Gegen „widrige Mächte“: Cohn-Bendit und Leggewie wollen Deutschland und Frankreich vereinigen

„Frankland“ oder „Deutschreich“ voraus? In einem Kommentar für die FAZ fordern Grünen-MdEP Daniel Cohn-Bendit und Politologe Claus Leggewie, Deutschland und Frankreich zu einer gemeinsamen Föderation zu vereinen. So könne sich Europa gegen „widrige Mächte“ behaupten.
Titelbild
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel tauschen den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag während der Unterzeichnungszeremonie am 22. Januar 2019 im Rathaus von Aachen aus.Foto: LUDOVIC MARIN/AFP über Getty Images
Von 10. September 2020

Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit und Politologe Claus Leggewie sehen Europa und seine Werte von feindseligen Akteuren im Ausland und Saboteuren im Inneren bedroht. Um diesem Zustand gegenzusteuern, fordern sie in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) einen „großen Sprung“ – der darin bestehen solle, Deutschland und Frankreich zu einem gemeinsamen Staat zusammenzufassen.

USA, Russland und China gleichermaßen „widrige Mächte“

In ihrem gemeinsamen Beitrag erheben die Autoren schwere Vorwürfe gegen Teile der EU, die offenbar bewusst nicht die Benevolenz hinter den europäischen Integrationsbemühungen von Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel erkennen wollen. Namentlich greifen sie die „Sparfüchse der Frugal Five“, die „Nationalisten der Visegrád Four“ und den „schuldenbeladenen Club Med“ heraus, deren gemeinsamer Nenner der Argwohn gegenüber dem deutsch-französischen Ordnungs- und Gestaltungsauftrag wäre.

Aber auch aus dem Ausland droht Ungemach: Europa könne seine Prinzipien kaum noch gegen „widrige Mächte in Amerika, Russland und China“ behaupten – eine Darstellung, die im Grunde eine Gleichsetzung der freiheitlichen USA mit dem autoritär regierten Russland und dem totalitären Regime der KP Chinas zum Ausdruck bringt und zugleich eine Äquidistanz beschreibt.

Angesichts einer solchen vermeintlichen Bedrohungssituation wäre es „verhängnisvoll, die Unterschiede zwischen den französischen und deutschen Interessen zu betonen“, auch wenn die Corona-Krise in den Grenzregionen wieder für bilaterale Unwägbarkeiten gesorgt haben möge. Eine „weitere Renationalisierung“, so Leggewie und Cohn-Bendit, „ginge vor allem auf Kosten Frankreichs und Deutschlands“.

Straßburg als Hauptstadt, Staatsoberhaupt weiterhin direkt zu wählen?

Dabei gäbe es Grund zur Zuversicht: So könne man die Vereinbarungen zwischen Macron und Merkel im Zusammenhang mit dem Vertrag von Aachen im Vorjahr und die jüngste gemeinsame Initiative für ein EU-weites Corona-Paket als erste Schritte hin zu einer „stufenweisen deutsch-französischen Föderation“ betrachten.

Ein solcher „Staatenbund“ neuer Art sei schon von Kanzler Adenauer und General de Gaulle und später von Gerhard Schröder und dem damaligen französischen Staatschef Jacques Chirac ins Spiel gebracht worden. Und wo „1955 oder 1970 noch zwei ganz verschiedene Welten waren, sind Franzosen und Deutsche heute eng zusammengerückt, ohne uniform geworden zu sein“. Die Sprachbarriere zwischen beiden Ländern sei „kein Hinderungsgrund, sondern eine interessante semantische Gegebenheit“.

Viele weitere grundlegende Fragen um Feinheiten, die mit einem solchen Zusammenschluss verbunden wären, sprechen die Autoren nicht an: Soll es eine neue Hauptstadt – beispielsweise Straßburg – geben, die an die Stelle von Paris und Berlin rücken soll, inklusive Umzugsmodalitäten? Soll das Staatsoberhaupt einer solchen Föderation direkt gewählt werden und das Parlament mit Mehrheitswahlrecht – wie in Frankreich – oder soll es eine gemeinsame „Bundesversammlung“ geben? Soll als Kompromiss zwischen Nationalfeiertagen mit Militärparade einerseits und solchen ohne jedwede Nationalfahne andererseits ein „Europatag“ an deren Stelle treten?

