Israel vor Neuwahl? Parlament in erster Lesung für Auflösung

Israel hat erst im April ein neues Parlament gewählt - nun droht schon wieder eine vorgezogene Wahl. Hintergrund sind Querelen zwischen möglichen Koalitionspartnern von Regierungschef Netanjahu.
Titelbild
Benjamin Netanjahu hat bis Mittwochabend Zeit, eine Koalition zu bilden. Andernfalls drohen Neuwahlen.Foto: Sebastian Scheiner/AP/dpa
Epoch Times28. Mai 2019

Israel steht wegen vorerst gescheiterter Koalitionsverhandlungen vor der zweiten Wahl binnen eines Jahres. Das Parlament in Jerusalem stimmte in der Nacht in erster Lesung für seine Auflösung.

66 der 120 Abgeordneten stimmten für den Antrag für eine Wahl am 17. September, wie die Knesset mitteilte. Die übrigen waren abwesend oder enthielten sich. Für eine Auflösung sind noch zwei weitere Lesungen erforderlich. Die letzte Abstimmung soll am Mittwochabend stattfinden. Es war jedoch zunächst unklar, ob der 17. September letztlich das Wahldatum sein wird.

Anlass des Schritts ist das Scheitern der bisherigen Verhandlungen über eine neue Koalition unter Führung des rechtskonservativen Regierungschefs Benjamin Netanjahu. Netanjahu hat bis Mittwochabend Zeit, eine neue Koalition zu bilden. Für den Fall, dass dies nicht gelingt, hat ein Mitglied seiner Likud-Partei den Antrag auf Auflösung des Parlaments gestellt. Damit soll verhindert werden, dass nach dem Scheitern der Verhandlungen wie sonst üblich Präsident Reuven Rivlin einen anderen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragt.

„Es bleiben noch 48 Stunden“

Netanjahu appellierte in einer Rede im Parlament noch für eine Einigung der Konfliktparteien vor allem an den ultra-rechten Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman. „Es bleiben noch 48 Stunden“, sagte Netanjahu. „Es gibt keinen Grund, Milliarden zu verschwenden, es gibt keinen Grund, das zu tun, wenn die Lösung auf der Hand liegt.“ Laut Finanzministerium würden Neuwahlen umgerechnet rund 117 Millionen Euro kosten, wie die Nachrichtenseite „ynet“ berichtete.

Israel hatte am 9. April sein Parlament gewählt. Der Likud erhielt 35 von 120 Sitzen im Parlament, genau so viele wie das Oppositionsbündnis der Mitte des Ex-Militärchefs Benny Gantz, Blau-Weiß. Insgesamt hat das Lager rechter und religiöser Parteien eine Mehrheit.

Jedoch streiten mögliche Koalitionspartner des Likuds vor allem über ein Gesetz, das schrittweise mehr strengreligiöse Männer zum Wehrdienst verpflichten soll. Der ehemalige Verteidigungsminister Lieberman sagte, das Gesetz habe Symbolcharakter und betonte, er werde in dem Streit nicht nachgeben. Er lehne einen religiösen Staat ab. Lieberman pocht darauf, dass sich strengreligiöse Juden stärker an den Kosten und Pflichten des Allgemeinwesens beteiligen.

Netanjahu drohen Anklagen in drei Korruptionsfällen

In israelischen Medien werden die Schwierigkeiten der Koalitionsbildung allerdings auch als politische Schwäche Netanjahus gesehen. Dem Regierungschef drohen Anklagen in drei Korruptionsfällen. Ofer Kenig, Wissenschaftler vom Israelischen Demokratie-Institut (IDI), sagt als möglichen Grund für den Zwist zwischen den kleinen rechten Parteien: „Ich denke, unterschwellig spüren sie die Schwäche Netanjahus.“

Ohne die fünf Sitze von Liebermans Partei Israel Beitenu hätte Netanjahu keine Mehrheit. Auch seine strengreligiösen Koalitionspartner waren bisher nicht zum Nachgeben bereit. (dpa)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion