Bundeswehr-General sieht größte Gefahr an Nato-Nordostflanke

Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr steuert Aufträge an deutsche Soldaten im Ausland. Landes- und Bündnisverteidigung in einem hochintensiven Konflikt wurden noch nicht trainiert. Die militärische Zeitenwende erreicht die Praktiker.
Generalleutnant Bernd Schütt ist der neue Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr.
Generalleutnant Bernd Schütt ist der neue Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr.Foto: Carsten Hoffmann/dpa
Epoch Times27. Juni 2022

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Der neue Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, Bernd Schütt, sieht die größte Gefahr für eine militärische Eskalation mit Russland an der Nordostflanke der Nato.

„Und deswegen ist der Punkt der glaubwürdigen Abschreckung in dieser Region für mich ein ganz zentraler Punkt. Hier spielt die Präsenz von Landstreitkräfte eine zentrale Rolle“, sagte der Generalleutnant der Deutschen Presse-Agentur. Verstärkte Übungen für die Landes- und Bündnisverteidigung werde es auch in seinem Kommando geben.

Schütt: „Diese Art von intensiver Kriegsführung haben wir hier so noch nicht trainiert. Da bedarf es einer Anpassung bestehender Strukturen und Verfahren.“

Geografische Schwachstelle: Suwalki-Lücke

Das Einsatzführungskommando in Schwielowsee bei Potsdam führt die Kontingente der Bundeswehr im Auslandseinsatz in nationalen Belangen – wie bei Material, Personal und im Disziplinarwesen – nicht aber operativ. Bei Einsätzen wie in Litauen – wo die Bundeswehr einen multinationalen Gefechtsverband der Nato (eFP) führt – sind die deutschen Soldaten auch in die Verteidigungsplanungen des jeweiligen Landes eingebunden.

Nach konkreter gewordenen russischen Drohgebärden im Streit um den Transitverkehr in die russische Ostsee-Exklave Kaliningrad sind Befürchtungen im Baltikum zuletzt gewachsen.

Als geografischer Schwachpunkt gilt die sogenannte Suwalki-Lücke, eine enge Landverbindung der baltischen Staaten zu den anderen Nato-Staaten. Sie trennt Kaliningrad von Belarus.

„Im Bereich der Suwalki-Lücke ist es nur ein kurzer Sprung und dort ist die Gefahr einer Testung des Verteidigungswillens und der -fähigkeit der Nato relativ groß. In diesem Raum kann man relativ schnell Truppen verlegen und dann zum Beispiel unter Einsatz von Luftlandetruppen einen ersten Stoß durchführen“, sagte Schütt. „In Putins Rational: Vielleicht denkt er, die Nato kommt nicht.“

Schütt: „Das ist mehr als ein Stolperdraht“

Deswegen sei es so wichtig, dass die Nato-Truppen im Baltikum präsent sind und verstärkt würden. „Das ist mehr als ein Stolperdraht. Da wird sich Putin sehr gut überlegen müssen, wie die Reaktion ausfällt“, sagte Schütt. Zentral sei die glaubwürdige Abschreckung.

„Die Glaubwürdigkeit machen aus meiner Sicht drei Dinge aus. Sie haben einen ausführbaren Plan, der mit dementsprechenden Kräften und Fähigkeiten hinterlegt ist. Und sie deklarieren, dass sie bereit sind, diese Kräfte einzusetzen. Und dabei nicht wackeln. Das zeigen sie und das demonstrieren sie.“

Dies habe dazu beigetragen, dass keine Angriffsvorbereitung auf das Territorium der Nato zu erkennen seien. „Eine Mähr hat sich endgültig erledigt: dass es ohne Vorbereitung geht. Ganz ohne Vorbereitung geht das auch bei den Russen nicht“, sagte Schütt. Es gebe eine Vorwarnzeit, aber nicht die Vorbereitungszeit, um dann Kräfte erst auszubilden und zusammenzuführen.

Nach der russischen Annexion der Krim wurde umgesteuert

Die Bundeswehr war nach dem Ende des Kalten Krieges darauf getrimmt worden, Fähigkeiten und Kontingente für die Auslandseinsätze bereitzustellen – mit speziellen und auf die Aufgabe beschränkten Fähigkeiten. Nach der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 wurde umgesteuert und Bündnisverteidigung wieder in das Aufgabenportfolio übernommen. Im Jahr 2017 wurde der eFP-Gefechtsverband in Litauen aufgebaut.

„Das, was auf uns zukommen könnte, hat natürlich noch eine ganz andere Dimension. Wir haben dann andere Räume, andere Abstimmungserfordernisse und das müssen wir üben“, sagte Schütt. „Das Einsatzführungskommando ist in Einsatzgruppen unterteilt, die unter anderem von Mali bis hin zu den maritimen Einsätzen strukturiert wurden. Jetzt steht mit der Landes- und Bündnisverteidigung ein riesiger zusätzlicher Elefant im Raum, der Anpassungen erforderlich macht, um Beides bewältigen zu können.“ (dpa/red)



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