BGH-Urteil: Facebook-Konto geht mit allen Funktionen auf Erben über

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Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.Foto:  Uli Deck/dpa
Epoch Times9. September 2020

Facebook muss den Erben eines Nutzers Zugang nicht nur zu den Inhalten, sondern auch zu den Funktionen des Kontos des Verstorbenen geben. Das stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Mittwoch bekanntgegebenen Beschluss klar. Er gab damit erneut einer Mutter recht, die sich Aufschluss über die Todesumstände ihrer Tochter erhofft. (Az: III ZB 30/20)

Die damals 15-Jährige war im Jahr 2012 unter ungeklärten Umständen bei einem U-Bahnunfall ums Leben gekommen. Ihre Mutter hoffte, durch den Zugang zum Facebook-Konto zu erfahren, ob das Mädchen Suizidabsichten hegte. Sie hatte auch die Zugangsdaten, konnte aber dennoch nicht auf die Inhalte des Kontos zugreifen. Dieses befand sich in einem sogenannten Gedenkzustand, wodurch persönliche Nachrichten nicht gelesen werden konnten.

Das Landgericht Berlin verpflichtet Facebook bereits im Dezember 2015, der Mutter Zugang zu dem Nutzerkonto der Tochter zu geben. Dies bestätigte der BGH 2018. Das Facebook-Konto gehöre zum „digitalen Erbe“, das auf die Mutter übergegangen sei. Es sei vergleichbar mit Tagebüchern und Briefen. Es gebe keinen Grund, „digitale Inhalte anders zu behandeln“.

Facebook übermittelte der Mutter daraufhin einen USB-Stick, der eine PDF-Datei mit mehr als 14.000 Seiten enthielt – nach Facebook-Angaben eine Kopie der aus dem Konto der Tochter ausgelesenen Daten. Wie die Mutter hielt auch das Landgericht Berlin dies für unzureichend. Im Februar 2019 setzte es ein Zwangsgeld von 10.000 Euro gegen Facebook fest.

Auch dies bestätigte der BGH nun. Das Landgericht habe der Mutter eindeutig nicht nur Zugang zu den Kommunikationsinhalten der Tochter zugesprochen, sondern zum Benutzerkonto selbst. Dies ergebe sich auch aus dem erbrechtlich abgeleiteten Anspruch. Der Nutzungsvertrag zwischen Facebook und der Tochter sei auf die Mutter als „neue Kontoberechtigte“ übergegangen.

Daraus folge, dass der Mutter „auf dieselbe Art und Weise Zugang zu dem Benutzerkonto zu gewähren ist wie zuvor ihrer Tochter“. Diesen Anspruch habe Facebook mit der umfangreichen PDF-Datei nicht erfüllt. Vielmehr müsse Facebook der Mutter Zugang zu dem Konto in deutscher Sprache und mit „Eröffnung all seiner Funktionalitäten“ gewähren. Davon ausgenommen sei lediglich die weitere Nutzung, etwa das Einstellen neuer Inhalte. (afp)



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