EU-Gipfel ordnet Nawalny-Giftanschlag als Mordversuch ein – Zypern gibt Sanktionsblockade auf

Titelbild
EU-Sondergipfel Juli 2020Foto: European Union, Text: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times2. Oktober 2020

Nach stundenlangem Ringen hat sich der EU-Gipfel auf die Verhängung der seit Wochen blockierten Sanktionen zu Belarus und eine gemeinsame Position im Konflikt mit der Türkei um Erdgas-Bohrungen im Ost-Mittelmeer geeinigt. Zypern gab in der Nacht zum Freitag sein Veto gegen die Belarus-Strafmaßnahmen auf. Die Staats- und Regierungschefs akzeptierten dafür eine Drohung mit Sanktionen gegen die Türkei.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte die Einigung als „großen Fortschritt“. Die Staats- und Regierungschefs hätten eine „umfangreiche, manchmal auch schwierige Diskussion“ geführt, sagte sie nach den mehr als neunstündigen Beratungen. „Aber wir haben uns zusammengerauft.“

Schon kurz nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl in Belarus im August hatte die EU Sanktionen angekündigt. Sie konnten wegen der Blockade durch Zypern bislang nicht verhängt werden, weil dafür ein einstimmiger Beschluss nötig ist.

Pressekonferenz der Bundeskanzlerin:
An dieser Stelle wird ein Video von Youtube angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um das Video anzusehen.

Sanktionsliste gegen 40 Personen in Belarus kann nun in Kraft gesetzt werden

Durch den Gipfel-Kompromiss könne die Sanktionsliste in den nächsten Tagen in Kraft gesetzt werden, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel. Demnach geht es um rund 40 Belarussen, die für Wahlbetrug und Gewalt gegen Demonstranten verantwortlich gemacht werden. Präsident Alexander Lukaschenko befindet sich bisher nicht darunter. Dies könnte sich laut Michel aber ändern.

Laut den Gipfel-Schlussfolgerungen zur Türkei droht die EU damit, „alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente“ zu nutzen, wenn die Ankara in der Erdgas-Frage nicht zum Dialog bereit sei. Das Wort „Sanktionen“ steht nicht im Text, es werden aber zwei Artikel aus den EU-Verträgen genannt, die Grundlage für die Verhängung von Strafmaßnahmen sind. Entschieden darüber werde „spätestens“ im Dezember, hieß es.

Sanktionen seien aber nicht das Ziel, betonte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie begrüßte, dass die Türkei inzwischen mit Griechenland einen Dialog zu der Erdgas-Frage aufgenommen hat. Ankara müsse nun auch „die Provokationen und den Druck“ gegenüber Zypern beenden.

Die EU wolle „eine konstruktive Agenda mit der Türkei“ aufrufen, wenn die Bemühungen um eine Abnahme der Spannungen im östlichen Mittelmeer erfolgreich seien, sagte Merkel. Als Beispiele nannte sie „die Zusammenarbeit in Flüchtlingsfragen“ oder die Erweiterung der Zollunion.

Kurz: Einige NATO-Länder lassen bei Türkei „andere Standards gelten“

Österreichs Kanzler Sebastian Kurz begrüßte, dass es „erstmals jetzt klare Sanktionsdrohungen in Richtung der Türkei“ gebe. Die Diskussion habe so lange gedauert, weil es EU-Länder gebe, „die sehr viel Verständnis der Türkei gegenüber haben“. Er meine damit „nicht nur (…) Deutschland“, sondern auch andere, die beim NATO-Land Türkei „andere Standards gelten lassen“.

Die Staatenlenker riefen in ihren Schlussfolgerungen auch zu einer „multilateralen Konferenz zum östlichen Mittelmeer“ auf. Sie soll sich mit umstritten Seegrenzen sowie Fragen der Sicherheit, Energie, Migration und wirtschaftlichen Zusammenarbeit befassen.

Beim militärischen Konflikt um die Region Berg-Karabach rief der Gipfel zu „einem sofortigen Ende der Gefechte“ sowie Armenien und Aserbaidschan zu Verhandlungen auf. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte die türkische Regierung auf, Aufklärung über die mutmaßliche Verlegung von 300 dschihadistischen Kämpfern aus Syrien nach Berg-Karabach zu schaffen. Damit sei „eine rote Linie überschritten“, warnte er. Die Türkei unterstützt Aserbaidschan.

EU-Gipfel ordnet Giftanschlag gegen Nawalny als Mordversuch ein

Den Giftanschlag gegen den russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny verurteilte der Gipfel als „Mordversuch“ mit einem militärischen Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe. Die Staats- und Regierungschefs verlangten von Russland, „eine unparteiische internationale Untersuchung sicherzustellen und die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen“.

Ohne Diskussion verabschiedeten die Staats- und Regierungschefs ihre Schlussfolgerungen zu China. Sie riefen dazu auf, die Verhandlungen über ein seit langem geplantes Investitionsabkommen bis Jahresende abzuschließen. Zugleich bekundete der Gipfel seine „ernsthafte Besorgnis“ über die Menschenrechtslage in China. Am Freitag befasst sich das Treffen vor allem mit Wirtschaftsfragen. (afp)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion