In den USA ist sauberes Wasser keine Selbstverständlichkeit

Titelbild
Abkühlung in einem Springbrunnen in Washington, als die Hitze ihren Höhepunkt erreichte. Zwischen den Industriezweigen droht ein heftiger Kampf um die Wasserversorgung. Nicholas Kamm/AFP/Getty Images
Von 19. Oktober 2011

Wenn die Industrie darum wetteifert, die umfangreiche Wasserressourcen der USA zu nutzen, wird diesem Thema nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Es droht jedoch ein erbitterter Verteilungskampf der mächtigen, lukrativen Energieindustrie gegen die kleinere Agrarindustrie und der quasi unbedeutenden Wasserindustrie.

Die Vereinigten Staaten gehören zu den fünf größten Nationen mit ergiebigen, regenerativen Frischwasserquellen. Aber auch hier gibt es Konfliktherde. Eine umfassende Richtlinie zur Wasserversorgung könnte Wassermangel verhindern. Konflikte zwischen den verschiedenen Industriezweigen und Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung würden dadurch nicht entstehen. Die gewohnte Auffassung, auf eine Problemlösung des Marktes zu vertrauen, könnte zu leeren Wasserleitungen und ungenießbarem Trinkwasser führen!

In einer Rezession nimmt die Sicherstellung der Wasserversorgung gegenüber einer arbeitsplatzerhaltenden Industrie nur eine untergeordnete Rolle ein. Die allgemeine Stimmung gegen die Regierung deckt sich auf gefährliche Art und Weise mit dem Widerstand der Industrie gegen Regulierungsversuche der Behörden. Bereits jetzt dringt Salzwasser in die wasserführenden Schichten entlang der Küsten der USA ein. Es gibt keinen Staat, der nicht durch Verunreinigungen mit Arsen, Schwermetallen, Strahlung, Pestiziden, Quecksilber und anderen Giften aus dem Bergbau, der Landwirtschaft oder der Industrie betroffen ist.

Die Verunreinigung des Wassers verringert die nutzbare Menge und schreckt Spekulanten ab. Privateigentum oder Anlagekonten von etwa zehn Prozent des Gesamtvermögens der USA sowie Investoren und Hedge-Fonds investieren in Unternehmen, die Wassermanagement oder -behandlung anbieten.

Wasser ist ein grundlegender Bestandteil bei der Herstellung von Nahrungsmitteln oder Energie. Das Magazin IEEE Spectrum schätzt, dass für das Aufladen eines iPhones ein halber Liter Wasser benötigt wird, der durch die Pumpen eines Kraftwerks und die Rückkühlung fließt. Für etwa 22 Kilogramm Getreide werden in Nebraska mehr als 3.000 Liter Wasser benötigt. Die hohe Verfügbarkeit an Wasser ermöglicht es den USA, der größte Nahrungsmittelexporteur und Energieverbraucher der Welt zu sein. Für Bewässerung und thermoelektrischen Strom werden 75 Prozent der Frischwasserentnahme verbraucht. Weltweit wird das meiste Wasser zur Bewässerung benötigt. In den USA hingegen hat die thermoelektrische Stromerzeugung den Löwenanteil.

Der Kampf ums Wasser

Die weitestgehend gemeinnützige Wasserindustrie, die in den meisten Fällen von den örtlichen Behörden betrieben wird, hat der eine Billion US-Dollar schweren Energieindustrie nichts entgegensetzen. Die Bundesregierung überwacht für gewöhnlich die Verschmutzung, während die einzelnen Staaten für die Wassergesetze zuständig sind. Komplizierte Gesetze, vor allem im Westen und Süden, haben dazu geführt, dass um Land und Wasser gebuhlt wird. Die Auswirkungen werden erst lange nach der Vergabe klar werden. Das Verständnis über die wichtige Rolle des Wassers bei der Energieerzeugung kann mit dem Öl- und Gas-Boom, der über die USA hinwegfegt, kaum Schritt halten. So hat in Pennsylvania die Öl- und Gasindustrie einen Bundesrichter dazu aufgefordert, die Verwendung von Oberflächen- und Grundwasser zur Förderung von Öl und Gas im Allegheny National Forest zu genehmigen.

