Frankreich: Streik der Zugbegleiter legt 40 Prozent der TGV-Flotte lahm

Keine Gewerkschaften, sondern Social-Media-Gruppen stehen hinter dem Streik der Zugbegleiter in Frankreich. Hunderte Züge fallen über Weihnachten aus.
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Stehende Züge in einem Bahnhof in Paris: In Frankreich stoppen Streiks erneut den Bahnverkehr.Foto: Yoan Valat/Archiv/dpa
Von 24. Dezember 2022

In Frankreich überschattet ein Streik der Zugbegleiter das bevorstehende Weihnachtswochenende. Hinter dem Ausstand stehen keine regulären Gewerkschaften, sondern Zugbegleiter, die sich abseits davon in privaten Gruppen auf Facebook und WhatsApp organisiert hatten. Betroffen sind vor allem die TGV-Verbindungen der staatlichen Eisenbahngesellschaft SNCF.

Einige Strecken bleiben weitgehend vom Streik verschont

Wie „France24“ berichtet, werden am 24. und 25. Dezember voraussichtlich zwei der fünf Schnellzüge gestrichen. Dabei sollen vor allem die Südost- und die Ostachse des französischen Verkehrsnetzes betroffen sein. Demgegenüber werden am Freitag (23.12.) zwei von drei TGV-Zügen auf der Nord- und Atlantikachse fahren.

Auch drei von vier Schnellzügen im Osten werden programmgemäß starten sowie die Hälfte der TGVs auf der Nordachse. Die Verbindung Paris-Lille soll vom Streik weitgehend verschont bleiben.

Laut SNCF soll es für jeden betroffenen Bahnfahrer eine Entschädigung in Höhe des doppelten Ticketpreises geben – unabhängig vom Antritt der Reise. Diese werde in Form eines Gutscheins übermittelt. Dennoch rechnet man damit, dass 200.000 von 800.000 Ticketbesitzern ihre geplanten Bahnreisen an Weihnachten nicht antreten können.

Zugbegleiter werfen Gewerkschaften mangelnde Entschlossenheit vor

Es ist nicht der erste Streik, der die Festtage in Frankreich beeinträchtigt. Im Jahr 2019 hatte es Proteste gegen die Rentenreform gegeben. Zwei Jahre später kam es zu Ausständen an der Südostachse. Vor einem Jahr ging die SNCF erstmals zur Entschädigung in Höhe des doppelten Betrages über.

Die Bahngesellschaft bemüht sich seit November um einen Dialog mit den Zugbegleitern, die sich in einer nationalen Facebook-Gruppe zusammengeschlossen hatten. Diese zählt mittlerweile bereits mehr als 3.500 und damit etwa ein Drittel aller Zugbegleiter des Landes.

Es geht den Beschäftigten zum einen um eine Lohnerhöhung – angesichts der Inflation sind ihnen zusätzliche 5,7 Prozent für 2022 und 5,9 Prozent für 2023, die von der SNCF angeboten werden, zu wenig. Die Geschäftsführung hatte zudem einen zusätzlichen jährlichen „Arbeitsbonus“ von 600 Euro ab 2024 und eine zusätzliche Zulage von 600 Euro angeboten.

Außerdem kündigte die SNCF „starke ergänzende Maßnahmen zugunsten der Anerkennung des Berufs des Skippers, der Schaffung von Positionen und des Fortschritts ihrer Karriere“ an. Die Gewerkschaften Unsa-Ferroviaire, die CGT-Cheminots und SUD-Rail erachten dies als ausreichend und rufen für Freitag zu einem „Ja“ hinsichtlich einer Vereinbarung auf. Die unabhängigen Zugbegleiter wollen jedoch streiken.

Macron äußert Unverständnis über den Streik

In der Regierung überwiegt das Unverständnis bezüglich der Arbeitskampfmaßnahmen. Verkehrsminister Clément Beaune erklärte am Donnerstag gegenüber „FranceInfo“:

Ich denke, dieser Streik kann nicht gerechtfertigt werden, und dieser Streik wird von den Franzosen nicht verstanden.“

Der Streik werde die SNCF „wahrscheinlich Hunderte Millionen Euro kosten“. Allerdings sei es der Regierung nicht möglich, kurzfristig Ersatzpersonal zu finden.

Wirtschaftsminister Bruno Le Maire forderte von der Leitung der SNCF eine Lösung „in den kommenden Stunden“. Sie müsse „Mittel und Wege finden, um aus diesem Konflikt herauszukommen“. SNCF-Chef Jean-Pierre Farandou sagte, er verstehe diesen „untypischen“ Streik nicht: „So etwas hat es noch nie gegeben.“

Präsident Emmanuel Macron hat am Mittwoch beim Ministerrat seinen Unmut über die Kampfmaßnahmen geäußert. Dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ zufolge beklagte er das „völlige Fehlen von Empathie, Solidarität und Brüderlichkeit“ der Zugbegleiter. Er forderte Lösungen für die betroffenen Reisenden. Offen bleibt, ob auch am Neujahrswochenende gestreikt wird.



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