Faeser – Baerbock – Lambrecht: Schlüsselressorts im Kabinett Scholz

Mit Nancy Faeser, Annalena Baerbock und Christine Lambrecht werden drei Ministerien mit hohen Etats und großer Bedeutung in der Regierung Scholz weiblich besetzt sein.
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Nancy Faeser, Innenministerin im Kabinett von Olaf Scholz (SPD).Foto: ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images
Von 10. Dezember 2021
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Die Parteien haben die Koalitionsvereinbarung abgesegnet, die Ressorts sind verteilt und besetzt: Die Regierung Scholz wird am Mittwoch (8.12.) offiziell ihre Arbeit aufnehmen. Wer sind die künftigen Amtsträgerinnen in den Schlüsselressorts?

Mit der SPD-Politikerin Nancy Faeser wird erstmals eine Frau das Bundesministerium des Inneren führen. Aber auch mit den Ressorts der Verteidigung (Christine Lambrecht) und des Auswärtigen (Annalena Baerbock) werden etatmäßig hoch dotierte und für die Sicherheit nach innen und außen zentrale Ressorts von Frauen aus SPD und Grünen geführt.

Bis auf Christine Lambrecht, die im Kabinett Merkel IV das Justiz- und am Ende kommissarisch das Familienressort geführt hatte, haben die Nominierten bis dato noch nicht an einer Bundesregierung mitgewirkt.

Nancy Faeser

Die 1970 in Bad Soden geborene Nancy Faeser wird künftig für ein Ministerium zuständig sein, dessen Aufgabenbereich die innere Sicherheit und den Katastrophenschutz ebenso umfasst wie Integration, Verfassungsschutz, Terrorabwehr, Katastrophenschutz und Sportförderung.

Die Juristin ist 1988 in die SPD eingetreten, für die bereits ihr Vater kommunalpolitisch in Schwalbach Funktionen bekleidete. Seit 2009 gehört sie der innenpolitischen Arbeitsgruppe des sozialdemokratischen Parteivorstandes an. Nachdem sie von 2014 an als Generalsekretärin der Hessen-SPD fungiert hatte, übernahm sie 2019 den Landesvorsitz als Nachfolgerin von Thorsten Schäfer-Gümbel.

Dem Landtag gehörte sie seit 2003 an. Da ihr Stimmkreis Main-Taunus I seit seiner Gründung stets an die CDU ging und auch der Direktwahlkreis des früheren Ministerpräsidenten Roland Koch war, zog Faeser stets über die Landesliste ein. Sowohl Andrea Ypsilanti als auch Schäfer-Gümbel sahen Faeser als Justiz- bzw. Innenministerin für ihre Schattenkabinette vor.

Im Landtag machte sich Faeser als Vorsitzende mehrerer Ausschüsse, unter anderem jenes für den Justizvollzug, der Parlamentarischen Kontrollkommission für den Verfassungsschutz und der G10-Kommission, einen Namen. Zuletzt war sie auch Oppositionsführerin.

Sie galt als scharfe Kritikerin des amtierenden hessischen Innenministers Peter Beuth und befasste sich thematisch unter anderem mit rechtsextremistischen Umtrieben in dem Bundesland. Sie reichten von der NSU-Terrorzelle und den Fragen nach der Tatortnähe des Verfassungsschutzmitarbeiters Andreas T. bei dessen Mord am Internetcafé-Besitzer Halil Yozgat am 6.4.2006 in Kassel über den Mord an Regierungspräsident Walter Lübcke bis hin zu mehreren Polizeiskandalen rund um extreme Aussagen in Chats oder illegale Datenabfragen.

Der Rechtsextremismus wird für Faeser auch als Bundesinnenministerin ein Schwerpunktthema bleiben. Dies erklärte sie auch am Montag bei ihrer Vorstellung in der Berliner SPD-Zentrale. Faeser gilt allerdings im überwiegend weit linken SPD-Landesverband nicht als ideologische Politikerin, sondern als Pragmatikerin.