Ein Schulbezirk in dem von schwerer Dürre gezeichneten Gonzales in Texas wollte nach Öl und Gas bohren. Dort stellte man fest, dass das größte Problem die Wasserversorgung ist. In Colorado sucht die Denver Post nach finanzieller Unterstützung für Land- und Wasserabkommen. Im Westen Amerikas ist Wasser so viel wert wie Land, sagte ein Farmer aus der Front Range-Bergkette der Zeitung, nachdem er in einem Gerichtsverfahren seine Wasserrechte verloren hatte.

Bei Wasserschichten, die nicht nur von einer Partei genutzt werden, sind die Auseinandersetzungen besonders heftig. Da ist zum Beispiel das Ogallala, ein riesiges altes Reservoir, das unter acht Staaten liegt – einschließlich dem nördlichen Zipfel von Texas. Im Gegensatz zu anderen Staaten hat Texas kein vernünftiges Gesetz zur Nutzung des Grundwassers. Landbesitzer mit den entsprechenden Rechten könnten Brunnen leerpumpen unabhängig davon, ob dies auf die Brunnen anderer Einfluss hätte. Eine Dürre hat zwar einen großen Einfluss auf Texas, zunächst jedoch nicht auf das Grundwasser. Nur schafft der Wassermangel an der Oberfläche neuen Druck auf die unteren Wasserschichten.

Texas ist der größte Energieproduzent der USA. Wegen der anhaltenden Dürre werden Beschwerden über die gleichbleibende Unterstützung für die Energieindustrie laut. Das Gesetz erlaubt es den energieproduzierenden Firmen, so viel Wasser zu verwenden, wie sie für die Bohrarbeiten benötigen. Aber in Notfällen können umweltbewusste Regionen das Wasser für die Unternehmen rationieren. Alles in allem mangelt es den örtlichen Distrikten aber oftmals an Mitteln, um die Wasserentnahme oder neue Quellen der Grundwasserverseuchung genau zu erfassen.

Wassermanagement

Vor einem Jahrzehnt hat die Universität des kalifornischen Zentrums für hydrologische Modellbildung begonnen, mithilfe von Satellitenbeobachtungen Veränderungen in der Gravitation zu studieren und monatliche Änderungen des Grundwassers in bedeutenden grundwasserhaltigen Schichten aufzuspüren. Das Zentrum begann dabei mit dem Ogallala Aquifer (ein großer unterirdischer Grundwasser-Aquifer, der sich unterhalb der Great Plains befindet. Jetzt berichtet das Zentrum, dass sich sogar in landwirtschaftlichen Hochburgen wie Kalifornien Mängel abzeichnen.

Analytiker und Entscheidungsträger hoffen, dass technologische Fortschritte in der Überwachung und der Aufbereitung das Wassermanagement verbessern werden. Während die US-Landwirtschaft im Verlauf der letzten 50 Jahre ihre Wasserproduktivität verdoppelt hat, verbrauchen einige technologische Verbesserungen des Energiesektors eine größere Menge an Wasser. Von der Entnahme bis zur Produktion von Elektrizität ist für die meisten Formen der Energiegewinnung eine zuverlässige Wasserversorgung wesentlich. Der Kohlenbergbau, Uranbergbau und deren Verarbeitung verbrauchen große Mengen an Wasser.

In den letzten Jahren haben sich die Öl- und Gasindustrie der Technik des hydraulischen Aufbrechens zugewandt, vor allem um den Abbau von sich lohnenden Quellen zu beschleunigen. Die Bohrungen werden mit einer Hochdruckmischung gesprengt, die meistens Wasser enthält und nach den jeweils vorliegenden geologischen Umständen auch kleine Mengen von Sand und verschiedene andere Chemikalien und biochemische Stoffe. Trotz zahlreicher Klagen über Störfälle oder Schmutzwasserablagerungen, des sogenannten „Produktionswassers“, besteht die Industrie darauf, dass ihre Technik für die Bohrungen nicht mit der Grundwasserverunreinigung in Zusammenhang stünde.

Umweltschützer und Gemeinden konzentrieren sich eher auf die potenzielle Verunreinigung als auf die Menge der Wasserentnahme. Hydraulische Bohrungen verbrauchen bis zu drei Mal mehr Wasser als konventionelles Bohren, gut bis zu 38 Millionen Liter pro Bohrung; dazu wird noch extra Wasser benötigt, um auf Teersande zuzugreifen und sie zu bearbeiten. Das Gleiche gilt für Wasserstoff, synthetische Brennstoffe und biologische Brennstoffe.

