„Diese Verbrechen werden immer noch begangen in China“

Interview mit Dr. Alejandro Cowes, dem Vertreter der Strafanzeige in dem wegweisenden Prozess in Argentinien, in dem eine universelle Rechtssprechung verlangt wird, um gegen diejenigen zu ermitteln, die des Völkermordes an den Falun Gong in China angeklagt werden.
Titelbild
Dr. Alejandro Cowes.Foto: The Epoch Times
Von 25. Dezember 2009

Buenos Aires – Nach der historischen Entscheidung des Richters Dr. Octavio Araoz de Lamadrid am argentinischen Bundesgerichtshof Nr. 9, der Anklage gegen den ehemaligen chinesischen kommunistischen Führer Jiang Zemin und seine rechte Hand Luo Gan erhob, die beide des „Völkermordes und der Folter“ an Falun Gong-Praktizierenden angeklagt sind, sprach La Gran Época mit einem der Rechtsanwälte, Dr. Alejandro Cowes.

La Gran Época: Können sie uns kurz etwas über diesen Fall und den Richterspruch erzählen?

Alejandro Cowes: Im Jahr 2006 hatte der Richter Araoz de Lamadrid den Mut, eine Anzeige der Vereinigung der Falun Dafa in Argentinien anzunehmen, die zu Ermittlungen der schrecklichen Verbrechen des Völkermords und der Folter führten, die in China von der regierenden kommunistischen Partei gegen die Falun Gong-Anhänger begangen werden. Der Richter hat sich gewissenhaft an den derzeitigen Trend des internationalen Rechts gehalten, um den Opfern der Verbrechen gegen die Menschlichkeit den Zugang zur Rechtsprechung zu ermöglichen, was in dem Land, in dem die Opfer leben, unmöglich ist, in dem sie solchen Verstößen ausgesetzt sind. Und letzten Freitag, nach vier Jahren intensiver Ermittlungen, erhob er Anklage und erließ den Haftbefehl gegen Jiang Zemin und Luo Gan, einen ehemaligen Führer und einen ehemaligen Sekretär für Politik- und Rechtsangelegenheiten des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas.

La Gran Época: Wie sehen die unmittelbaren Konsequenzen dieser Resolution aus?

Cowes: Man zog in Betracht, dass die Angeklagten nicht von China verhaftet oder ausgeliefert werden können, weil deren politischer Apparat die Verfolgung immer noch weiter betreibt. Wenn aber diese beiden sich ins Ausland begeben, werden sie durch Interpol sofort verhaftet und in Einzelhaft gehalten. Die Auslieferung hängt davon ab, ob ein Auslieferungsabkommen mit dem Land besteht und falls es keines gibt, von der Bereitschaft des Landes, in dem sich die beiden aufhalten sollten, zu kooperieren.

La Gran Época: Was geschieht im Falle ihrer Auslieferung?

Cowes: Der Richter wird eine unterzeichnete Erklärung nehmen und dann über ihren Prozess entscheiden.

La Gran Época: Gibt es Präzedenzfälle?

Cowes: Im Fall Argentiniens ist es auf juristischer Ebene das erste Mal, dass die Behandlung eines Falles länderübergreifend erfolgt. Auch auf globaler Ebene ist dieser Fall einzigartig in dem Sinne, dass er die Anwendung einer universellen Rechtsprechung, die Neuigkeit der Verbrechen (die Gleichzeitigkeit der Beschuldigungen) und den ersten Haftbefehl bei den vielen Verbrechen, deren die kommunistischen Diktatoren angeklagt sind, zusammenbringt. Es gibt einen ähnlichen Fall in Spanien, bei dem der Richter Ismael Moreno durch diplomatische Kanäle ein Rechtshilfeersuchen im Falle der Angeklagten gestellt hat, aber der Haftbefehl ist noch ausgesetzt und man wartet auf den Stichtag, an dem er wirksam wird.

