EU-Gipfel zu Corona: Belgien schlägt Verbot „nicht wesentlicher Reisen“ vor – Spanien dringt auf Corona-Impfpass für Reisende

Angela Merkel und ihre EU-Kollegen beraten am Donnerstagabend per Video über den weiteren Kurs der Corona-Pandemie. Im Zentrum steht die Eindämmung der neuen COVID-19-Varianten.
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In Berlin am Airport Tegel, 27. Dezember 2020.Foto: Omer Messinger/Getty Images
Epoch Times21. Januar 2021

Die EU-Staats- und Regierungschefs beraten am Donnerstagabend (21. Januar) in einer Video-Konferenz über den weiteren Kurs in der Corona-Pandemie (18.00 Uhr). Im Zentrum steht die Eindämmung neuer Varianten des SARS-CoV-2, die sich schneller verbreiten als der ursprüngliche Erreger. Dazu gehört eine systematische Gen-Analyse von Corona-Proben auf mutierte Viren.

Die Frage des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs ist eines der zentralen Themen des EU-Sondergipfels. Darüber hinaus ziehen die Staats- und Regierungschefs eine Zwischenbilanz der seit Ende Dezember laufenden Impfkampagnen. Dabei sollen Möglichkeiten ausgelotet werden, die Produktion der Wirkstoffe zu erhöhen, um schneller größere Teile der Bevölkerung zu impfen.

Kontrovers diskutiert wurde daneben im Vorfeld ein Vorschlag Griechenlands, über gemeinsame Impfzertifikate Urlaubsreisen zu ermöglichen.

20:58 Uhr: Kanzlerin fordert ein entschlossenes und abgestimmtes Vorgehen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte vor dem Treffen ein entschlossenes und abgestimmtes Vorgehen, um die Ausbreitung der mutierten Erreger zu verhindern. Sie schloss Grenzkontrollen als letztes Mittel nicht aus, wenn Nachbarländer nicht genug täten. Sie wolle dies aber möglichst vermeiden, betonte die Kanzlerin.

Frankreich hatte im Vorfeld „Gesundheitskontrollen“ an den EU-Binnengrenzen gefordert, Belgien brachte ein vorübergehendes Verbot „nicht wesentlicher Reisen“ ins Spiel. Österreichs Kanzler Sebastian Kurz schrieb während der Beratungen auf Twitter, er unterstütze „deutsche Vorschläge für striktere Einreisekontrollen und Testpflichten, um Virusmutationen fernzuhalten“.

Darüber hinaus ziehen die Staats- und Regierungschefs eine Zwischenbilanz der seit Ende Dezember laufenden Impfkampagnen. Dabei sollen Möglichkeiten ausgelotet werden, die Produktion der Wirkstoffe zu erhöhen, um schneller größere Teile der Bevölkerung zu impfen.

Die EU-Kommission hat diese Woche das Ziel ausgegeben, bis zum Ende des Sommers 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung zu impfen. Die Vorgabe wird in einigen EU-Ländern angesichts der schleppend anlaufenden Lieferungen der bisher zugelassenen Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna teilweise als zu ehrgeizig gesehen.

Österreichs Kanzler Kurz bekräftigte am Abend seine Forderung nach einer „möglichst raschen und unbürokratischen Zulassung“ des Impfstoffes des britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca. Er hatte vor den Beratungen in einem Brief an die EU mit Dänemark, Griechenland und Tschechien dazu „ein starkes Signal“ an die EU-Arzneimittelbehörde EMA gefordert. Diese will Ende Januar über den Astrazeneca-Impfstoff entscheiden.

17:45 Uhr: Spanien dringt auf Corona-Impfpass für Reisende

Spanien drängt ebenso wie Griechenland die EU und die OECD zur Einführung eines Corona-Impfpasses. „Es wird ein sehr wichtiges Element sein, um eine sichere Rückkehr zur Mobilität zu gewährleisten“, sagt Außenministerin Arancha Gonzalez dem Hörfunksender RNE. Die Ausstellung eines solchen Impfpasses solle auf EU-Ebene oder gar auf globaler Ebene koordiniert werden.