Für die Stromproduktion durch Wasserkraft ist auch Kühlwasser notwendig. Vor 1970 gebaute thermoelektrische Kraftwerke entnahmen mehr Wasser, von dem wiederum große Mengen zur Wiederverwendung abgegeben wurde.

Modernere Anlagen mit geschlossenem Kreislauf verwenden weniger Wasser, aber ihre Verdampfung erhöht den gesamten Verbrauch. Kohlenstoff-Abscheidungssysteme, die dafür gepriesen wurden, Treibhausgasemissionen zu reduzieren, verbrauchen dafür jedoch mehr Wasser.

Anreize zum Wasserspahren

Die gewaltige Mehrheit des Wassers, die von der US-Industrie verwendet wird, kommt von der direkten Versorgung. Die Wasserentnahme von bedeutenden Wasserreservoirs erfordert oft keine Genehmigung, außer wenn sie als Trinkwasser verwendet wird. Doch Regierungen, die knapp bei Kasse sind, erwägen inzwischen zunehmend neue Formen der Genehmigung und auch der Gebühren. Zum Beispiel erließ der Staat New York dieses Jahr ein Gesetz, nach dem für große Wasserentnahmen Genehmigungen erforderlich sind, aber keine Gebühren.

Pauschalgebühren für Verbraucher ermutigt nicht zum Umweltschutz. Deutschland, Frankreich und England zahlen pro Jahr ungefähr 200 Euro pro Person für Wasser und Abwasserkanaldienste. US-Haushalte verbrauchen das Doppelte an Wasser und zahlen nur die Hälfte.

So stieß auch ein Aufruf der NGO Food & Water Watch an den US Kongress, einen nationalen Treuhänderfonds zum Schutz des Wassers zu gründen und in die Infrastruktur zu investieren, auf taube Ohren. Aber unter Investoren wächst allmählich das Bewusstsein über potenzielle Mängel. In Sitka in Alaska mit seinen 9.000 Einwohnern werden Pläne erwogen, für einen Penny pro vier Liter Tankerexporte mit Süßwasser von Gletscherwasser und Schneewasser nach Indien und einem nachfolgendem Weiterverkauf in den Mittleren Osten zu arrangieren. Staaten mit wenig Wasser erwarten ähnliche Importe, selbst wenn andere Staaten mit Seen und Flüssen Beschränkungen verschärfen. Im Jahr 2005 kam in den USA mehr als die Hälfte der Grundwasserentnahme aus sechs Staaten: Kalifornien, Texas, Nebraska, Arkansas, Idaho und Florida – so berichtete die US Geological Survey-Behörde.

Wassermanagement wird nicht leicht sein. Schwere Dürren und Bevölkerungsbooms haben die Wasservorräte der Städte in den wärmsten Staaten überfordert, wo sich eine Antihaltung gegenüber Regulierungsmaßnahmen am stärksten verschanzt hat. Gemeinden, die mit Mangel, Verunreinigung und der Verschlechterung der Infrastruktur konfrontiert sind, erwägen eine Privatisierung und wenden sich an US-Tochtergesellschaften von europäischen Multinationalen wie Suez Environnement oder Vivendi Universal.

Inzwischen profitieren Energielobbyisten von der Sorge über steigende Arbeitslosigkeit und bilden eine Lobby gegen Umweltregulierungen, gegen Gesetze zur Klimaveränderung, gegen erhöhte Steuern oder Abhängigkeit von ausländischen Brennstoffvorräten.

In diesem andauernden Kampf bleibt der wesentliche Bestandteil hinter jedem Arbeitsplatz, Haushalt und Industrie oft unerwähnt. Die Amerikaner werden es vielleicht bald bedauern, einen Rohstoff auf Kosten eines anderen begünstigt zu haben.

Susan Froetschel ist Journalistin und Autorin von drei mystischen Romanen. Mit freundlicher Genehmigung von YaleGlobal Online.

Artikel auf Englisch: In the U.S. Clean Water Is No Guarantee

 

 



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