Delta-Variante so ansteckend wie Windpocken? Schwedischer Epidemiologe zweifelt

Anders Tegnell fordert mehr Studien, um die tatsächliche Gefährlichkeit der Delta-Variante festzustellen. Er scheint die Meinung der amerikanischen Gesundheitsbehörden, die Delta-Variante sei so ansteckend wie Windpocken, nicht zu teilen.
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Chef-Epidemiologe Anders Tegnell.Foto: JANERIK HENRIKSSON/TT NEWS AGENCY/AFP via Getty Images
Epoch Times5. August 2021

Seit Beginn der Corona-Krise hat Schweden einen individuelleren Weg gewählt als andere Länder. Unvergessen bleiben die Bilder voller Restaurants mit unbeschwerten Gästen im Frühjahr 2020 – während die meisten Länder Europas den Lockdown implementierten und die Bürger aufforderten, zu Hause zu bleiben.

Chef-Epidemiologe Anders Tegnell hatte schon damals nicht nur die Auswirkungen des Virus selbst, sondern auch die sozialen und psychischen Folgen der Maßnahmen bedacht. Die schwedische Regierung hatte die Corona-Maßnahmen wie „Social Distancing“ oder „Home-Office“ unterstützt, es wurde aber nie eine Maskenpflicht wie in Deutschland ausgerufen. Die Regierung unter Stefan Löfven sprach lediglich eine Empfehlung aus, Masken in öffentlichen Verkehrsmitteln zu tragen. Diese Maßnahme begann im Dezember letzten Jahres und lief diesen Juli aus.

Tegnell fordert Studien zur Delta-Variante

Aktuell beherrscht die Angst vor der Delta-Variante in vielen Ländern den Alltag der Menschen. Tegnell sagte dazu am Freitag (29. Juli), es gebe über Delta „eine Menge, was wir nicht wissen“. Der Mediziner warnte davor, bereits jetzt „weitreichende Schlüsse“ über diesen Coronavirus-Stamm zu ziehen. Er wies darauf hin, dass die Delta-Variante in Schweden „schon seit geraumer Zeit“ zirkuliere und kaum Auswirkungen habe.

Gegenüber der schwedischen Zeitung „Aftonbladet“sagte er auch, dass es unklar sei, wie ansteckend die Delta-Variante wirklich ist. Denn in manchen Fällen stecke eine Person hundert Menschen an und dann gebe es wiederum Fälle, in denen eine infizierte Person überhaupt niemanden anstecke. Um Aufschluss darüber zu erhalten, wie gefährlich die Delta-Variante tatsächlich ist, brauche es mehr Studien.

Dies sagte Tegnell im Hinblick auf die Studie der CDC (Amerikanische Gesundheitsbehörde), die darauf hindeutet, dass der Delta-Stamm übertragbarer ist und möglicherweise schwerere Krankheiten verursachen könnte. Die „New York Times“ berichtete, die Delta-Variante sei so ansteckend „wie die Windpocken“.

Schweden nimmt die Corona-Krise gleich ernst wie andere Länder

Schweden wurde von vielen Politikern und Medien für seine Weigerung, strenge Verbote gegenüber der Bevölkerung zu verhängen, kritisiert und verschmäht. Es gab aber auch Länder, die mit Interesse das Geschehen dort verfolgten und ihre eigenen Maßnahmen dem schwedischen Modell anpassten.

Zudem habe die schwedische Regierung die Corona-Krise nie auf die leichte Schulter genommen, sagt die Journalistin Simone Hinnen gegenüber der „Luzerner Zeitung“. „Die hier vorherrschende Vorstellung, die Schweden gehen mit Corona locker um, täuscht“.

Die Schweizerin lebte mit ihrer Familie bis Ende 2020 in Stockholm und hat ihre Erfahrungen in einem Buch veröffentlicht. „Auch wenn Restaurants und Läden nie schließen mussten, waren sie zeitweise praktisch leer“, erzählt die Kommunikationsspezialistin. Die Menschen hätten sich quasi freiwillig einen Lockdown auferlegt, als die Fallzahlen hoch waren.

Der Inzidenzwert Schwedens liegt aktuell bei beinahe null und hat bei zehn Millionen Einwohnern 0,25 Todesfälle pro Tag im Zusammenhang mit COVID-19, schreibt „RT“. Auch die Krankenhauseinweisungen wegen einer Corona-Erkrankung bewegten sich im Juli nahezu bei null.

Impfkampagne der EU-Länder – Schweden auf Platz 23

Von 32 Ländern, die sich an der Impfkampagne beteiligen, belegt Schweden den 23. Platz. Aktuell sind 42 Prozent oder etwas mehr als 4 Millionen Schweden vollständig geimpft worden.

Eine Umfrage vom Sommer letzten Jahres ergab, dass etwa ein Drittel aller Schweden sich oder ihre Kinder nicht impfen lassen wollen. Der Grund sind die Massenimpfungen während der Schweinegrippe im Jahre 2009. Die Nebenwirkungen der Impfungen hatten zur Folge, dass Hunderte Kinder und Jugendliche unheilbar an Narkolepsie erkrankten.

Der Staatsepidemiologe Anders Tegnell war damals Chef der Infektionsschutzabteilung bei der Sozialbehörde und verantwortlich für die Impfkampagne. Der Impfstoff im Einsatz gegen die Schweinegrippe war neuartig und es wird vermutet, dass die Wirkungsverstärker zu hoch dosiert waren. Narkolepsie ist ein meist unvermittelt und anfallsartig auftretender unwiderstehlicher Schlafdrang von kurzer Dauer, der im Laufe eines Tages mehrfach auftreten kann. (nw)



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