15:18 Uhr: Belgien schlägt Verbot „nicht wesentlicher Reisen“ vor

Belgiens Regierungschef Alexander De Croo schlug ein Verbot „nicht wesentlicher Reisen“ vor. Er fürchtet einen Wiederanstieg der Infektionszahlen nach den Winterferien im Februar. „Das bedeutet aber nicht, dass wir die Grenzen schließen“, sagte er am Mittwochabend im Sender RTBF.

In einem deutschen Diskussionspapier für die EU-Beratungen wurde die Möglichkeit von „Testzentren an den Grenzen“ angesprochen. Diese könnten demnach helfen, insbesondere den grenzüberschreitenden Lieferverkehr im EU-Binnenmarkt aufrechtzuerhalten.

14:10 Uhr: Griechenland für gemeinsame Impfzertifikate

Weiteres Thema der Gipfelberatungen ist die Forderung des stark vom Tourismus abhängigen Griechenlands, gemeinsame Impfzertifikate einzuführen, um Geimpften das Reisen zu ermöglichen. Hier gibt es Vorbehalte in mehreren Ländern, Frankreich etwa hatte solch einen Schritt als „verfrüht“ bezeichnet.

Ein hochrangiger EU-Vertreter sagte am Mittwoch, zunächst gehe es darum, gemeinsame Kriterien für Impfbescheide zu finden. Um die Frage, „ob sie für Reisen oder Restaurantbesuche eingesetzt werden“, gehe es zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht. Denn einerseits seien ohnehin noch nicht genügend Menschen geimpft. Andererseits sei unklar, ob Geimpfte das Virus nicht doch weiterverbreiten könnten.

13:30 Uhr: Merkel will Wiedereinführung von Grenzkontrollen vermeiden

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will trotz der Gefahren durch Mutationen des SARS-CoV-2 eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen zu europäischen Nachbarstaaten möglichst vermeiden.

„Es geht nicht darum, flächendeckende Grenzschließungen einzuführen“, dies wäre allenfalls „die Ultima Ratio“, sagte Merkel am Donnerstag in Berlin mit Blick auf die Beratungen der EU-Staats- und Regierungschefs am Abend. „Wir werden viel tun, um das zu verhindern“, hob sie hervor.

Voraussetzung sei allerdings ein ähnliches Vorgehen in der Pandemie-Bekämpfung, also „dass wir alle möglichst dasselbe Ziel verfolgen, die Inzidenzen möglichst runterzubringen“, sagte Merkel weiter. Bei wichtige Nachbarstaaten halte sie dies auch für gegeben, konkret nannte Merkel besonders Frankreich, Belgien und die Niederlande. Mit dem Nicht-EU-Staat Schweiz solle es hier noch Gespräche geben, mit Tschechien sei sie schon im Gespräch.

„Wenn ein Land mit einer vielleicht doppelt so hohen Inzidenz wie Deutschland alle Geschäfte aufmacht und wir haben sie noch zu, dann hat man natürlich ein Problem“, sagte Merkel allerdings weiter. Insofern könnten Grenzkontrollen „auch nicht vollkommen ausgeschlossen werden, wenn jemand ganz andere Vorstellungen hat“. Auch sehe man schon, dass Infektionsgeschehen auch mit Grenzen zu tun habe.

Luxemburg warnte angesichts vieler Grenzpendler bei einem solchen Schritt vor dem Zusammenbruch seines Gesundheitssystems. Streit gab es vor dem Gipfel auch um Impfzertifikate für Reisen.

Die Kanzlerin sprach davon, für die Grenzpendler in der EU gemeinsam ein Testregime zu entwickeln. Dies solle aber nicht „holterdipolter“ eingeführt werden, um zu vermeiden, „dass keiner aus dem anderen Land mehr bei uns arbeiten kann“. Ohnehin unstrittig sei auch der freie Warenverkehr.

Generell sei das Ziel der EU-Beratungen aus deutscher Sicht die Suche nach einem „kooperativen Ansatz“. Abschließende Entscheidungen seien von dem EU-Sondergipfel noch nicht zu erwarten.

