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EU-Unterhändler Barnier legt ersten Entwurf für Abkommen mit Großbritannien vor

Der Entwurf der Verhandlungsgrundlagen für ein Freihandelsabkommen mit Großbritannien wurde von EU-Chefunterhändler an die zuständigen EU-Gremien zur Beratung übergeben. Das Papier enthält zahlreiche Punkte, die Großbritannien weiterhin dem EU-Recht unterwerfen. Britanniens Premier Boris Johnson stellte bereits klar, dass er solche Bedingungen auf keinen Fall akzeptieren wird.

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Großbritannien will sich seine Politik künftig nicht mehr aus Brüssel vorschreiben lassen.

Foto: Jonathan Brady/PA Wire/dpa/dpa

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In den Gesprächen mit Großbritannien über die künftigen Beziehungen nach dem Brexit hat EU-Chefunterhändler einen ersten Entwurf für eine Vereinbarung vorgelegt. Er habe die Vorlage „zur Diskussion“ an den Rat der Mitgliedstaaten und das Europaparlament geschickt und werde ihn danach veröffentlichen, teilte Barnier am Freitag auf Twitter mit. Der über 440 Seiten starke Text zeige, „dass eine ehrgeizige und umfassende künftige Beziehung möglich ist“.
Großbritannien war am 31. Januar aus der EU ausgetreten. In einer Übergangsphase bis Jahresende bleibt das Land noch im EU-Binnenmarkt und der Zollunion. In dieser Zeit wollen beide Seiten Vereinbarungen zu ihren künftigen Beziehungen treffen und insbesondere ein Handelsabkommen abschließen.

EU möchte Großbritannien weiter an EU-Recht binden

Barniers Vorschlag, welcher der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, enthält weiter zentrale EU-Forderungen, die von London abgelehnt werden. So soll sichergestellt werden, dass Großbritannien nicht weit von EU-Regeln für Staatsbeihilfen sowie europäische Umwelt-, Arbeits- und Qualitätsstandards abweicht. Bei Streitigkeiten über die Auslegung des EU-Rechts müsste sich ein dafür vorgesehener Schiedsausschuss „an den Gerichtshof der Europäischen Union wenden“, der darüber entscheiden soll.
Zudem soll das Abkommen garantieren, dass sich beide Seiten gemäß vereinbarter Fangquoten gegenseitig Zugang zu ihren Fischereigewässern ermöglichen. Der britische Premier Boris Johnson will vielmehr ein einfaches Handelsabkommen ohne Angleichung an EU-Standards. Sollte dies nicht möglich sein, will er notfalls auch auf einen weitgehend ungehinderten Zugang zum EU-Markt verzichten.

EU-Parlament will Großbritannien weiter dominieren

Das Europaparlament begrüßte hingegen Barniers Vorschlag. Die dafür zuständige Koordinierungsgruppe werde weiter eng mit dem Franzosen zusammenarbeiten, „um das bestmögliche Ergebnis für die EU-Bürger und die EU-Wirtschaft sicherzustellen“, erklärte deren Vorsitzender David McAllister. Das Parlament hatte im Februar in einer Entschließung gefordert, dass sich Großbritannien dauerhaft an EU-Standards hält.
Von einzelnen EU-Staaten kam Kritik an Barniers Vorgehen, den Entwurf demnächst auch zu veröffentlichen. Es sei „nicht übliche Praxis, dies zum jetzigen Zeitpunkt“ zu tun, sagte ein Diplomat. Demnach wäre es besser abzuwarten, bis Großbritannien seinen eigenen Vorschlag vorlege. Barniers Vorpreschen zeige nur, dass die Herangehensweisen beider Seiten „grundlegend verschieden“ seien. Strategisch gesehen sei dieses Vorgehen „nicht klug“.

EU will auch auf Außenpolitik Einfluß nehmen

Ein separat von Barnier erstelltes Dokument von 17 Seiten schlägt eine Vereinbarung im Bereich der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik vor. Es trägt aber schon auf dem Deckblatt den Hinweis, dass Großbritannien klargemacht habe, „dass es nicht den Wunsch hat, Verhandlungen über außenpolitische Fragen aufzunehmen“.
Nach einer ersten Verhandlungsrunde in der vergangenen Woche hatten die EU und Großbritannien vor allem ihre großen Differenzen festgestellt. Eine ab Mittwoch in London geplante zweite Runde wurde abgesagt. Als Grund wurde die Ausbreitung des Coronavirus angegeben.(afp)
 

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