Was neben dem Präzedenzfall besonders zum Tragen kommt, ist die Größe der Verbrechen, über die berichtet wird. Dazu gehören Opfer von 100 Millionen unschuldiger Menschen, die gelitten haben oder in Gefahr sind, illegal verhaftet, gefoltert oder wegen ihrer Organe sogar getötet zu werden. Das Ganze ist Teil der Verfolgung, die zum Ziel hat, sie in ihrem legitimen spirituellen Glauben zu entwurzeln.

Aber prinzipiell muss man besonders die Tatsache in Betracht ziehen, dass diese Verbrechen nicht der Vergangenheit angehören sondern immer noch begangen werden. Zur Zeit sind die meisten Verbrechen gegen die Menschlichkeit Fälle, die vor zehn, zwanzig oder sogar siebzig Jahren begangen wurden. Hier aber geht es nicht darum, nach Gerechtigkeit zu suchen, um diejenigen zu verurteilen, die ein längst vergangenes Verbrechen begangen haben – obwohl das auch wichtig ist. In diesem Fall – und dabei stützt er sich auf eindeutige Beweise – hat der Richter Araoz de Lamadrid entschieden, diejenigen strafrechtlich für Verbrechen zu verfolgen, die sie in der Vergangenheit begangen haben und immer noch begehen. Das könnte der Beginn für das Ende einer Verfolgung sein, der etwa eine halbe Million Menschen zum Opfer gefallen ist.

La Gran Época: Welche Art von Beweisen hat bei der Ermittlung vorgelegen?

Cowes: Erklärungen von Dutzenden von Zeugen, die von Nordamerika, Europa und Australien nach Argentinien gekommen sind, um ein erschreckendes und sehr konkretes Bild des schlimmen Verhaltens gegenüber Menschenrechten zu liefern, das die KPCh einnimmt. Weiterhin andere audiovisuelle Beweise und viele Ermittlungsberichte, die von unabhängigen Organisationen und einzelnen Menschen, die auf dem Gebiet der Menschenrechte hoch anerkannt sind. Zu den Berichten, die vorgelegt wurden, gehören solche wie der Bericht der 62. Sitzung der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen, erstellt von Manfred Nowak, dem UN-Sonderberichterstatter für Folter und auch der „Bericht über die Anschuldigungen wegen Organraubs an Falun Gong-Praktizierenden in China“ von David Kilgour (ehemaliges Parlamentsmitglied und kanadischer Staatssekretär für den asiatisch-pazifischen Raum) und David Matas, einem anerkannten Menschenrechtsanwalt, der weithin bekannt geworden ist für seine Arbeit für die Menschenrechte und seine Rolle bei Organisationen wie zum Beispiel Amnesty International.

La Gran Época: Seit 1999 findet diese Verfolgung statt und das Prinzip einer universellen Rechtsprechung ist auch nicht neu. Wie kommt es, dass eine Entscheidung wie diese erst jetzt erfolgt ist?

Cowes: Offensichtlich funktionieren die Gesetze nicht von sich aus und das Gleiche gilt für gerichtliche Verfahren. Letztendlich ist es der Mensch, auch wenn ihm juristische und richterliche Werkzeuge zur Verfügung stehen, der die Entscheidungen trifft.

Angesichts des Bösen können die Menschen nur eines tun: entweder sie sind gleichgültig oder solidarisch mit den Opfern und das auf eine Art und Weise, die der Einzelne für angemessen hält. Im Falle eines „korrekten“ Richters wie Araoz de Lamadrid gibt es einfach keine Alternative als die, zu ermitteln, zu versuchen, die Wahrheit ans Licht zu bringen und in dem Augenblick zu einem Urteil zu kommen, wenn er zu der Überzeugung gelangt ist, dass ein Verbrechen begangen wurde. Genau dieses hat er getan.

Wir alle haben einen moralischen Kodex in uns, der uns verpflichtet, zu erkennen, wenn etwas gut oder schlecht ist. Nach meiner persönlichen Ansicht hat der Richter sich nicht nur entschlossen, die Repräsentanten eines Regimes vor Gericht zu stellen, seine Entscheidung nicht nur durch Gesetze, Abkommen und Prinzipien, die sie legitimieren und legalisieren zu treffen, sondern auch in Übereinstimmung mit einem moralischen Kodex.