9:55 Uhr: Spahn fordert abgestimmte Corona-Tests für Grenzpendler in der EU

Vor dem EU-Sondergipfel zum Umgang mit der Corona-Pandemie hat sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für ein europaweit abgestimmtes Vorgehen bei Corona-Tests von Grenzpendlern ausgesprochen. Man sehe in vielen Grenzregionen, dass das Infektionsgeschehen oft auf beiden Seiten hoch sei und es sich immer wieder gegenseitig „hochschaukeln“ würde, sagte Spahn am Donnerstag dem SWR. Auf der anderen Seite würden aber die Pendler gebraucht, auch im Gesundheitswesen.

Spahn sprach daher von „einem Dilemma“. Aus Ausweg plädierte der Minister für eine abgestimmte Test-Strategie. „Dann braucht es eben verbindlich Tests“, sagte er dem SWR. Es gebe bereits Gespräche mit den Regierungen Tschechiens und Polens, damit Tests von Grenzpendlern entweder dort oder in Deutschland oder im Wechsel regelmäßig stattfinden könnten. Dies müsse nicht unbedingt direkt an der Grenze geschehen, aber solche Tests müssten mehrmals pro Woche stattfinden.

Mit Blick auf die knappen Impfstoffe äußerte sich Spahn zuversichtlich, dass bald ausreichend Impfdosen in der EU zur Verfügung stehen. Derzeit würden die Produktionskapazitäten ausgebaut. Zudem stehe mit dem Impfstoff des Herstellers Astrazeneca ein weiteres Vakzin kurz vor der Zulassung in der EU. Forderungen, jetzt das Patentrecht auszusetzen, damit auch andere Hersteller die Impfstoffe produzieren könnten, erteilte der Gesundheitsminister eine Absage.

8:35 Uhr: Spitzenpolitiker warnen vor neuen Grenzschließungen vor EU-Corona-Gipfel

Frankreich hatte am Mittwoch gefordert, „Gesundheitskontrollen“ an den Grenzen zwischen den Mitgliedstaaten einzuführen.

Der Fraktionschef der konservativen EVP im EU-Parlament, Weber, warnte vor den wirtschaftlichen Schäden durch Grenzschließungen innerhalb der EU. „Für die deutsche Industrie und den Handel würden Grenzschließungen große Einbußen bedeuten. Zudem würde das Gesundheitswesen in den Grenzräumen vor enorme Herausforderungen gestellt“, sagte der CSU-Politiker der „Rheinischen Post“. Das müsse unbedingt vermieden werden.

„Auch Grenzkontrollen würden den freien Warenverkehr behindern und gerade für Arbeitspendler zu Einschränkungen führen“, sagte Weber. Die Staats- und Regierungschefs müssten beim EU-Gipfel „dringend zu gemeinsamen Lösungen kommen“.

Ähnlich äußerte sich Kanzleramtschef Braun. Grenzschließungen in Europa wären „im Ergebnis der schlechte Weg“, sagte Braun der Deutschen Welle. „Deshalb ist es ganz wichtig, dass im Europäischen Rat Vorsorge getroffen wird. Dass wir jetzt alle gemeinsam die Mutation möglichst stark unterdrücken.“ Braun rief die EU-Länder auf, „synchron“ zu handeln.

Grünen-Politikerin Brantner warnt vor EU-Corona-Gipfel vor neuen Grenzkontrollen

Die europapolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Franziska Brantner, hat sich vor dem Corona-Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs gegen Grenzschließungen und Grenzkontrollen wegen der Pandemie gewandt.

„Die EU-Staaten drohen im Kampf gegen Covid wieder in nationales Kleinklein zu verfallen“, sagte Brantner der Nachrichtenagentur AFP. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse sich bei ihren Kollegen für europäische Lösungen einsetzen.

Wichtig seien etwa gemeinsame Regeln fürs Reisen basierend auf Teststrategien, sagte Brantner. „Grenzkontrollen sind keine Lösung, sondern erschweren nur die Situation in den Grenzgebieten.“ Auch die Produktionsengpässe bei Corona-Impfstoffen sollten die EU-Länder gemeinsam angehen, „um die angepeilte Impfquote von 70 Prozent bis zum Sommer auch nur annähernd zu erreichen“.

Am Mittwoch verständigten sich die Mitgliedstaaten bereits auf die gegenseitige Anerkennung der Ergebnisse von Antigentests. Die EU-Kommission plädiert dafür, diese Schnelltests zum großflächigen Testen von Reisenden einzusetzen.  (afp/sza)



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