Teures Luftschloss beim RBB: 311-Millionen-Grab „Digitales Medienhaus“

Der „Digitalpalast“ wurde abgeblasen. Jetzt müssen die Gebührenzahler lediglich 18 Millionen Euro Planungskosten für den gescheiterten Bau berappen.
Titelbild
Haus des Rundfunks Berlin-Brandenburg.Foto: Piotr Orlowski, iStock
Von 3. Dezember 2022

Seit nunmehr acht Wochen ist Interims-Intendantin Katrin Vernau, eingesetzt als Nachfolgerin der im August entlassenen Patricia Schlesinger, im Amt beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Vernau wurde als eiserner Besen vom ARD-Vorsitzenden und WDR-Chef Tom Buhrow höchstselbst nach Berlin beordert, um beim skandalgeschüttelten und dabei im Filz steckenden RBB die Schmutzecken auszufegen und die Teppiche samt Untergekehrtem auszuklopfen.

Stopp für öffentlich-rechtlichen Skandalbau

Aktueller Stand: Der RBB hat die Pläne für den Neubau eines neuen Medienhauses gestoppt. Das umstrittene Bauprojekt eines Digitalen Medienhauses, der sogenannte „Digitalpalast“, war bereits auf Eis gelegt worden. Aber Neu-Intendantin Vernau wollte erst noch die Entscheidung des Verwaltungsrates am 1. Dezember über den weiteren Umgang mit dem skandalumwitterten Bauvorhaben abwarten. Jetzt ist der Stopp für das Millionenprojekt fix.

Schon im August, nach Bekanntwerden der Skandale um Intendantin Patricia Schlesinger rund um Bereicherung, Vetternwirtschaft und Klüngelei, hatte der Vorsitzende des Hauptausschusses im Brandenburger Landtag, Daniel Keller (SPD), den geplanten Bau des Digitalen Medienhauses zur Debatte gestellt. Noch im August lagen laut Keller die geschätzten Kosten für den Neubau bei 130 Millionen Euro. Schon nach damaligem Stand hatten sich die Projektkosten fast verdoppelt, bei besonders hohem Skandalpotenzial.

Diese 130 Millionen Euro erscheinen nach heutigem Stand fast wie Peanuts, denn jetzt kommt heraus, dass die RBB-Baustelle „Digitalpalast“ den Gebührenzahler sogar mehr als das Doppelte kosten soll – nämlich ganze 311 Millionen Euro, wenn nicht sogar mehr, wie sich jetzt beim Offenlegen der wahren Kosten herausgestellt hat.

Ruhe in Unfrieden – „Schlesingers Digitalpalast“ beerdigt

Der Verwaltungsrat folgte am vergangenen Donnerstag einem Antrag der RBB-Neu-Intendantin Katrin Vernau: Der Neubau des Prestigeprojektes Digitales Medienhaus wurde mit sofortiger Wirkung gestoppt. Die 49-Jährige erklärte dazu: „Wir wenden mit dem Stopp des Projektes eine große Belastung des RBB in der Zukunft ab.“

Aber erst einmal zur aktuellen Belastung, die nicht abgewendet wurde: Der Sender muss durch den Baustopp einen Verlust von mindestens 18 Millionen Euro abschreiben, berichtet die „Welt“. Und wenn man es ganz genau nimmt, muss nicht der Sender diese Millionen abschreiben, sondern – und das ist der eigentliche Skandal – die GEZ-Beitragszahler kommen für die Millionen an Planungskosten des öffentlich-rechtlichen Rohrkrepierers auf.

Und es kann ganz schnell noch teurer werden. Denn von den 32 Millionen Euro, die bislang in das Digitale Medienhaus geflossen sind, sind nach Senderangaben lediglich 14 Millionen Euro „nachhaltig“ investiert worden. Mit nachhaltig ist hier gemeint, dass so etwas wie in den Folgejahren nutzbare Hardware oder Infrastruktur wie zum Beispiel Fernsehstudios entstanden sind.

Der 18-Millionen-Rest vom Schützenfest, also über die Hälfte, sind unter anderem für die Planungsphase und Beraterhonorare ausgegeben und somit in die Luft geblasen worden, verpufft, vernichtet, vergraben. Diese 18 Millionen gelten als Totalverlust.

Das Ende der Fahnenstange ist aber damit noch nicht erreicht, da für das Projekt mit Dienstleistern Verträge geschlossen wurden, deren Auflösung jetzt noch verhandelt werden muss. Zur Höhe dieser erwarteten Mehrkosten gibt es bislang noch keine Angaben seitens des RBB. Und kulant nachverhandeln, wie man es früher vielleicht gemacht hätte, kann man heute nicht den Mantel des Schweigens darüber ausbreiten.

Aber selbst wenn es nur 18 Millionen wären, muss man sich diese Zahl einfach verdeutlichen: Die Öffentlich-Rechtlichen verzeichneten gerade erst im Jahr 2022 Rekordeinnahmen in Höhe von 8,42 Milliarden Euro. Dieses Allzeithoch der Zwangsgebühren kam durch eine Erhöhung Mitte 2021 auf 18,36 Euro zustande.

Kurz gerechnet: 18 Millionen dieser Zwangsgebühren, also der Monatsbetrag von rund einer Million Familien, werden jetzt für die mutmaßlich fahrlässige Fehlplanung einfach abgeschrieben.

Schadensbegrenzung durch Notbremse

Mit dem Stopp des „Digitalpalastes“ hat der RBB-Verwaltungsrat die Notbremse gezogen. Die aus dem Ruder laufenden Planungen waren schon viel zu lange toleriert, abgesegnet beziehungsweise mitgetragen worden.

