt man am besten mit Handschuhen.

Eine Möglichkeit der Entsorgung der Pflanze ist die Verwertung in der Biogasanlage. Reife Samen des Krautes könnten in der Biogasanlage nicht überdauern. Untersuchungen der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen mit der Universität Bonn hätten gezeigt, dass die Samen ihre Keimfähigkeit verlieren.

Bei chemischer Behandlungen der Weiden kann ein enormer ökologischer Schaden angerichtet werden, sagt Irmingard Kemmer. Sie rät von der Chemiekeule ab.

Auch das Mulchen und Untergraben von Naturflächen sei keine Lösung. Laut NABU Schleswig-Holstein stelle dies einen massiven Eingriff in die natürliche Entwicklung dar. Unzählige Kriecher und Krabbler könnten dadurch getötet werden, von den Mikroorganismen ganz zu schweigen.

In manchen Fällen wird auch eine über Jahrzehnte etwa durch Wiesenameisen entstandene natürliche Struktur zerstört sowie Nester von Bodenbrütern wie Braunkehlchen, Wachtel oder Dorngrasmücken beseitigt“, sagt der NABU Schleswig-Holstein.

„Jakobskreuzkraut“ auf Facebook

Auch in den sozialen Medien ist die Pflanze Thema. So gibt es auf Facebook die Gruppe „Jakobskreuzkraut“, die sich dem Problem widmet. Laut Empfehlung in der Gruppe sind Handschuhe ein Muss bei der Bekämpfung des Giftkrautes, am besten sind die „dicken, gummierten für den Haushalt“.

Und mit dicken Gummihandschuhen mache das Rausreißen der Pflanze bei 35 Grad auch doppelt Spaß, bedankt sich eine Ratsuchende für den Tipp.

Eine Entfernung der Pflanzen und Düngung mit Kalkstickstoff wäre erfolgversprechend, da das Jakobskreuzkraut ein Indikator für Mangelboden sei. Vor dem Winter ausgebracht, entwickele er sich im Boden zu Blausäure und töte Unkräuter ab. In der weiteren Phase wirke die Stickstoffkomponente dann als „prima Dünger“.

Eine Frau berichtet in der Facebookgruppe über folgende Erfahrung:

Wenn du fünf Jahre lang deine komplette Freizeit auf der Koppel verbringst, um Schubkarre für Schubkarre aus der Koppel zu holen und es gefühlt nicht weniger wird, greife ich gerne zum Gift, um dem Ganzen ein Ende zu setzen.“

Brennnessel und Sauerampfer seien leichter zu bekämpfen als das Jakobskreuzkraut.
Daher werde die Koppel jetzt komplett neu angelegt. Die vergangenen fünf Jahre hätten viel Schweiß, Tränen und Geld gekostet. Und sogar Pferde seien an der Pflanze verendet.

Verständnis gibt es für diese Worte von allen Gruppenmitgliedern, die ebenfalls unter dem Kraut leiden. Und trotzdem setzen sich die meisten von ihnen für eine giftlose Bekämpfung ein.

(sua)



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