Bislang die zweitniedrigste Wahlbeteiligung
Hongkong: Wahl nur für „Patrioten“ - Beteiligung niedrig
Am Sonntag wird in Hongkong das neue Stadtparlament gewählt. Als Kandidaten sind nur zuvor geprüfte „Patrioten“ zugelassen - Die Behörden verzeichneten mit 31,9 Prozent die bislang zweitniedrigste Wahlbeteiligung.

Polizeibeamte stehen Wache, während einer Wahlkampfveranstaltung.
Foto: Chan Long Hei/AP/dpa
Die Wahl zum Hongkonger Stadtparlament hat eineinhalb Wochen nach der verheerenden Brandkatastrophe in einem Wohnkomplex nur wenige Wähler an die Urnen gelockt: Die Behörden verzeichneten mit 31,9 Prozent die zweitniedrigste Wahlbeteiligung in der Geschichte Hongkongs, wie die Wahlkommission in der Nacht zum Montag (Ortszeit) mitteilte.
Nur zuvor geprüfte „Patrioten“ als Kandidaten
Nur 1,3 Millionen von 4,1 Millionen registrierten Wählern des chinesischen Sonderverwaltungsgebiets gaben demnach ihre Stimme ab. Als Kandidaten zugelassen waren nur zuvor überprüfte „Patrioten“.
Kritik am Umgang der Behörden mit der Brandkatastrophe Ende November, bei der mehr als 150 Menschen ums Leben kamen, war in den vergangenen Tagen massiv unterdrückt worden.
Am Wahltag hatte Hongkongs Regierungschef John Lee die Bevölkerung nachdrücklich aufgefordert, auch mit Blick auf die Brandkatastrophe zur Wahl zu gehen. Jede Stimme sei „eine Stimme für Reformen und zum Schutz derjenigen, die von der Katastrophe betroffen sind“, sagte Lee nach seiner Stimmabgabe am Sonntag vor Journalisten.
Der Regierungschef hatte zuvor eine von Richtern geleitete „unabhängige Kommission“ angekündigt, die den Brand untersuchen soll. Kritik an Regierung und Behörden im Zusammenhang mit der Brandkatastrophe wurde massiv unterdrückt, unter anderem durch die Festnahme von Aktivisten, die Aufklärung über die Sicherheitsmängel an den in Brand geratenen Hochhäusern forderten.
Die chinesische Sicherheitsbehörde in Hongkong hatte am Samstag Vertreter internationaler Medien einbestellt und gewarnt, bei ihrer Berichterstattung über die Brandkatastrophe und über die Wahl „die juristische rote Linie nicht zu überschreiten“.
Blumensträuße und Briefe werden weggeräumt
In einem Park in der Nähe der ausgebrannten Wohntürme, der sich seit dem Unglück vor anderthalb Wochen zu einer Gedenkstätte entwickelt hatte, räumten Straßenkehrer am Sonntagabend tausende Blumensträuße und Briefe weg, die trauernde Menschen dort im Gedenken an die mehr als 150 Todesopfer niedergelegt hatten.
Ein Polizist vor Ort sagte der Nachrichtenagentur AFP, der Park solle wieder in seinen „normalen“ Zustand versetzt werden.
Peking hat 2021 das Wahlrecht für Hongkong geändert
Als Reaktion auf pro-demokratische Massenproteste in der Metropole hatte die chinesische Führung vor vier Jahren das Wahlrecht für Hongkong geändert. Damit soll sichergestellt werden, dass nur „Patrioten“ bei Wahlen antreten können.
Direkt gewählt konnten zudem nur 20 von 90 Abgeordneten. 161 von der Regierung geprüfte Kandidaten stellten sich zur Wahl. Die beiden größten pro-demokratischen Parteien waren darunter nicht vertreten.
Die Sonderverwaltungszone Hongkong galt bis vor wenigen Jahren als Bastion der Meinungsfreiheit in China. Seit Peking im Jahr 2020 das sogenannte Nationale Sicherheitsgesetz erließ, gehen die Behörden jedoch massiv gegen pro-demokratische Aktivisten und andere Peking-kritische Stimmen vor.
Bei der ersten Wahl nach dem neuen „Patrioten“-System im Dezember 2021 war die Wahlbeteiligung mit 30,2 Prozent so niedrig wie nie zuvor. Vor der zweiten Wahlrunde am Sonntag hatte die Stadtverwaltung massive Wahlwerbung betrieben, um für eine hohe Beteiligung zu sorgen. Eine offizielle Wahlpflicht bestand nicht. (afp/red)
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.
0
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.







