Zusammenfassung: Iraner griffen US-Botschaft im Irak an - Angespannte Ruhe, Botschaft bleibt vorerst geschlossen
Nach US-Luftangriffen auf pro-iranische Milizen im Irak stürmten Demonstranten das US-Botschaftsgelände in Bagdad. Die Angreifer gelangten ungehindert durch alle Kontrollposten zur streng gesicherten Grünen Zone, in der sich auch die US-Botschaft befindet. Die USA machten den Iran verantwortlich.
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Irakische Sicherheitskräfte vor der US-Botschaft in der Hauptstadt Bagdad, nachdem die paramilitärische Gruppe Hashed al-Shaabi ihren Anhängern befohlen hat, das Gelände am 1. Januar 2020 zu verlassen. Tausende irakische Anhänger der größtenteils iranisch dominierten Hashed-Miliz hatten gestern das Botschaftsgelände eingekreist und verwüstet.
Nach den gewaltsamen Protesten an der US-Botschaft im Irak ist eine angespannte Ruhe eingetreten. Die Demonstranten in Bagdad haben sich angesichts eines massiven Aufgebots der Sicherheitskräfte weitgehend zurückgezogen, die Botschaft bleibt aber vorerst für den Publikumsverkehr geschlossen.
Hunderte pro-iranische Demonstranten kündigten am Mittwoch eine Sitzblockade vor der Botschaft an. Sie errichteten Zelte und mobile Toiletten, ein Lastwagen lieferte hunderte Matratzen.
Die Protestierenden kündigten an, so lange zu bleiben, bis die US-Truppen das Land verließen. Gruppen von Männern, viele davon in Militäruniformen, schwenkten Flaggen der pro-iranischen Hasched-al-Schaabi-Miliz und riefen Anti-US-Slogans. Einige verbrannten US-Flaggen und warfen Steine auf das Botschaftsgebäude.
Was bisher geschah: Irak ließ die Angreifer in die „Grüne Zone“
Nach US-Luftangriffen auf pro-iranische Milizen im Irak stürmten am Dienstag tausende Demonstranten das normalerweise massiv gesicherte US-Botschaftsgelände in Bagdad.
Am Mittwoch setzten sie ihren Angriff zunächst fort, zogen dann aber ab. Die USA machten den Iran verantwortlich, drohten mit Vergeltungsmaßnahmen und schickten hunderte zusätzliche Soldaten in die Region. Teheran warf Washington „Kriegstreiberei“ vor.
Die pro-iranischen Demonstranten in Bagdad hatten am Dienstag zunächst an einem Trauerzug für die Getöteten der US-Luftangriffe vom vergangenen Sonntag teilgenommen. Anschließend gelang es ihnen, ungehindert alle Kontrollposten zur streng gesicherten Grünen Zone, in der sich die US-Botschaft befindet, zu passieren und erstmals seit Jahren zu der US-Vertretung vorzudringen.
Sie riefen „Tod Amerika“, tausende teils uniformierte Kämpfer und Anhänger der pro-iranischen Hasched-al-Schaabi-Miliz durchbrachen schließlich die Außenwand des Botschaftsgeländes.
Bei einem der Angriffe auf die US-Botschaft feuerten die Verteidiger Tränengas ab.
Foto: AHMAD AL-RUBAYE/AFP via Getty Images
US-Sicherheitskräfte auf dem Gelände feuerten zunächst Schüsse ab, dann Tränengas und Blendgranaten. Nach Angaben der Hasched-al-Schaabi-Miliz wurden dutzende Menschen verletzt.
Am Mittwoch setzten die Demonstranten ihren Sturm auf das Gelände zunächst fort. US-Sicherheitskräfte reagierten mit Tränengas-Salven. Medienberichten zufolge gab es erneut Verletzte.
Hintergrund der Eskalation sind die US-Luftangriffe auf die pro-iranischen Hisbollah-Brigaden, bei denen am Sonntag 25 Kämpfer getötet worden waren. Die Hisbollah-Brigaden sind Teil der pro-iranischen, überwiegend schiitischen Hasched-al-Schaabi-Milizen. Mit ihren Luftangriffen reagierte die US-Armee auf den Tod eines US-Zivilisten bei einem Raketenangriff auf einen US-Militärstützpunkt im Irak.
Die Hasched-al-Schaabi-Miliz forderte die Demonstranten vor der US-Botschaft am Mittwoch schließlich auf, sich zurückzuziehen. Die Sitzblockade solle außerhalb der Grünen Zone fortgesetzt werden. Nachdem die Hisbollah-Brigaden zunächst ankündigten, ihre Anhänger würden vor der Botschaft bleiben, zogen später alle Demonstranten ab.
USA kündigt Entsendung weiterer Soldaten an
US-Präsident Donald Trump hatte am Dienstag den Iran für den Angriff auf das Botschaftsgelände in Bagdad verantwortlich gemacht und mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht. Dennoch gab er an, nicht mit einem Krieg mit dem Iran zu rechnen. Die USA kündigten allerdings die Entsendung von rund 750 zusätzlichen Soldaten in die Golfregion an. Verteidigungsminister Mark Esper sprach von einer „Vorsichtsmaßnahme“ zum Schutz von US-Personal und -Einrichtungen.
Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei verurteilte die US-Luftangriffe am Mittwoch scharf. An die Adresse Trumps gerichtet twitterte er, dieser könne „gar nichts machen“. Überdies führten die „US-Verbrechen im Irak und Afghanistan dazu, dass Nationen euch hassen“.
Später bestellte Teheran einen Vertreter der Schweizer Botschaft ein, welche die US-Interessen im Iran vertritt. Der Iran protestiere „entschieden gegen kriegstreiberische Äußerungen amerikanischer Beamter“, hieß es.
Ein Demonstrant schürt vor der Botschaft der Vereinigten Staaten ein Feuer. Mehrere Hundert Demonstranten haben die US-Botschaft in der Hauptstadt Bagdad attackiert und versucht, das Botschaftsgelände zu stürmen.
Foto: Khalil Dawood/XinHua/dpa/dpa
Bundesregierung verurteilt Angriffe auf die Botschaft
Die Bundesregierung hat die gewaltsamen Angriffe auf die US-Botschaft in der irakischen Hauptstadt Bagdad verurteilt. „Die Sicherheit und Unverletzlichkeit diplomatischer Vertretungen und ihres Personals gehören zum Kern der internationalen Ordnung, auf die alle Staaten gleichermaßen angewiesen sind“, erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin am Mittwoch. Übergriffe seien „durch nichts zu rechtfertigen“.
Die Bundesregierung erwarte von der irakischen Regierung, dass sie ihrer Verantwortung für die Sicherheit der Botschaften und Konsulate nachkomme, erklärte die Sprecherin weiter.
Die Ereignisse von Bagdad würden „auch mit Blick auf die Lage in der Region“ Anlass zur Sorge geben. „Besonnenheit und Augenmaß sind jetzt besonders wichtig“, hieß es aus Berlin weiter. Es müsse „alles unterlassen“ werden, „was die Stabilität und Sicherheit des Irak gefährdet“.
Die Lage im Irak ist instabil; seit Anfang Oktober wird das Land angesichts einer schweren sozialen Krise von einer beispiellosen Protestwelle erschüttert. Der Iran hat großen Einfluss im Irak und versucht auch, die Bildung einer neuen Regierung zu steuern. (afp)
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