Irak erlebt „Katastrophe auf Katastrophe“: Bittere Erinnerungen an Sturz von Saddam Hussein vor 15 Jahren

Der Sturz des irakischen Staatschefs Saddam Hussein durch die US-Armee vor 15 Jahren setzte der autoritären Herrschaft der Baath-Partei ein Ende, stürzte das Land aber auch in einen jahrelangen Krieg.
Titelbild
US-Marines demontieren die Statue von Saddam Hussain in Bagdad. 9. April 2003.Foto: RAMZI HAIDAR/AFP/Getty Images
Epoch Times7. April 2018

Die USA hatten den Irakern Freiheit und Demokratie versprochen, als sie vor 15 Jahren den irakischen Staatschef Saddam Hussein stürzten. Gebracht hat die umstrittene US-Militärintervention jedoch einen Krieg, der das Land zwischen Euphrat und Tigris tief gespalten und schwer verwüstet hat.

Heute blicken selbst viele Iraker, die von Saddam Hussein verfolgt worden waren, mit Bitterkeit auf dessen Sturz am 9. April 2003 zurück.

Keine Demokratie aber „Konfessionalismus und Chauvinismus“

Der kurdische Politiker Mahmud Othman, der seit seiner Jugend im Widerstand gegen Saddam Husseins Baath-Partei aktiv war, hatte sich damals eine bessere Zukunft für seine Volksgruppe erhofft. Nach dem Ende des „Albtraums“ gehörte er zur Übergangsregierung, die von den USA eingesetzt worden war. Heute sagt Othman aber, „die Amerikaner hatten einen Plan zum Sturz von Saddam Hussein, nicht aber für die Zeit danach“.

Nach der Machtübernahme in Bagdad löste der US-Zivilverwalter Paul Bremer nicht nur die Baath-Partei, sondern auch die Sicherheitskräfte auf. Viele der damit arbeitslos gewordenen Soldaten und Polizisten schlossen sich daraufhin dem Kampf gegen die US-Besatzer an. Zugleich verschärften sich die konfessionellen Spannungen, da die lange unterdrückten Schiiten die Chance nutzten, die Macht an sich zu reißen.

„Wir dachten, wir würden ein föderales und demokratisches System erhalten, doch wir bekamen Konfessionalismus und Chauvinismus“, sagt heute der Vorsitzende der oppositionellen kurdischen Goran-Partei, Rauf Maaruf. Während schiitische, sunnitische und kurdische Parteien in Bagdad um Posten und Ressourcen stritten, versank das Land in einem Strudel der Gewalt zwischen ethnischen und religiösen Milizen.

„Unser Land erlebt Katastrophe auf Katastrophe“

Besonders Minderheiten wie Christen und Jesiden zahlten einen hohen Preis. „Unser Land erlebt Katastrophe auf Katastrophe“, sagt der Patriarch der chaldäischen Kirche, Louis Raphael Sako, von dessen Gemeinde seit 2003 zahlreiche Mitglieder ins Ausland geflohen sind. Insbesondere sunnitische Extremistengruppen wie Al-Kaida und später der Islamische Staat (IS) verübten blutige Anschläge auf Märkte, Moscheen und Kirchen.

Der 61-jährige Taxifahrer Abu Ali hatte nach dem Ende der Gewaltherrschaft Saddam Husseins auf eine bessere Zukunft für sich und seine Söhne gehofft, doch fielen drei von ihnen Anschlägen zum Opfern. So wurde sein ältester Sohn Ali getötet, als im Juli 2007 eine Autobombe im Bagdader Viertel Karrada explodierte. Sechs Jahre später riss ein weiteres Attentat auch seine Söhne Alaa und Abbas in den Tod.

„Jede Woche besuche ich ihre Gräber“, sagt der vorzeitig gealterte Mann, während er mit Tränen in den Augen die Bilder seiner Söhne betrachtet. Die politische Entwicklung seit 2003 hat ihn enttäuscht, denn das Ende des Ein-Parteien-Systems brachte zwar freie Wahlen, aber auch Vetternwirtschaft und Korruption. „Niemand denkt an das Volk, alle Parteien interessiert nur, Sitze im Parlament zu gewinnen“, sagt Abu Ali.

„Saddam Hussein war ein starker Mann“

Heute denkt mancher Iraker sogar mit Nostalgie an die Herrschaft der Baath-Partei zurück. „Saddam Hussein war ein starker Mann, er hat alles kontrolliert und die ganze Welt mit seinen Chemiewaffen erschreckt“, sagt der Friseur Kaiss al-Scharea. Von seinem Laden am Al-Firdos-Platz im Zentrum Bagdads konnte er auf die monumentale Bronzestatue Saddam Husseins schauen – bis sie am 9. April 2003 gestürzt wurde.

Die Bilder, wie US-Soldaten die Statue vom Sockel rissen, gingen damals um die Welt und markierten den Sturz des Machthabers. „Bagdad ist gefallen, als die Statue gefallen ist“, sagt al-Scharea. Damals zog er es vor, die Szene im Fernsehen zu verfolgen, statt vor die Tür seines Ladens zu treten. Seitdem geht der Irak „einen Schritt voran und fünf zurück“, meint der Friseur, vor dessen Laden heute ein Trümmerfeld liegt, wo einst die Statue stand. (afp)



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