La Gran Época: Welche Bedeutung hat diese Entscheidung für Argentinien, China und die internationale Gemeinschaft?

Cowes: Für Argentinien: Argentinien spielt die Hauptrolle in einer höchst effizienten und genauen Durchsetzung des Rechts gegen das missbräuchliche Verhalten autoritärer Staaten, die nicht zögern, entsetzliche Verbrechen gegen ihre eigenen Bürger zu begehen, die doch nichts anderes tun, als ihr natürliches Recht auf Gedankenfreiheit in Verbindung mit ihren Überzeugungen auszuüben. Dieses stellt unser Land an die vorderste Frontlinie für die Stärkung des internationalen Rechts und die Stärkung der Menschenrechte und als Beispiel für diese Richtung, der man folgen muss. Das braucht die heutige Welt mehr als je zuvor. Man kann sagen, dass der Richter Araoz de Lamadrid dieses Niveau erreicht hat. Was abzuwarten bleibt, ist die Sache, ob auch das Land dieses Niveau des Richters erreicht.

Für China, oder vielmehr für das chinesische Volk, bedeutet diese richterliche Entscheidung, dass sie den Beginn eines Endes der Diktatur darstellt, die seit 60 Jahren ihre Macht ausübt und für mehr als 85 Millionen Opfer durch blutige Repression verantwortlich ist.

Für die internationale Gemeinschaft ist diese Entscheidung ein Aufruf. Dieser Richter ist durch seine mutige Entscheidung den Repräsentanten einer monströsen Macht gegenübergetreten, die den Geist und den Willen der Menschen beherrscht. Die Macht des Regimes beruht auf dem Geld, das sie durch Ausbeutung und Unterdrückung ihres eigenen Volkes erhält, eines Volkes, das das herrschende Regime ablehnt.

La Gran Época: Was bedeuten dieser Fall und die richterliche Entscheidung für Sie persönlich?

Cowes: Ich erinnere mich, als ob es gestern wäre, an die Worte von Alexandru Victor Micula, dem rumänischen Botschafter in Argentinien auf dem Internationalen Seminar ‚Erfahrung und Wandel des Sozialismus‘ (Experiencia socialista y transiciones), das von CADAL, dem Hayek Institut und der Geschichtsfakultät der Universität Belgrad zum Jahrestag des Berliner Mauerfalls im Jahre 2005 organisiert wurde. Er sagte: „Niemand, der nicht unter einer kommunistischen Diktatur gelebt hat, kann ermessen, was dieses bedeutet.“ Er bezog sich auf die Kontrolle der regierenden Partei in allen Bereichen des Lebens von der Geburt bis zum Tode der Menschen und auf die unerträgliche Unterdrückung des eigenen Volkes.

Ich stelle fest, dass in diesen vier Jahren, in denen ich die Ermittlungen durchgeführt habe, die Berichte und Literatur, die ich gelesen habe, die Konferenzen, die ich besucht habe, die Zeugenaussagen, die ich gehört habe, mich zu einem Verständnis der Bedeutung der Worte gebracht haben, die Alexandru Micula gesprochen hat. Und darum bereue ich es bis heute nicht, dass ich den Kampf für die Wahrheit begonnen und fortgesetzt habe, eine Wahrheit, die die Grausamkeit des kommunistischen Systems offenbart, eines Systems, das noch viel mehr darstellt als nur die Enteignungen großer Besitztümer und die Vertreibung multinationaler Menschen. Zu ihm gehören die Aufrechterhaltung eines oppressiven Polizeistaats, in dem Glaubensfreiheit, Versammlungsfreiheit, Gedankenfreiheit und letztendlich die Freiheit als Ganzes fehlen, wie man sie in den freien westlichen Demokratien versteht.

Originalartikel auf Spanisch: Orden de captura a jerarcas del PCCh: “Frente a la maldad, los seres humanos podemos: mantenernos indiferentes o solidarizarnos”

 

 

 



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