Griechenland vor Neuwahlen – Gläubiger: Ohne Festhalten am Reformkurs keine Kredite

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Tsipras will seine Macht festigen; die Geldgeber wollen, dass der Reformkurs fortgesetzt wird.Foto: Simela Pantzartzi/dpa
Epoch Times21. August 2015
Nach dem Rücktritt des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras warnen führende Politiker den Sozialisten davor, nach den angestrebten Neuwahlen den zugesagten Reformkurs zu verlassen.

Die Chefin der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, betonte, auch eine neue Regierung müsse alle Vereinbarungen mit den Geldgebern einhalten. „Andernfalls werden die Kredite nicht ausbezahlt.“ An der engmaschigen Kontrolle ändere sich nichts. Der Chef der EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU) sagte der „Bild“-Zeitung, alle Verträge seien selbstverständlich auch nach Neuwahlen gültig.

Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos hatte das Rücktrittsgesuch von Tsipras am Donnerstagabend angenommen. Wahrscheinlicher Wahltermin ist der 20. September, wie Regierungskreise mitteilten. Tsipras hat seit Januar in einer Koalition mit der rechtspopulistischen Anel-Partei die Regierung geführt.

Gemäß der Verfassung übernimmt nun eine Interimsregierung unter Leitung eines der höchsten Richter die Amtsgeschäfte bis zu den Wahlen. Pavlopoulos erteilte zudem dem Chef der zweitstärksten Fraktion im Parlament, der konservativen Nea Dimokratia (ND), ein Sondierungsmandat zur Bildung einer neuen Regierung – was als wenig aussichtsreich gilt.

Tsipras strebt bei den Neuwahlen nach eigenen Worten ein neues, „starkes“ Regierungsmandat an: Jetzt, wo das neue milliardenschwere Hilfspaket unter Dach und Fach sei, wolle er gestärkt mit den internationalen Geldgebern über eine Umstrukturierung des Schuldenbergs verhandeln.

Die Eurostaaten hatten monatelang über die neuen Griechenland-Hilfen gestritten. Im Juli war dabei auch ein zeitweiliger Austritt Griechenlands aus der Eurozone debattiert worden.

Mit der vorgezogenen Wahl verfolgt Tsipras aus Sicht von Beobachtern auch das Ziel, mit den rund 40 linken Abweichlern in seiner Syriza-Fraktion abzurechnen, die sich bei Parlamentsabstimmungen über Spar- und Reformauflagen mehrfach gegen seinen Kurs gestellt hatten.

Der linke Syriza-Flügel entscheidet heute, wie er auf den Rücktritt von Tsipras und dessen Streben nach Neuwahlen reagiert. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen des linken Syriza-Flügels erfuhr, gibt es ernsthafte Überlegungen, eine eigene Partei als „Front gegen die Sparpolitik“ zu gründen. Diese Bewegung werde sich als politischer Arm der fast 62 Prozent der Griechen verstehen, die beim Referendum über das Sparprogramm am 5. Juli mit „Nein“ gestimmt hatten.

Erst am Donnerstag hatte Griechenland die ersten 13 Milliarden Euro aus dem dritten Hilfsprogramm der Euro-Partner erhalten und damit Schulden in Höhe von 3,4 Milliarden Euro bei der Europäischen Zentralbank (EZB) beglichen. Das Gesamtvolumen des Pakets beträgt bis 86 Milliarden Euro

FDP-Chef Christian Lindner sagte, die innenpolitische Situation in Griechenland sei fragiler als von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Bundesregierung kalkuliert. „Wer weiß, ob sich eine nächste Regierung in Athen an die Zusagen der alten erinnert. Wenn Europa dennoch Geld überweist, ist die Währungsunion in der Liga des politischen Glücksspiels angekommen.“

(dpa)

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