Bereits im Landtag hatte sich Faeser um eine bessere Ausstattung, Finanzierung und Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen für Exekutivbeamte bemüht. Wenn Nancy Faeser die Nachfolge Horst Seehofers antritt, bringt sie jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Innere Sicherheit ins Innenressort mit.

Ihre Herausforderung wird jedoch darin bestehen, von der Oppositionsrolle in die Übernahme exekutiver Verantwortung zu wechseln. Vor allem wird sie in Einrichtungen wie dem Verfassungsschutz, den sie bis dato vor allem wegen möglicher Versäumnisse kritisierte, das Vertrauen des Apparats gewinnen müssen.

Annalena Baerbock

Über die Erfahrung im Fachgebiet, die Nancy Faeser ins Innenressort mitbringt, verfügt die künftige Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nicht unbedingt – auch wenn sie sich im Vorfeld der Nominierung zur grünen Kanzlerkandidatin explizit auf ihren völkerrechtlichen Hintergrund berufen hatte.

Die 1980 in Hannover geborene Tochter einer Sozialpädagogin und eines späteren Personalmanagers des WABCO-Konzerns studierte von 2000 bis 2004 an der Universität Hamburg. Sie erwarb dort das Vordiplom im Studiengang Politikwissenschaften – mit Öffentlichem Recht/Europarecht als Nebenfach.

Ihre Selbsteinstufung als „Völkerrechtlerin“ rührt von ihrem 2005 erworbenen Masterabschluss in „Public International Law“ (LL.M.) an der London School of Economics and Political Science her. Bereits im Bundestagswahlkampf war Baerbock wegen ungenauer Angaben in ihrem öffentlichen Lebenslauf sowie Plagiatsvorwürfen im Zusammenhang mit einer Buchveröffentlichung in die Kritik geraten.

Praktische Erfahrungen sammelte Baerbock unter anderem als freie Mitarbeiterin der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ und als Mitarbeiterin der Europaabgeordneten Elisabeth Schroedter. Von 2008 bis 2009 fungierte sie als Referentin für Außen- und Sicherheitspolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

Annalena Baerbock (Grüne) soll Außenministerin werden. Foto: Andreas Gora – Pool/Getty Images

Nach ihrem familiär begründeten Umzug nach Potsdam in der zweiten Hälfte der 2000er-Jahre war Baerbock im dortigen Landesverband der Grünen tätig und war dort von 2009 bis 2013 Landesvorsitzende. Zu einer der Bundesvorsitzenden wurde sie 2018 gewählt. Dem Bundestag gehört sie seit 2018 an.

Die Außenpolitik war trotz des völkerrechtlichen Hintergrundes erst in den vergangenen Jahren zu einem Schwerpunktthema Baerbocks geworden. Zuvor standen eher Themen wie Klima und Migration im Zentrum ihrer Aufmerksamkeit.

Im Jahr 2020 ist Baerbock allerdings Mitglied der Community „Young Global Leaders“ des Weltwirtschaftsforums geworden. Von da an spielte auch internationale Politik für die Grünen-Vorsitzende wieder eine zentralere Rolle.

Baerbock befürchtet einen stärkeren Einfluss autoritärer Staaten, wobei sie die totalitäre KP-Diktatur in China mit autoritären Demokratien wie der Russischen Föderation oder der Türkei in einem Atemzug nennt.

Diesen will sie in noch stärkerem Maße als es bislang schon der Fall war eine „werteorientierte“ deutsche Außenpolitik entgegensetzen – eingebettet in einem „europäischen“ Gesamtkontext. Europa müsse sich, so Baerbock, selbst in der Verteidigungspolitik stärker engagieren und seine „Friedensrolle“ in der Welt ernster nehmen.

Eine Bewährungsprobe könnte Baerbock nun gleich zu Beginn ihrer Amtszeit ins Haus stehen. Auf ihre jüngste Ankündigung, eine „härtere Gangart“ gegenüber dem chinesischen Regime an den Tag legen zu wollen, regte sich nicht nur Kritik aus Peking selbst, sondern auch aus der deutschen Autoindustrie.

