Schweinekarriere: Graf Bobby macht Karriere auf Instagram

Drei Mal scheitert der Versuch, das Angler Sattelschwein Bobby zum Schlachten zu bringen. Das Tier, mittlerweile ohnehin zu dick dafür, darf am Leben bleiben - und wird auf Instagram bekannt.
Titelbild
Sattelschwein Bobbyauf dem Bioland Hof Sonnenschein.Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa/dpa
Epoch Times26. Juli 2020

Der Star hält sich erst mal bedeckt – ungerührt steht das Schwein mit dem beeindruckenden Namen Graf Bobby von Sonnenschein in der hintersten Ecke des Freigeheges.

Vorne drängen sich seine Geschwister, Cousinen und Cousins – dabei kommen doch nur wegen des Angler Sattelschweins mit Hang zu Übergewicht derzeit Fernsehteams und Fotografen zu einem Bauernhof in Ostfriesland. Denn Bobby hat mit seinen 14 Monaten eine bewegte Geschichte hinter sich, die auf der Internetplattform Instagram geteilt wird.

Everybody’s Darling

„Bobby war von Anfang an derjenige, der am größten war, und er war auch immer schon Everybody’s Darling – er ist ein ganz gemütlicher“, erzählt Landwirtin Nadja Poppen auf dem Bio-Hof Sonnenschein in Aurich. „Dann wollten wir anfangen zu schlachten, und weil er ja der Größte war, sollte er als erstes dran glauben.“

Versuch eins scheitert jedoch: „Er ist immer durch uns durchgelaufen oder hat uns umgerannt“, sagt die 40-Jährige. Auch in der nächsten und übernächsten Woche wehrt sich Bobby erfolgreich und die Landwirte geben auf: „Okay, du hast gewonnen, du bleibst erst mal hier und wir überlegen uns was anderes für dich.“

Zum Zuchttier ist Bobby jedenfalls nicht geeignet. „Angler Sattelschweine haben eigentlich so einen hellen Sattel auf dem Rücken.“ Dafür kostet Bobby den Betrieb der Poppens: Unterkunft und Futter müssen bezahlt werden – Himbeeren isst der Feinschmecker zum Beispiel gerne. Und auch Tierarztkosten könnten innerhalb der rund 10 bis 15 Jahre, die Bobby wohl alt wird, auf die Familie zukommen.

Über Instagram will Poppen Paten finden. Neben vielen Fotos finden sich auf dem Account Erzählungen verfasst aus Bobbys Perspektive. Im ersten Beitrag heißt es: Ich „bin ein stattliches Schwein, manche würden sagen, ich bin sehr kräftig. Meine Hobbys sind: im Schlamm suhlen, Wettrennen machen, chillen und köstliches Biofutter genießen.“

Futterkosten durch Instagram für ein Jahr gedeckt

180 bis 200 Kilogramm bringe Bobby nun auf die Waage – viel mehr als seine Altersgenossen. Und für den Schlachter der Poppens zu viel, denn Bobby passt nicht mehr in die Entborstungsmaschine. Der Plan der Landwirtin geht aber auf. Die Futterkosten sind dank genügend Paten, die monatlich zehn Euro überweisen, für ein Jahr gedeckt. Die Zahl der Follower ist mit gut 2300 allerdings überschaubar. Der bekannteste tierische Influencer – Petfluencer nach dem englischen Wort für Haustier genannt – bringt es auf mehr als zehn Millionen Follower: Zwergspitz Jiffpom.

Der Gründer der Petfluencer-Marketing-Agentur Tony, André Karkalis, spricht ab ungefähr 10 000 Followern von Petfluencern. Davon gebe es in Deutschland mehrere Hundert bis wenige Tausend. „Ein bis zwei Handvoll Menschen können das hauptberuflich machen.“ So zum Beispiel Talitha Girnus, Besitzerin des mittlerweile verstorbenen Weißbauchigels Mr. Pokee, oder Annica Hansen mit ihrem Pferd Wölbchen.

„Gerade der Unterhaltungsfaktor ist sehr wichtig. Und das ist natürlich bei Tieren der Fall, die so ein bisschen von der Norm abweichen“, sagt Karkalis. Wichtig sei ihm, dass die Tiere Tiere sein dürften und nicht dauernd in Kostüme gesteckt und vermenschlicht würden.

„Das ist unser Lebensunterhalt“

Das sieht auch Lea Schmitz, Sprecherin des Deutschen Tierschutzbundes so. „Das kann Stress für die Tiere bedeuten.“ Manche Kanäle seien extrem einflussreich – und könnten auch für Botschaften des Tier- oder Artenschutzes werben. Bei Bobbys Account ist die Tierschützerin gespalten: Wenn schon geschlachtet werde, „sollten die Tiere zumindest unter möglichst guten Bedingungen gehalten werden. Was man hier sieht, ist schon mal nicht schlecht – sprich Biobetrieb, Stroh, die Tiere haben Platz.“

Landwirtin Poppen erreicht auch Kritik. „Einige sagen, dass das sehr makaber ist, dass wir ein Schwein berichten lassen und dafür andere Schweine sterben müssen.“ Wenn die Kritiker nicht beleidigend würden, setze sie sich mit ihnen auseinander. „Ich weiß, dass viele Menschen das anders sehen. Aber wir essen gerne Fleisch, wir produzieren es. Das ist unser Lebensunterhalt.“ Sie will Verbraucher mit Bobbys Account auch über Bio-Landwirtschaft informieren.

Der hat sich schließlich doch noch zu den anderen Schweinen und seinen menschlichen Besuchern vorgewagt. Ganz gemächlich, als es darum ging, Futter abzustauben. (dpa)



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