Ein Wort reicht als Präsidentenbeleidigung: Deutscher steht in der Türkei vor Gericht

Wegen einem Wort in einem Tweet steht ein Deutscher vor Gericht in der Türkei. Er kritisierte, dass die regierungsnahen Medien nicht über die große Kundgebung der Opposition in Istanbul berichteten, dafür aber über die viel Kleinere des "bascalan".
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Auf einer Kundgebung von Anhängern des türkischen Präsidenten Erdogan.Foto: Henning Kaiser/Archiv/dpa
Epoch Times21. März 2019

Weil er in einem Tweet das Wort „bascalan“ (Ober-Dieb) benutzt hatte, muss sich in der Türkei ein Deutscher wegen Beleidigung von Präsident Recep Tayyip Erdogan verantworten. Aret Demirci erschien am Donnerstag vor einem Gericht in Istanbul wegen des Vorwurfs, vor der Parlaments- und Präsidentenwahl vom 24. Juni 2018 den Staatschef beleidigt zu haben. Der Mitarbeiter der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung plädierte auf Freispruch.

Demirci hatte am Vortag der Wahlen im Kurzmitteilungsdienst Twitter kritisiert, dass die regierungsnahen Medien nicht über die große Kundgebung der Opposition in Istanbul berichteten, dafür aber über die viel Kleinere des „bascalan“.

Demirci und sein Anwalt Veysel Ok argumentierten, dass dies keine Beleidigung des Präsidenten sei, da Erdogan im Wahlkampf nicht als Präsident, sondern als Vorsitzender der AKP aufgetreten sei.

„Bascalan“ (Ober-Dieb) ist sprachlich ähnlich dem „Basbakan“ (Ministerpräsident)

Der Paragraf der Präsidentenbeleidigung stammt aus einer Zeit, da der Präsident noch parteilos war. Erst seit der umstrittenen Verfassungsänderung von 2017 kann er einer Partei angehören. Das Wort „bascalan“ ähnelt dem türkischen „basbakan“ (Ministerpräsident) und war während der Korruptionsermittlungen im Dezember 2013 von Gegnern Erdogans für den damaligen Ministerpräsidenten verwandt worden.

Die Ermittlungen gegen Politiker und Geschäftsleute aus dem Umfeld des Regierungschefs zwangen drei Minister zum Rücktritt, bevor Erdogan deren Stopp erzwang und die beteiligten Polizisten und Staatsanwälte versetzen ließ. Nach seiner Darstellung war es ein Umsturzversuch der Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen, die er auch für den gescheiterten Militärputsch von Juli 2016 verantwortlich macht.

Seit Erdogan im August 2014 zum Staatschef gewählt wurde, hat er zahlreiche Menschen wegen Präsidentenbeleidigung verklagt. Darauf steht vier Jahre Haft. Im Fall von Demirci wurde das Verfahren nach kurzer Anhörung auf den 8. Oktober vertagt.

Demirci, der in Istanbul geboren wurde, aber nur noch den deutschen Pass besitzt, bedauerte die lange Zeit bis zum nächsten Termin. Der „psychologische Druck“ halte an, sagte er. (afp)



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