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Minimale Änderung

EU-Parlament beschließt CO₂-Aufschub: Was das für die Autoindustrie bedeutet

Die Autoindustrie bekommt mehr Zeit: Das EU-Parlament hat mit deutlicher Mehrheit für eine temporäre Entlastung von den CO₂-Flottengrenzwerten gestimmt. Zwar bleiben die strengen Vorgaben bestehen, doch die Hersteller dürfen die Einhaltung nun über drei Jahre mitteln. Damit sollen Produktionsdruck, drohende Milliardenstrafen und Marktverzerrungen entschärft werden.

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Die EU hat der Autoindustrie eine Verschnaufpause bei den Flottengrenzwerten verschafft.

Foto: Hendrik Schmidt/dpa

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Lesedauer: 4 Min.

Mit einer Mehrheit von 458 zu 101 Stimmen bei 14 Enthaltungen hat das EU-Parlament am Donnerstag, 8. Mai, einer vorübergehenden Erleichterung für die Autoindustrie zugestimmt. Konkret geht es um die sogenannten Flottengrenzwerte, die den durchschnittlichen CO2-Ausstoß ihrer gesamten Fahrzeugflotte betreffen.
Bis dato war es den Herstellern vorgeschrieben, diese Flottengrenzwerte jährlich einzuhalten. Künftig sollen sie weiterhin gelten. Um sie zu erreichen, sollen sie jedoch drei Jahre Zeit eingeräumt bekommen. Für die Autoindustrie bedeutet dies, nicht – weitgehend am Markt vorbei – immer mehr emissionsfreie Pkws produzieren zu müssen, nur um den Flottendurchschnitt insgesamt zu drücken.

EU ermöglicht Erstreckung der Umsetzungsfrist

Ab Anfang des Jahres beträgt der erlaubte Grenzwert bei Pkw nur noch 93,6 Gramm CO₂ pro Kilometer. Zuvor durfte ein Personenfahrzeug noch 115 Gramm ausstoßen. Verstöße sollen mit einer Geldstrafe von 95 Euro pro Gramm und Auto geahndet werden. In der Praxis hätte dies für alle Hersteller, die diesen Durchschnitt verfehlen, pro Jahr eine mögliche Milliardenstrafe bedeutet.
Die Grenzwerte bleiben als solche nun unverändert, es wurde nur der Zeitpunkt, zu dem ihre Einhaltung nachgewiesen werden muss, bis 2027 erstreckt. Dann muss die Einhaltung des Grenzwerts im Dreijahresdurchschnitt eingehalten werden. Die EU-Kommission hatte noch zu Beginn des Jahres vorgeschlagen, die Einführung der neuen Grenzwerte auf 2028 zu verschieben.
Öko-Lobbyisten und Grüne hatten sich jedoch dagegen verwahrt. Sie beharrten auf der 2019 getroffenen Regelung, dass von 2020 an alle fünf Jahre die Grenzwerte sinken müssten – bis sie 2035 verbindlich bei null angekommen seien. An diesem Gesamtkonzept hat sich auch mit dem jüngsten Beschluss nichts geändert.

Autoindustrie droht unter die Räder zu kommen

Die EU-Mitgliedstaaten müssen der Neufassung der Flottengrenzwerte-Regel noch formal zustimmen. De facto hatten schon am Mittwoch ihre Botschafter in Brüssel eine Einwilligung dazu gegeben. Mit dem Schritt erhoffen sich die EU-Staaten, die Autoindustrie zu entlasten.
Diese leidet seit Jahren nicht nur unter hohen Produktionskosten und gedämpfter Nachfrage infolge inflationärer Tendenzen. Auch bleibt die Nachfrage nach Elektroautos weiterhin deutlich hinter den Erwartungen der Politik zurück. Gleichzeitig drängen chinesische Autokonzerne mit günstigen Modellen auf den Markt, der sich weniger dynamisch entwickelt als erhofft.
Im Vorfeld der Entscheidung hatte sich die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, mit Vertretern der Industrie, Gewerkschaften und Umweltorganisationen über das weitere Vorgehen beraten. Am geplanten Verbot des Verkaufs neuer Pkw mit Benzin- oder Dieselmotor ab 2035 ändert die neue Vorgabe nichts. Dieses steht erst 2026 auf dem Prüfstand.

Zweifel an Realisierbarkeit der Elektromobilitätsziele in der EU

Ursprünglich sollten von 2035 an nur noch gebrauchte Verbrenner genutzt oder verkauft werden dürfen. Eine Ausnahme soll es für Fahrzeuge geben, die ausschließlich mit sogenannten E-Fuels betrieben werden. Diese synthetischen Kraftstoffe befinden sich jedoch erst in der Entwicklungsphase.
Allerdings hat die Marktentwicklung Zweifel an der Realisierbarkeit des Verbrennerverbots hervorgerufen. Aus Sicht vieler Bürger bieten E-Autos, die regelmäßig deutlich teurer sind als gleichartige Benziner- oder Dieselmodelle, kein adäquates Preis-Leistungsverhältnis. Dazu kommen sogenannte Reichweitenangst und Unsicherheit über eine ausreichende Versorgung mit Ladesäulen.
Gleichzeitig droht Verbrennerkunden eine stetig steigende Belastung durch höhere Treibstoffpreise aufgrund der politisch bestimmten CO2-Preise. Bei der Überprüfung des Verbrennerverbots soll erstmals eine über den gesamten Lebenszyklus gehende Betrachtung der jeweiligen Emissionsbilanz unterschiedlicher Kraftfahrzeugtypen gelten.

Verbrennerverbot 2026 auf dem Prüfstand – Lebenszyklus betrachtet

Derzeit werden lediglich die Emissionen beim regulären Betrieb betrachtet. Dieser sogenannte Tailpipe-Ansatz stellt ausschließlich auf die unmittelbaren Emissionen beim Betrieb eines Fahrzeugs ab. Dies lasse das E-Auto als klimafreundliche Technologie erscheinen – obwohl ihre Produktion erhebliche Emissionen verursacht.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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