Impfpflicht in Österreich auf tönernen Füßen

Nach dem Beschluss der allgemeinen Impflicht in der vergangenen Woche steht die österreichische Bundesregierung immer stärker in der Kritik. Fragen werfen neben der juristischen Verhältnismäßigkeit vor allem die mögliche Verwendung falscher Zahlen durch Bundeskanzler Nehammer auf.
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Österreichische Abgeordnete bei der Abstimmung über die Impfpflicht im Nationalrat am 20. Januar 2022 in Wien.Foto: ROLAND SCHLAGER/APA/AFP via Getty Images
Von 1. Februar 2022
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Genau am 19. Januar und damit einen Tag vor der Abstimmung für die Impfpflicht, meldete das österreichische Gesundheitsministerium mit 27.677 Neuinfektionen die höchsten jemals in der Alpenrepublik innerhalb von 24 Stunden gemeldeten Neuinfektionszahlen.

„Die Pandemie ist nicht vorbei“, mahnte der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer im Ministerrat. Knapp 30.000 Neuinfektionen seien fast 80 Prozent mehr als am Dienstag und auch für einen Mittwoch ein einsamer Rekord“, betonte Nehammer. „Das ist eine Hochschätzung“, gestand Nehammer zwar ein. Er gehe aber „auf jeden Fall“ von einer deutlichen Erhöhung zum Vergleichszeitraum aus.

Ein Statistiker rechnete nach

Geht es nach Steffen Löhnitz, lag diese Hochschätzung außerhalb jeglicher Toleranzgrenzen. „Wenn Sie von 80 Prozent mehr Neuinfektionen als Dienstag sprechen, dann belügen Sie sowohl das Volk als auch die Abgeordneten im Nationalrat“, wettert der Statistiker. Tatsächlich habe die Steigerung von Dienstag auf Mittwoch minus zwölf Prozent betragen. „Tatsächlich fand eine Reduzierung statt – das ist eine Differenz von 92 Prozent zuungunsten Ihrer Aussage“, so der gebürtige Sachse, der in Österreich als Initiator des „Volksbegehrens zur Erhebung der Erkrankten an Covid-19“ bekannt wurde.

„Herr Nehammer, welche Ziele verfolgen Sie? Erkennbar wollten Sie im Vorfeld der Abstimmung zum Impfzwang Alarm machen und Dramatik verbreiten“, schrieb Löhnitz in einem Brief an die Abgeordneten des Nationalrats, „es ist Ihnen scheinbar gelungen, denn die Abstimmung ging so aus, wie Sie es gewollt haben“.

„Eine Landesregierung, die im Zusammenwirken mit der Bundesregierung die Fallzahlen fälscht, um die aktuellen Ziele ihrer Politik, konkret den Lockdown 11/12-2021 in Österreich und Vorarlberg zu rechtfertigen, nehme ich als vergleichbar mit Aktivitäten einer kriminellen Organisation wahr“, unterstreicht Löhnitz – und fragt sich, ob die Impfpflicht auf dieser Datenbasis zulässig ist.

Massiver Verstoß gegen die Grundrechte der Europäischen Union

„Eine zeitlich so platzierte, gezielte Falschinformation kann kein Zufall sein“, glaubt der Vorarlberger, „zumal einem Bundeskanzler, einem Vizekanzler und auch einem Prognosekonsortium die Bedeutung Ihrer Aussagen sehr wohl bewusst sein sollten.“

Grund genug für ihn, den Sachverhalt bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und dem Bundespräsidenten anhängig zu machen. Laut der Gesetzeslage des Landes sei Van der Bellen berechtigt, die Bundesregierung umgehend zu entlassen. Er solle diese Möglichkeit nutzen, fordert der Diplomingenieur. Die Corona-Zahlen, auf denen alles basiere, seien unrichtig, so Löhnitz‘ Anwalt Manuel Dietrich. Dies sei „möglicherweise auch strafrechtlich relevant“.

Die niederländische Anwaltskanzlei Maes Law geht noch weiter und erwägt offenbar, die Europäische Kommission und/oder den Europarat dazu aufzufordern, Maßnahmen zu ergreifen, „um Österreich als Mitglied der Europäischen Union sofort zu suspendieren. Wenn tatsächlich eine Impfpflicht eingeführt wird, dann hat ein Land wie Österreich mit einer Regierung wie der Ihren keinen Platz in der EU“, schrieben die Anwälte einen Tag vor Einführung der Impfpflicht am 20. Januar an Bundeskanzler Nehammer.

