Afghanische Parlamentswahl mit Chaos und Gewalt – Ergebnis wird im November erwartet

Über drei Jahre ist die Parlamentswahl in Afghanistan immer wieder verschoben worden. Nun ist zwar abgestimmt worden - doch vielerorts herrscht Chaos und Gewalt, es gibt viele Tote. Was hat das für Auswirkungen?
Titelbild
Wahlkampf in Kabul, 15. Oktober 2018.Foto: WAKIL KOHSAR/AFP/Getty Images
Epoch Times21. Oktober 2018

Afghanistan hat gewählt – doch die Abstimmung am Wochenende selbst ist angesichts des organisatorischen Chaos und etlicher Toter bei Anschlägen fast untergegangen.

Mindestens 28 Tote im Zuge der Parlamentswahl

Bei Angriffen islamistischer Extremisten kamen am Samstag laut der Regierung mindestens 28 Menschen ums Leben, mindestens 102 weitere wurden verletzt. Die radikalislamischen Taliban hatten bereits im Vorfeld zum Boykott aufgerufen und mit Anschlägen gedroht – zumal Wahlen das politische System stärken, das sie bekämpfen.

Die Taliban machten ihre Drohungen schließlich wahr und griffen in mindestens zehn Provinzen Wahleinrichtungen an. Sie feuerten Raketen und Mörsergranaten auf Wahlstationen, platzierten Bomben in ihrer Nähe, errichteten Straßensperren.

Dennoch haben sich viele Menschen nicht davon abbringen lassen, wählen zu gehen. Laut Unabhängiger Wahlkommission nahmen rund drei Millionen Menschen an der schließlich bis Sonntag ausgedehnten Abstimmung teil. Insgesamt hatten sich mehr als 2500 Kandidaten für 250 Sitze in der Wolesi Dschirga (Haus des Volkes) beworben.

Welche Bedeutung hat dieses Wochenende für Afghanistan?

Es war die dritte Parlamentswahl seit dem Fall der Taliban 2001 und die erste, die gänzlich von den Afghanen selbst organisiert und durchgeführt wurde. Die Abstimmung galt obendrein als wichtiger Testlauf für die im April 2019 anstehende Präsidentschaftswahl.

Doch die Hoffnung, die Wahl könne zur Stabilisierung des Landes beitragen und die demokratischen Institutionen stärken, wurde durch die Anschläge und massive Schwierigkeiten bei der Wahlorganisation getrübt. Das Vertrauen der Menschen in ihre Regierung schwindet weiter.

Kommen nun bis zur für den 10. November geplanten Veröffentlichung erster Wahlergebnisse weitere Probleme bei der Stimmauszählung oder Vorwürfe von Wahlfälschung hinzu, dürfte das die politische Unruhe in dem Land weiter anheizen. Afghanistan befindet sich angesichts der verschlechternden Sicherheitslage, innenpolitischer Querelen und einer schlechten Wirtschaftslage ohnehin in einer schweren Krise.

Die afghanische Bevölkerung reagiert enttäuscht

Laut dem Afghanistan-Experten Thomas Ruttig von der Denkfabrik Afghanistan Analysts Network sei vielen Afghanen schon vor der Wahl klar gewesen, dass das Wahlsystem viele Unzulänglichkeiten aufweise. Bewahrheitet haben sich nun vor allem die Bedenken rund um die Organisation: Vielerorts fehlten Wahlmaterialien, teils wurden falsche Wählerlisten geliefert.

Viele Menschen reagierten enttäuscht: Viele sagten, sie hätten ihr Leben riskiert, um trotz der latenten Anschlagsgefahr ihre Stimme abgeben zu können – doch die Regierung habe sie durch die immens schlechte Organisation hängen lassen. Manche spotten, Inkompetenz habe sogar über den Terror gesiegt, das Organisationschaos habe selbst die Anschläge in den Schatten gestellt.

Laut Wahlkommission sollten ursprünglich nur jene Stimmen gezählt werden, die auch in dem biometrischen System hinterlegt sind – also von Wählern kommen, die bei der Stimmabgabe biometrisch erfasst werden.

Allerdings kamen die Geräte nicht rechtzeitig in allen Wahlstationen an. Dort, wo sie ankamen, traten häufig technische Probleme auf – das Wahlpersonal hatte Schwierigkeiten, die Geräte zu bedienen. Daher entschied die Wahlkommission schnell, auch die Stimmen von Wählern zu zählen, die nicht biometrisch erfasst waren worden.

Und nun?

Zunächst müssen nun alle Wahlmaterialien wieder eingesammelt werden. Ein großer Aufwand, zumal Dutzende Wahlstationen wegen der schlechten Sicherheitslage durch die Armee von der Luft aus beliefert werden mussten und Materialien nun auch durch Gebiete transportiert werden müssen, in denen die Taliban aktiv sind.

Im Anschluss sollen die biometrischen Geräte ausgewertet werden, um Mehrfachwähler auszusieben. Im November sollen die ersten Ergebnisse feststehen. (dpa)



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