Germanwings Blackbox gefunden – erfahrene Pilotin hatte schon vorher 11 konkrete Vorschläge für die Sicherheit

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In dieser unzugänglichen Bergregion wurde 10 Tage nach dem Absturz die Blackbox von Germanwings Flug 4U9525 gefundenFoto: Getty Images
Epoch Times2. April 2015

Ein Flugzeug der Germanwings geht aus unerklärlichen Gründen am 24. März  in den südfranzösischen Alpen in den Sinkflug, verschwindet bei einer Flughöhe von 2000 Metern vom Radar und rast dann in der Nähe des Ortes Seyne-les-Alpes im Gebirgsmassiv von Estrop gegen eine Felswand. 150 Menschen sterben dabei, alle Fluggäste und die Crew.

Was sich seither in den Medien und in den sozialen Netzwerken abspielt an Verdächtigungen und Schuldzuweisungen, Hypothesen und Widerreden, aber auch an Versuchen der Klärung, ist wohl beispiellos. Es ist sicherlich dem Schockzustand zuzuschreiben wie auch der Gier, als Erste mit Neuigkeiten herauszukommen, seien sie auch noch so abstrus.

Blackbox gefunden – wird es noch mehr Konfusion geben?

Heute wurde die eigentliche Blackbox mit den Flugdaten gefunden, wobei man nur hoffen kann, dass ihr Inhalt noch verwertbar ist und dass die Daten nicht zu europäisch nächtlicher Stunde zuerst ihren Weg in die New York Times finden. Viele Merkwürdigkeiten dieser Art umgeben die Ermittlungen und konfusen Informationen in diesem Fall. Gab es z.B. einen Hilferuf aus dem Cockpit, wie zunächst berichtet, oder nicht? Gab es mehrere Überflüge von drei Mirage Kampfjets zur Zeit des Absturzes oder nicht? Und warum wird das ganze vermeintliche Leben des Copiloten vor uns ausgebreitet, bevor der Flugschreiber in seiner Blackbox gefunden wurde?

Zu den Plänen, und auch schon ausgeführten Neuerungen, was die Anwesenheit von zwei Personen im Cockpit betrifft,  fragen inzwischen viele, wie durchdacht das ist. 

Elf Vorschläge zum Nachdenken

In einem Artikel in den Deutschen Wirtschafts Nachrichten mahnt die Journalistin und Pilotin Helga Kleisny heute in bemerkenswerter Klarheit in 11 Punkten zu mehr Besonnenheit. Sie ist diplomierte Physikerin, Fallschirmspringerin und freie Luft- und Raumfahrtjournalistin.

Zunächst startet sie jedoch ein Rechenexempel. „Es gibt im Lufthansakonzern ohne Cargo rund 5.000 Piloten und knapp 18.000 Flugbegleiter bei der Lufthansa Passage. Die Chance, dass also unter vielen normalen Menschen einer austickt, ist rein rechnerisch bei viermal so vielen Flugbegleitern wie Piloten auch knapp viermal so hoch.“ Klare Ansage, jeder kann in einem Cockpit Unheil anrichten. Muss das erst passieren, fragt sie, dass man begreift, dass Flugbegleiter im Cockpit keine zusätzliche Sicherheit bieten?

Sie handelt dann 1. die Unsicherheit psychiatrischer Gutachten ab, erwähnt 2., dass wohl keiner in der Haut eines Psychologen stecken möchte, der einem jungen Menschen mit unsicherer Diagnose den Weg in seinen Traumberuf versperren müsste, und sie hält 3. intelligente Bewerber, die Übles planen, für fähig, auch Gutachten und eigene Handlungsweisen zu faken.

Unter Punkt 4 und 5 greift sie die bisherigen nie genauer überprüften Sicherheitsmaßnahmen an, von Wasserfläschchen, ausgezogenen Schuhen und bis zu sogar den Piloten abgenommenen Nagelfeilen. 6. geht es um Depressionen, die als Krankheit allein nicht zu solchen Taten führen, wie sie hier vermeintlich vorliegen. 7. verführen zwangsweise durchgeführte medizinische Checks eher zu Täuschungsmanövern, wenn die Piloten nicht beruflich abgesichert werden.

Unter 8. bezweifelt sie allerdings realistisch, dass so etwas überhaupt erwogen werde. „Wahrscheinlicher ist, dass die Piloten nun zusätzlich in der Öffentlichkeit herabgesetzt und ihre Leistung selbst bei ständigem Volleinsatz nicht mehr respektiert wird. Und das in einer Situation, in der Piloten von ihren Fluggesellschaften sowieso schon geknechtet und geknebelt werden.“

Unter 9. schreibt Helga Kleisny: „Die seit 9/11 eingesetzte Tür ist grundsätzlich zu hinterfragen. Und eine Person alleine mit dem zweiten Piloten im Cockpit zu lassen, die ihnen meist nur kurz beim fünfminütigen Eingangsbriefing vorgestellt wurde, birgt nur weitere mögliche Horrorszenarien.“ Sie weist darauf hin, dass  Cockpitpersonal (also Piloten und Ingenieure)  psychologisch und allgemein wesentlich genauer untersucht wird, bevor es an seinen Arbeitsplatz kommt, als die Kurz-Zeitarbeiter im Bereich der Flugbegleiter.

Unter 10. fordert sie ALLE bisherigen Maßnahmen gegen Terror zu überprüfen, „anstatt immer wieder nur etwas Neues auf etwas zu setzen, das nicht funktioniert hat.“

Als Pilotin, die es wissen muss, geht sie 11. ausführlich auf die Vorschläge in der EMMA ein, die im Netz heiß diskutiert werden: Mehr Frauen ins Cockpit. Helga Kleisny sagt dazu, dass es an den Frauen selbst liege, wenn sie nicht fliegen: „Gerade beim Lufthansakonzern wird keine Frau im Cockpit oder auf dem Weg dahin vernachlässigt. Eher gefördert durch vorbildliche Maßnahmen für Teilzeitarbeit, wenn sie Kinder hat, und auch für den Partner, falls der ebenso fliegt. Ebenso gibt es Kinderbetreuung, denn Pilotinnen fliegen auch etwa an Ostern, wo alle ‚normalen‘ Kinderbetreuungsstätten geschlossen sind.“      

Helga Kleisny publiziert qualifiziert regelmäßig zu Themen der Luftfahrt auf ihrem Blog.

(rls)



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