Rekordpreis von 11.542 Euro pro Megawattstunde Strom in London

Es ist ein neuer Rekordpreis, den London im Juli für Energie zahlte. Belgien rettete den Südosten der Insel vor einer Stromabschaltung.
London: 11.542 Euro pro Megawattstunde Strom
Überlandleitungen in Devon, Südwestengland.Foto: iStock
Von 13. August 2022

Am 20. Juli zahlte London Rekordpreise, um einen Stromausfall abzuwenden: 9.724,54 Pfund (11.542 Euro) pro Megawattstunde. Der östliche Teil der Hauptstadt hatte dennoch kurzzeitig keinen Strom.

Der Rekordpreis wurde zwischen 12:00 und 13:00 Uhr gezahlt, berichtete „Bloomberg“. Es war der höchste Großhandelspreis, den Großbritannien jemals für Stromimporte gezahlt hat. Er lag mehr als 5.000 Prozent über dem üblichen Spotpreis – dieser liegt bei 178 Pfund (211 Euro) pro Megawattstunde. Das sind umgerechnet etwa 21 Cent pro Kilowattstunde. Der Spitzenwert lag bei 11,54 Euro pro Kilowattstunde.

Versorgungssicherheit von London stand auf dem Spiel

„Es war ein absoluter Schock“, erklärt Phil Hewitt, Geschäftsführer von EnAppSys Ltd., einem britischen Beratungsunternehmen, das unter anderem seit über zwei Jahrzehnten Energiedaten aus 32 europäischen Ländern analysiert. Doch das sei der Preis dafür gewesen, dass das Licht nicht ausging, „die Versorgungssicherheit stand auf dem Spiel.“

Belgien rettete London vor einer Verschlimmerung der Lage. Belgien fuhr seine Kraftwerke hoch, um Energie über den Kanal zu schicken. Die 400-kV-Gleichstromleitung des „Nemo Link-Projects“ verbindet das belgische Stromnetz, ausgehend von Zeebrugge, mit Richborough im Südosten Großbritanniens und kann etwa den Strom eines mittleren Kernkraftwerks transportieren.

Die Hitzewelle, die London in jenen Tagen mit über 40 Grad Wärme plagte, führte zu einem hohen Energieverbrauch. Zudem wurde das Stromnetz als Engstelle ausgemacht. Normalerweise sollte Großbritannien in der Lage sein, innerhalb der Regionen oder von Offshore-Windparks Energie in den Südosten des Landes zu transportieren. Allerdings werde nicht genug in die Stromnetze investiert, was den Stromtransport behindert.

Die Infrastruktur ist oft 30 oder 40 Jahre alt. Die Bevölkerung setzte sich gegen zusätzliche Freileitungen ein. Behörden reagieren, indem sie teure Unterwasserkabel vor der Küste verlegen. Hohe Metallpreise verursachen zusätzliche Kosten für den Netzausbau.

Stromleitung im Eurotunnel

Großbritannien hat mehrere Stromverbindungen mit dem europäischen Festland. Einige wichtige Stromverbindungen, darunter die „Interconnexion France-Angleterre“ (IFA 1 und 2), verbinden Frankreich und Großbritannien durch den Ärmelkanal als Seekabel. Fehlt in Frankreich Energie, dann exportiert Großbritannien Strom zum Festland und umgekehrt.

Bis Mitte 2022 sollten auch alle Tests der neuen Stromleitung ElecLink abgeschlossen sein und der kommerzielle Betrieb beginnen. ElecLink verläuft als Gleichstromkabel durch den Eurotunnel und wurde privat finanziert. Weitere Stromleitungen befinden sich im Bau oder sind geplant, eine der kommenden Unterwasserverbindungen soll 2025 ans Netz gehen.

Großbritannien importierte im Jahr 2021 rund ein Drittel der Energie, vor allem aus französischen Kernkraftwerken. Erdgas machte damals knapp 40 Prozent der Nettostromerzeugung aus, gefolgt von 19,2 Prozent Kernenergie. Windenergie Onshore (12,7 Prozent) und Offshore (11,3 Prozent) folgen an dritter Stelle. Insgesamt produzierte das Land rund 102,5 Terawattstunden Strom. Deutschland liegt bei rund 580 TWh.

Extreme Preise im Winter erwartet

Im Juli warnte Phil Hewitt auch vor künftigen Problemen mit der britischen Erdgasversorgung im kommenden Winter: „Der GB-Strommarkt verfügt in diesem Winter nicht über ausreichende Kapazitäten, um einige signifikante Hochpreisereignisse auf dem Markt zu vermeiden.“ Er erwartet, dass die Rekorde der Großhandelspreise gebrochen werden.

Frankreich ist kein sicheres Energie-Exportland. Es hat zwar viele Kernkraftwerke, sie fallen jedoch häufig aus und sind wartungsbedürftig. Im Winter importiert Paris viel Strom aus dem Ausland. Im Winter importiert Paris viel Strom aus dem Ausland. Für Hewitt ist die geringe Verfügbarkeit französischer Kernkraftwerke heikel, ebenso die hohen Rohstoffpreise. Er geht davon aus, dass Großbritannien Strom nach Frankreich exportierten und Frankreich „in diesem Winter in extremen Schwierigkeiten“ stecken werde.

„Andererseits bedeuten die Preisunterschiede zwischen GB und den Niederlanden, Belgien und Norwegen, dass GB im Winter Strom aus diesen Ländern importieren wird.“

Eng wird es bei einer Unterbrechung der Gasversorgung. „Sollten die Gaslieferungen unterbrochen werden, ist wahrscheinlich ein Eingreifen erforderlich, um ungeplante Stromengpässe zu verhindern“, schreibt er seiner Analyse. „In diesem Winter wird es zu einigen extremen Preisentwicklungen kommen.“

Alle Probleme auf dem Kontinent würden den Energiemarkt in Großbritannien beeinflussen. Obwohl Großbritannien eine Insel sei, würde die weitreichende Vernetzung mit dem Kontinent und die Abhängigkeit von Stromimporten zu Engpässen führen.

Franzosen betreiben britische KKW

Großbritannien plant bis 2028 die Abschaltung von insgesamt zwölf Kernkraftwerken. Diese werden vom französischen Betreiber EDF Energy betrieben. Die jüngste Abschaltung – bereits die dritte in diesem Jahr – betraf das Kernkraftwerk Hinkley Point B-1. Eine Laufzeitverlängerung wird es wegen Sicherheitsbedenken nicht geben. Die Regierung überlegt, im Notfall mehr Kohlekraftwerke einzusetzen oder diese länger laufen zu lassen.

Seit 2016 wird ein Ersatz-Kernkraftwerk gebaut. Die Bauarbeiten verzögern sich jedoch. Aktuell wird mit einer Fertigstellung nicht vor 2026 gerechnet. Hinkley Point C wird vom französischen Stromkonzern EDF Energy zusammen mit dem chinesischen Projektpartner China General Nuclear Power (CGN) realisiert. Das Risiko für die Baukosten übernehmen Frankreich und China, das Marktrisiko der britische Steuerzahler.

Die Briten setzen zudem auf den Ausbau der Windenergie. Im britischen Teil der Doggerbank, einer 300 km langen und bis 100 km breiten Sandbank in der Nordsee, entsteht beispielsweise der derzeit größte Offshore-Windpark der Welt. Er soll eine Gesamtleistung von 5.000 MW erreichen.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 57, vom 13. August 2022.



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