Weniger Schüler in Deutschland lernen Französisch

Cohn-Bendit und Leggewie verweisen auf „viele Elemente, die für eine bundesstaatliche Föderation erforderlich“ seien und die jetzt schon bestünden. Dies seien nicht nur bildungs- und kulturpolitischer Initiativen wie der Jugendaustausch, sondern „längst auch ‚harte‘ Agenden der Sicherheits- und Wirtschaftspolitik“. Ein Fundament sei auch „die Dichte der Inter- und Transaktionen zwischen Franzosen und Deutschen in der Arbeitswelt, in der Freizeit und in den kulturellen Diskursen“.

Das Statistische Bundesamt hingegen weist eine abnehmende Anzahl an Schülern an allgemeinbildenden Schulen aus, die Französisch als Fremdsprache lernen. Demgegenüber gewinne Spanisch deutlich an Terrain.

Dass Frankreich einen extrem zentralistischen Staatsaufbau aufweist, der nicht mit der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes konformginge, betrachten Cohn-Bendit und Leggewie ebenfalls als Quantité négliable. Immerhin wüchsen mittlerweile auch in Deutschland die Bundeskompetenzen. Außerdem stünden Überlegungen dieser Art längst im Schatten größerer gesellschaftlicher Probleme:

Wir erfahren täglich, dass die zwischenstaatlichen Unterschiede kaum größer sind als die innergesellschaftlichen. Überwölbt werden sie durch ökologische und Gesundheitsrisiken; Vorkehrungen für den Klima- und Artenschutz sind ohnehin nur grenzüberschreitend lösbar.“

Cohn-Bendit, Leggewie: „Vor uns muss keiner Angst haben“

In Europa brauche „niemand mehr Angst zu haben vor einer Zusammenballung von 150 Millionen Doppelstaatsbürgern“ – es zählten „weniger Bruttoinlandsprodukt und Truppenstärke als die Zukunftsfähigkeit, die eine gemeinsame Nachhaltigkeitspolitik sichert“.

Eine deutsch-französische Föderation wäre nicht nur der „Schlussstein der seit 1945 entwickelten Freundschaft“, sondern auch eine „Kur für die Europäische Union, die dringend frischen Wind braucht“.

Cohn-Bendit und Leggewie zeigen sich überzeugt, dass ein französisch-deutscher Zusammenschluss auch den Rest Europas dazu motivieren werde, dessen Nähe zu suchen:

Wir gehen die Wette ein, dass die beschriebenen Fliehkräfte durch diese Sammlung der Kräfte gebremst und umgedreht werden.“

Großstaat aus Deutschland und Frankreich könnte Clusterbildung vorantreiben

Eine Studie des European Council on Foreign Relations (ECFR) aus dem Vorjahr zeigt hingegen, dass viele Europäer die Dinge anders sehen: Eine Mehrheit der 60.000 Befragten aus 14 Ländern, sogar 58 Prozent der Franzosen, sind davon überzeugt, dass die Europäische Union in den kommenden zehn bis zwanzig Jahren auseinanderfallen werde.

Auch mehrere US-amerikanische Think-Tanks halten es für möglich, dass perspektivisch regionale Cluster ähnlich gesinnter Staaten an die Stelle einer integrierten EU treten würden. Ein solches könnte beispielsweise die skandinavischen und die Benelux-Länder umfassen, die beispielsweise sicherheitspolitisch den Kurs der USA bezüglich der Anpassung der NATO-Verteidigungshaushalte unterstützen.

Weitere Zusammenschlüsse könnten in Südeuropa, auf dem Balkan oder in Osteuropa entstehen, wo bereits jetzt Staaten von der Ostseeküste bis zum Mittelmeer gemeinsam mit den USA am Ausbau der Drei-Meere-Initiative (3SI) als Infrastrukturprojekt arbeiten. Auch Österreich ist mit von der Partie. Vor allem unter osteuropäischen Souveränisten ist die Idee populär, die 3SI zu einem politischen und militärischen Bündnis in enger Kooperation mit den USA auszubauen – und am Ende die Idee vom Intermarium wiederzubeleben.



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