Laut „Manager Magazin“ werden vier von zehn deutschen Autos mittlerweile in China verkauft, Tendenz weiter steigend. Entsprechend nervös ist man in den Konzernetagen. Dass die Regierung Biden in den USA nun einen diplomatischen Boykott der Olympischen Spiele in Peking verkündet hat, würde immerhin dafür sorgen, dass ein identischer Schritt vonseiten der deutschen Regierung nicht im Alleingang vollzogen werden müsste. Baerbock könnte mit ihrem Vorhaben, Peking fordernder gegenüberzutreten als die Merkel-Kabinette, auch in Deutschland selbst auf Widerstände stoßen.

Christine Lambrecht

Als Bundesministerin in gleich zwei Ressorts tätig war die 1965 in Mannheim geborene Rechtsanwältin Christine Lambrecht. Ursprünglich hatte sie im Juni 2019 das Bundesministerium für Justiz übernommen. Kommissarisch kam am Ende noch das Bundesfamilienministerium mit dazu – nachdem Vorgängerin Franziska Giffey infolge von Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit ihrer Doktorarbeit vorzeitig das Amt niedergelegt hatte.

Vor ihrem Verbleib im Regierungsteam stand ein Fragezeichen, nun wird sie das Verteidigungsministerium übernehmen. Sie erbt eine nach dem Afghanistan-Abzug noch zusätzlich demoralisierte Truppe, die von Unterfinanzierung, mangelhafter Ausstattung und einer öffentlichen Rolle als Sündenbock gekennzeichnet ist – unter anderem im Kontext von Rechtsextremismus-Vorwürfen an die Adresse des Kommandos Spezialkräfte.

Dass mit Lambrecht erneut einer fachfremden Person die Verantwortung über die Streitkräfte übertragen wird, zeigt aus Sicht von Unionsfraktionsvize Johann David Wadephul, dass „der SPD die Verteidigungspolitik und die Bundeswehr ziemlich egal sind“.

Christine Lambrecht, designierte Verteidigungsministerin, SPD. Foto: ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images

Dass Lambrecht dem ideologischen linken Lager in der SPD zuzurechnen ist, hatte sie in ihrer bisherigen Tätigkeit als Ministerin unter Beweis gestellt. Eines der wichtigsten Anliegen, das jedoch in letzter Minute am Widerstand der Union scheiterte, war die Verankerung der „Kinderrechte“ im Grundgesetz, die im Zweifel die Position des Staates gegenüber Eltern und Erziehungsberechtigten gestärkt hätte.

Während Lambrecht die Sanktionsmechanismen gegen Unternehmen deutlich ausweiten wollte, sollte dies gegen schwerkriminelle Jugendliche nach ihrer Meinung nicht geschehen: Die nach einer brutalen Gruppenvergewaltigung im Mülheim geforderte Senkung des Strafmündigkeitsalters lehnte sie ab.

Hingegen setzte sie sich für eine Verschärfung des Waffenrechts und des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes ein. Verschärft wurde unter ihrer Ägide auch der Tatbestand der Üblen Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens gemäß § 188 StGB.

Zur Verteidigungspolitik hat sich Lambrecht bislang kaum geäußert – mit Ausnahme eher allgemeiner Aussagen wie einem Bekenntnis zur Modernisierung des Beschaffungswesens oder einer ständigen Evaluierung von Auslandseinsätzen inklusive Sicherstellung einer Exit-Strategie.

Die Bandbreite möglicher Kandidaten reichte Berichten zufolge von weiteren Linksaußen wie Rolf Mützenich und Heiko Maas über die Wehrbeauftragte Eva Högl bis hin zu potenziellen Wunschkandidaten der Truppe selbst wie Fritz Felgentreu oder Hans-Peter Bartels. Am Ende fiel die Wahl auf Lambrecht – über die genauen Gründe hat sich auch der designierte Kanzler selbst noch nicht geäußert.



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