„Der späte Stopp der jahrelangen Vorarbeiten wird die Gebührenzahler teuer zu stehen kommen und Löcher in künftige Programmetats des öffentlich-rechtlichen Hauptstadtsenders reißen“, schreibt die „Welt“ dazu.

Jetzt soll der Rotstift angesetzt werden. Zu befürchten ist allerdings nach dieser Aussage, dass es nicht den Kopf des Unternehmens trifft, sondern die unteren Ebenen der Struktur, das Programm und die Mitarbeiter.

Die Schuldigen sind schnell identifiziert: Die Fehlplanung des „Digitalpalastes“ wird jetzt Ex-Intendantin Schlesinger und Ex-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolff zugeschrieben, die das Projekt mit Hochdruck vorangetrieben hatten.

Beide, Schlesinger und Wolff, räumten ihre miteinander verfilzten Chefsessel, nachdem dubiose Deals, Verquickungen und Auftragsvergaben bekannt geworden waren und irgendwann nicht mehr geleugnet werden konnten. Dazu gehörten Chauffeure in Doppelbesetzung, Luxusausstattungen bei Chefbüro und Dienstwagen mit Massagesitzen sowie Privatdinner zu Hause auf Kosten der Gebührenzahler, um hier nur einige der in den Medien bekannt gewordenen Aufreger zu nennen. (Epoch Times berichtete)

Fahrlässiger Umgang mit GEZ-Geldern

Unter Schlesinger, mutmaßlich mit Rückendeckung ihres ehemaligen Chefkontrolleurs Wolff, hatte der RBB noch vor wenigen Monaten eine vage Kostenschätzung von 188 Millionen Euro für das Digitale Medienhaus angegeben. Das war zwar mehr als die von SPD-Mann Keller geschätzten Kosten von 130 Millionen Euro, aber immer noch viel zu wenig, wie eingangs geschildert.

Offenbar wurde jetzt zum ersten Mal ein ordentlicher Kassensturz gemacht und die Baustelle nach Jahren der Planung und Vorbereitung professionell kalkuliert: Die Summe von 311 Millionen Euro ergebe sich, weil einerseits die Zinslasten voll eingerechnet wurden und andererseits ein branchenüblicher Risikopuffer eingerechnet wäre, hieß es seitens des RBB.

Die Schuldigen sind die Amtsvorgänger

Neu-Intendantin Vernau kritisiert für dieses Finanzdesaster Vorgängerin Schlesinger und ihre Entourage. Kostenschätzungen und kritische Rückfragen lösten an der RBB-Spitze in der Vergangenheit kein Umdenken aus. „Wer konkret welche Verantwortung trägt, werden die laufenden Untersuchungen zeigen.“

Aktuell ermittelt auch die Generalstaatsanwaltschaft Berlin gegen mehrere Beschuldigte wegen des Verdachts der Untreue und Vorteilsnahme. Zudem findet eine Compliance-Prüfung durch eine externe Anwaltskanzlei gegen das Netzwerk um Schlesinger und Wolff statt.

Katrin Vernau versucht es mit einem Versprechen: „Wir setzen den wenig verantwortungsvollen Umgang mit den finanziellen Ressourcen des RBB nicht fort.“ Was sie damit meinen könnte, machte sie kürzlich auf einer Belegschaftsversammlung des RBB deutlich: Bis 2024 müssen beim RBB insgesamt 41 Millionen Euro eingespart werden – ab sofort werde auf Neueinstellungen verzichtet, da ansonsten die Zahlungsunfähigkeit des Senders, der mit fast 500 Millionen Euro Gebührengeldern finanziert wird, drohe.

Aufgebrauchte Rücklagen

Argumentiert wird, dass, seit Ex-Intendantin Patricia Schlesingers Amtsantritt die Rücklagen des Senders durch deren Misswirtschaft kontinuierlich geschrumpft seien, von 160 Millionen im Jahr 2016 auf jetzt zum Ende der Beitragsperiode nur noch vier Millionen, dadurch möglicherweise laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachgekommen werden kann.

Hier wird also der Skandal bei einer einzelnen Person oder Personengruppe verortet, die „Schuld“ delegiert und an der Amtsvorgängerin festgemacht – und nicht etwa ein strukturelles Problem unter die Lupe gelegt und dann in Angriff genommen, um perspektivisch wirklich etwas zu verbessern.

Denn eigentlich müsste untersucht werden, welche Strukturen einem immer mehr offenbar werdenden Sumpf den Nährboden bereitet haben. Denn eine Einzelperson wie Schlesinger, und sei sie noch so anfällig für Klüngelei und Korruption, kann nicht Ursache des Problems, sondern nur der Kopf der Hydra sein.

Keine Luftschlösser mehr für die Belegschaft

Genauso übrigens, wie der „eiserne Besen“ Katrin Vernau natürlicher Teil des Systems ist und sich nicht selbst entsorgen wird. Mit ihr ist niemand von außen gekommen, um beim RBB mal richtig aufzuräumen. Vernau war vorher Verwaltungschefin beim WDR und wurde – versehen mit einem exorbitanten Gehalt – beim RBB eingesetzt, um hier Kosten zu sparen.

Vernau hatte schon direkt bei Amtsantritt ihren ersten, wenn auch nur verhältnismäßig kleinen Finanzskandal: Zum 300.000 Euro hohen Jahresgehalt bekommt sie bis zu 15.000 Euro Wohngeld on top, um sich eine schöne „Wohnung in Sendernähe“ zu leisten. Das lässt vermuten, dass die Neue mit Sparmaßnahmen nicht sich selbst, sondern ausschließlich die Belegschaft zu meinen scheint. Für den RBB und seine Mitarbeiter kündigte Vernau jedenfalls an: „Es gibt keine hochfliegenden Pläne und Luftschlösser mehr.“



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