Exportschlager Hartz IV: Der Finanzminister Österreichs sieht es als Vorbild

Abgucken in Deutschland: Der österreichische Finanzminister möchte nach deutschem Vorbild Hartz IV einführen - und erntet landesweiten Widerspruch.
Titelbild
Österreichs Finanzminister Hans Jörg SchellingFoto: DIETER NAGL/AFP/Getty Images
Epoch Times26. Juli 2015

In Österreich ist nach Angaben des Finanzminsters das Arbeitslosengeld zu hoch. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) sprach sich in einem Interview mit dem Standard für eine Staffelung nach Einkommenshöhe aus und stellte das deutsche Hartz IV als Vorbild dar:

"Es ist auch deshalb schwer, Arbeitskräfte zu finden, weil das Arbeitsloseneinkommen fast genauso hoch ist wie das Arbeitseinkommen. In Deutschland gibt mit Hartz IV ein Modell, das offenbar besser funktioniert."

Zum Interview mit dem Standard wurde auch ein Unternehmer eingeladen. Dieser steht für das bedingungslose Grundeinkommen ein. Darauf angesprochen, entgegnete der Finanzminister:

"Selbstverständlich bin ich dagegen. Die meisten Österreicher sind hochzufrieden mit ihren Arbeitsplätzen. Leistung muss belohnt werden, das ist nichts, was einem zusteht. Wir sind bei Transferleistungen sehr stark. Aber warum muss jemand, der 500.000 Euro im Jahr verdient, Anspruch auf eine Gratiszahnspange für sein Kind haben? Das hätte man sozial staffeln müssen. Wir haben uns zu einer Neidgesellschaft entwickelt. Neid muss man sich aber verdienen, Mitleid bekommt man umsonst." (Marie-Theres Egyed, 25.7.2015)

Schelling wird in Österreich kritisch betrachtet, er betrieb z.B. die Möbelfirma XXXLutz GmbH und versteuerte diese nach 2007 in Malta. Die Österreichische Volkspartei (ÖVP) ist eine der beiden großen Volksparteien, sie steht für das bürgerliche und bäuerliche konservative Spektrum und gilt als traditionell der Wirtschaft und der Kirche nahestehend.

Im Grundsatzprogramm stehen unter anderem: „Der Staat ist für die Bürgerinnen und Bürger da. Und nicht umgekehrt.“;  mehr „Eigenvorsorge“ und weniger „staatlich verbürgte Solidarität“; „Privatisierung staatlicher Unternehmungen, die nicht der Daseinsvorsorge dienen“; mehr „Bürgergesellschaft“ statt „Monopol des Staates in der Sozialpolitik“.

Proteste von SPÖ, FPÖ, Grünen und ÖGB

Nach dem Interview erntet der österreichische Finanzminister Widerspruch von vielen Seiten.

SPÖ Geschäftsführer Gerhard Schmid protestiert: "Es handelt sich hier um einen massiven Angriff auf Arbeitnehmer und unser Sozialsystem". Er rief seine Partei auf, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die Arbeitslosen und den sozialen Zusammenhalt zu stärken statt sie zu zerstören.

Auch der ÖGB, die FPÖ und die Grünen lehnen den Vorschlag von Finanzminister Schelling ab.

"Nicht das Arbeitslosengeld sei zu hoch, sondern die Mindestsicherung biete die falschen Anreize", sagte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. ÖGB-Präsident Erich Foglar warf Schelling vor, eine Demontage des Sozialstaates anzustreben, schreibt der kurier am 25. Juli.

Der ÖGB-Präsident Foglar rät dringend davon ab, die Notstandshilfe abzuschaffen und eine Sozialhilfe nach deutschem Vorbild einzuführen. Durch Hartz IV sind in Deutschland tausende Menschen der Armut ausgeliefert und die Sozialausgaben in Deutschland explodiert. Er bezog sich darauf, dass immer höhere Beihilfen ausgezahlt werden müssen, damit die Bezieher halbwegs über die Runden kommen. Weiterhin führte Hartz IV zu Lohndumping durch Schaffung eines Billigarbeitsmarktes.

Die Notstandshilfe kann in Österreich nach Bezug des nur für 20 Wochen möglichen Arbeitslosengeldes bezogen werden.

FSG-Vorsitzender Katzian protestierte auch, da durch Hartz IV in Deutschland die Zahl der Menschen, die unter ihrem Qualifikationsniveau arbeiten, stark gestiegen ist. Über sechs Millionen Deutsche sind auf staatliche Hilfe angewiesen und rund 1,3 Millionen Deutsche arm, obwohl sie erwerbstätig sind. Hartz IV bringt die Menschen auch nicht in Arbeit.

Die Kommentare im Web sind drastischer

Hier einige Zitate:

"Niemand wird gehindert höhere Gehälter zu zahlen. Die ÖVP will aber das Arbeitslosengeld senken, damit die Löhne noch niedriger sein können. Das ist eine Abwärtsspirale."

"Man sollte dem Multi – Millionär Schelling alles wegnehmen und ein Jahr von der Mindestsicherung leben (?) lassen. !"

"Nur zur Erinnerung: Schelling bei einem seiner ersten Interviews als Finanzminister: Frage: Würden sie die 100 Millionen, die sie in einer Stiftung geparkt haben, würden sie dafür Vermögenssteuer (ca. 60 000,- ) zahlen? Antwort vom Schelling, nein, würde ich nicht, aber so wie ich es damals gemacht habe, würde ich das jetzt nicht mehr machen, die Optik ist halt ein bisschen schlecht! 1 Jahr später findet er, dass das ALG zu hoch ist! Paahhhh" (ks)



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