Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer – Unicef: Schmuggler schossen vor Katastrophe auf Flüchtlinge

Eine Frau sieht ihre Kinder vor sich ertrinken. Andere Migranten erreichen Italien nur im Koma. Eine neue Flüchtlingskatastrophe offenbart, dass die Schlepper keine Gnade kennen.
Titelbild
Flüchtlinge und Migranten überqueren mit dem Boot von der Türkei kommend die Ägäis.Foto: ARIS MESSINIS / AFP / Getty Images
Epoch Times5. November 2016

Vor der Katastrophe mit wahrscheinlich fast 240 Toten im Mittelmeer haben Schleuser nach UN-Angaben auf Flüchtlinge geschossen, damit sie an Bord gehen.

Das Kinderhilfswerk Unicef teilte mit, Augenzeugen hätten berichtete, dass sie nicht auf das Schiff gehen wollten, weil es ihnen unsicher erschienen sei. „Aber die Schmuggler schossen auf sie und zwangen sie, zu gehen“, sagte Helena Rodriguez vom UN-Kinderhilfswerks Unicef.

Am Donnerstag war bekannt geworden, dass nach dem Kentern mehrerer Flüchtlingsboote wenige Kilometer vor der libyschen Küste mindestens 239 Menschen vermisst werden.

Der Ministerpräsident von Malta, Joseph Muscat, beklagte eine zunehmende Abgestumpftheit der EU-Staaten angesichts der Flüchtlingsdramen. „Diese Tragödie ereignete sich nur wenige Kilometer von Malta entfernt, und es wird nicht die letzte sein“, warnte er.

Eine Frau aus Libyen habe ihren zwei Jahre alten Sohn, ihre 13-jährige Tochter und ihren 21 Jahre alten Bruder verloren, sagte Rodriguez, die auf der italienischen Insel Lampedusa bei der Ankunft der Überlebenden dabei war. „Die Tragödie hat die junge Frau in einen Schockzustand versetzt, nachdem ihre Kinder und ihr Bruder vor ihren Augen ertrunken waren.“ Obwohl sie den Schmugglern 2400 Dollar bezahlt habe, wollte sie zusammen mit anderen aus Angst nicht auf die seeuntüchtigen Boote.

Die Überlebenden seien in einem schrecklichen Zustand gewesen, als sie auf Lampedusa angekommen seien, einige waren im Koma andere hätten schwere Verbrennungen erlitten, weil sie dem Treibstoff ausgesetzt waren. „Es ist eine grauenhafte Situation hier“, sagte Rodriguez der Mitteilung zufolge.

Bei der Flucht über das Mittelmeer sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in diesem Jahr bereits 4220 Menschen umgekommen und damit weit mehr als 2015. Bis Anfang November seien 725 Todesfälle mehr registriert worden als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, teilte die mit den UN verbundene Organisation in Genf mit.

Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) erklärte, obwohl mittlerweile weniger Menschen auf dem gefährlichen Weg über das Mittelmeer fliehen würden, kämen dabei mehr denn je ums Leben. Die Experten führen das darauf zurück, dass Menschenschmuggler vor allem von der Küste Libyens aus immer öfter seeuntüchtige und zudem überladene Boote einsetzen.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen appellierte an Brüssel, Berlin und andere EU-Länder: „Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten können nicht weiter zuschauen und Komplizen sein. Sie müssen ihre Politik gegenüber Flüchtlingen und Migranten, die an ihren Grenzen ankommen, ändern.“ Statt Abschreckungsmaßnahmen und Abkommen zur Grenzsicherung sollte Europa mehr in Aufnahmekapazitäten nach EU-Standards investieren. „Europa muss das Recht der Menschen auf Zugang zum Asylrecht respektieren und dringend legale und sichere Fluchtwege schaffen.“

Italien ist das Land, an dessen Küsten derzeit besonders viele Menschen ankommen. Von Januar bis Oktober waren es fast 160 000 – 13 Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum, wie der IOM-Sprecher für Italien, Flavio Di Giacomo, sagte. Allein im Oktober seien fast 28 000 Migranten angekommen. Das sei für diese Jahreszeit ungewöhnlich. Nach Aussagen von Flüchtlingen treiben die Schmuggler die Menschen an Bord mit dem Argument, dass sie sonst von der libyschen Küstenwache aufgehalten würden, die bald mit ihren Patrouillen beginnen solle.

Papst Franziskus forderte mehr Solidarität mit Flüchtlingen und den Ländern, die sie aufnehmen. „Kann ein Land alleine die Probleme der Migration stemmen? Wir müssen von der Gleichgültigkeit wegkommen und der Angst davor, den anderen anzuerkennen“, sagte er in einer Videobotschaft. (dpa)



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