Österreich sei im Begriff, einen massiven Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 Eingangssatz und unter der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu begehen. „Was Österreich im Begriff ist zu tun, steht in diametralem Gegensatz zu all diesen Werten und führt zu einer Verletzung der grundlegendsten Menschenrechte, die u.a. in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und in der Charta der Grundrechte der EU verankert sind“, schrieb Maes Law-Partner Baer Maes.

„Das entspricht einem Formel-1-Rennen im dichtesten Nebel“

Scharfe Kritik am Gesundheitsministerium übt auch der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker. „Ich habe heute den mit Abstand schlechtesten aktuellen Überblick über die Situation in der Bundeshauptstadt seit Beginn der Pandemie“, polterte der SPÖ-Politiker in einem Brief an Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne).

Stein des Anstoßes waren Ausfälle im elektronischen Meldesystem (EMS), verbunden mit der Datenweitergabe vom Bund an die Länder. Gesundheitsstadtrat Hacker sieht darin ein Sicherheitsrisiko, weil keine Übergaben von Covid-19-Positiven in ein anderes Bundesland erfolgen könnten. Man werde von der Regierung „in der Luft hängen gelassen“, zudem würden Falschmeldungen über das reibungslose Funktionieren des EMS verbreitet, zürnte Hacker.

„Dass ein solches Chaos nach zwei Jahren Pandemie noch immer stattfindet, kann nur mehr als Stümperei und Dilettantismus bezeichnet werden“, legte der FPÖ-Gesundheitssprecher und Vorsitzende des parlamentarischen Gesundheitsausschusses, Gerhard Kaniak nach. Somit sei auch schnell erklärt, dass ein Contact-Tracing der Infektionsquellen schon rein technisch nicht mehr funktionieren könne. „Einen Impfzwang mit der aktuellen Datenlage durchzuboxen, ist nicht nur unredlich, sondern auch fahrlässig. Das entspricht einem Formel-1-Rennen im dichtesten Nebel“, betonte der FPÖ-Gesundheitssprecher.

Kickl spricht vom „Gesundheitskommunismus“

FPÖ-Chef Herbert Kickl bezeichnete den Gesetzesbeschluss zur Einführung der Impfpflicht als „gigantischen Anschlag auf die Freiheit der Menschen in Österreich, ein Attentat auf die Menschenwürde der Bevölkerung.“ Mit der Einführung des Impfzwanges würden Millionen Österreicher willkürlich „downgegradet“ und zu Befehlsempfängern der Regierung degradiert.

Dem Totalitarismus würde so der Weg bereitet – geradewegs in den Gesundheitskommunismus. Kickl: „Es ist der Treppenwitz der Geschichte, dass wir zur Bekämpfung eines chinesischen Virus nun das chinesische System einsetzen. Es zählt nur noch, was für die Masse gut ist.“

Zwar ist er sich der Minderheitsrolle der FPÖ im Parlament bewusst. Doch draußen bei den Menschen habe seine Partei „schon längst die Mehrheit“, die noch dazu täglich größer werde. „Mit diesen Menschen werden wir die Impfpflicht auf jeden Fall zum Kippen bringen“, gibt sich Kickl kämpferisch.

Tschechien und Litauen rudern zurück

Ein Blick nach Tschechien zeigt, wie schnell eine Impfpflicht rückgängig gemacht werden kann. Fast zeitgleich mit dem Parlamentsbeschluss der allgemeinen Impfpflicht in Österreich, ruderten die Verantwortlichen zurück und hoben die Impfpflicht von Senioren und bestimmten Berufsgruppen wieder auf. Unter seiner Regierung werde es keine Impfpflicht geben, versicherte der neue Ministerpräsident Petr Fiala.

Man wolle die Gräben in der Gesellschaft nicht vertiefen, bekräftigte der liberalkonservative Politiker. Die von der Vorgängerregierung unter Andrej Babis im Dezember eingeführte begrenzte Impfpflicht sollte eigentlich im März in Kraft treten. Sie sollte unter anderem für Menschen ab 60 Jahren, Polizisten, Soldaten, Feuerwehrleute sowie Mitarbeiter im Gesundheitswesen und in Pflegeheimen gelten.

Tschechien steht mit diesem Vorstoß nicht allein: Auch in Litauen lehnte das Parlament die von der Regierungsmehrheit initiierten Änderungen des Gesetzes über die Vorbeugung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten ab, mit denen eine Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen eingeführt werden sollte.

Unterdessen bessert sich die Situation in den österreichischen Krankenhäusern zusehends. Seit dem 18. Januar werden laut dem Dashboard des Epidemiologischen Meldesystem Österreichs nur rund 190 Intensivbetten für die Versorgung von Covid-19-Infizierten benötigt – 132 Betten bzw. 40 Prozent weniger als zu Jahresbeginn.



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