Ehemalige Stasi-Spitzel im Bundestag?

Marianne Birthler fordert Überprüfung
Titelbild
Marianne Birthler, Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen (Foto - AP/Fritz Reiss)
Von 1. Oktober 2005

Nach den Schlagzeilen über die vermutete Stasitätigkeit von Abgeordneten der Linkspartei, wendete die Linkspartei ihre Argumentation gegen Marianne Birthler und forderte ihren Rücktritt. Ausgelöst war die Aufregung durch eine Äußerung der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler.

Die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf zu erfahren, welche Abgeordneten früher mit der Stasi zusammengearbeitet hätten, hatte Marianne Birthler am vergangenen Wochenende erklärt. Sie vermutete in der neuen linken Bundestagsfraktion mindestens sieben IMs. Zugeben musste Marianne Birthler wenig später, dass die Zahl der Verdächtigen nicht zu belegen war und das auch nicht ihre Aufgabe sei. Sie forderte deshalb, dass sich alle neugewählten Bundestagsabgeordneten auf frühere Geheimdiensttätigkeit überprüfen lassen und bedauerte ihre zunächst genannten Zahlen.

Der Linkspartei-Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi erklärte an die Adresse Birthlers, er sei „nicht für die Probleme dieser Frau da“. Es gebe im Bundestag klare Regeln, was dieses Thema angehe, „eine Sondervorschrift nehmen wir garantiert nicht an“. Darüber hinaus sei in der Fraktion nicht über das Thema gesprochen worden. Dabei hat es in der Vergangenheit durchaus bei den bisherigen Parlamentariern die Bereitschaft gegeben, sich freiwillig überprüfen zu lassen.

In der jetzt zu Ende gehenden 15. Wahlperiode des Bundestages hatten zunächst 97 Parlamentarier selbst ihre Überprüfung auf Stasi-Mitarbeit beantragt. Als die USA im Sommer 2003 die sogenannten Rosenholz-Dateien freigaben – dabei handelt es sich um größtenteils mikroverfilmte Karteien der Hauptverwaltung Aufklärung mit etwa 280.000 Personendaten –, setzte einregelrechter Ansturm auf die Prüfer ein: Insgesamt 381 der 603 Abgeordneten ließen sich auf die Durchleuchtungsliste setzen.

Das Motiv der Abgeordneten, sich überprüfen zu lassen, lag auf der Hand: Falls ihr Name im Zusammenhang mit den Rosenholz-Dateien hätte auftauchen können, wollten sie ihrer Partei und der Öffentlichkeit rechtzeitig ihre Unschuld beweisen. Nach einem Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Bundestages waren bis zum Frühjahr 2005 alle 381 Verfahren abgearbeitet. In keinem Fall gab es einen Hinweis auf Stasi-Mitarbeit.

Anders als im öffentlichen Dienst, hat für Parlamentarier die erwiesene Spitzeltätigkeit weder rechtliche noch parlamentarische Konsequenzen. Das Abgeordnetengesetz sieht keinerlei Sanktionen gegen frühere Stasi-Mitarbeiter vor. Allerdings bleibt es der Partei- oder Fraktionsführung überlassen, politischen Druck auf den Betreffenden auszuüben, sein Mandat niederzulegen. Da der Bundestag die Namen der Überführten in seinen Drucksachen preisgibt, geraten sie auch unter öffentlichen Druck.



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