„Selfie-Jacht“ schafft es nicht nach Gaza
Israels Armee fängt Thunbergs Aktivistenschiff ab – Aktivisten sind sicher und versorgt
Greta Thunberg und ihre Mitstreiter wollten Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen. Israels Armee stoppt sie – und schleppt das Aktivistenschiff an die israelische Küste.

Greta Thunberg war ebenfalls an Bord der «Madleen». (Archivbild)
Foto: Salvatore Cavalli/AP/dpa
Nach tagelanger Fahrt auf einem Segelschiff mit Hilfsgütern für die Menschen im Gazastreifen sind Greta Thunberg und weitere Aktivisten kurz vor ihrem Ziel von der israelischen Armee gestoppt worden. Das Schiff werde von der Marine zur israelischen Küste geschleppt, die Passagiere sollten in ihre Heimatländer zurückkehren, teilte das israelische Außenministerium am frühen Morgen auf der Plattform X mit. Zuvor hatte das Bündnis Freedom Flotilla Coalition mitgeteilt, israelische Soldaten seien an Bord der „Madleen“ gegangen.
Das israelische Außenministerium betonte, alle Passagiere des – abschätzig als „Selfie-Jacht“ bezeichneten – Schiffs seien sicher und unversehrt. Sie seien mit Wasser und Sandwiches versorgt worden. „Die Show ist vorbei.“
Die Aktivisten hätten versucht, eine mediale Provokation zu inszenieren mit dem einzigen Zweck, öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. Ihre Ladung sei so geringfügig gewesen, dass sie nicht einmal einer Lkw-Lieferung mit Hilfsgütern entspreche. „Es gibt Wege, Hilfe in den Gazastreifen zu bringen – ohne Instagram-Selfies“, hieß es in der Stellungnahme.
Das Bündnis Freedom Flotilla Coalition veröffentlichte auf X mehrere vorab aufgezeichnete Videos, in denen die Aktivisten an Bord ihre jeweiligen Heimatländer um Hilfe bitten. Sie seien von israelischen Kräften „entführt“ worden, heißt es darin. Zuvor hatten die Aktivisten mitgeteilt, Drohnen würden das Schiff umkreisen und mit einer weißen, farbähnlichen Substanz besprühen. Zudem sei die Kommunikation über Funk gestört.
Israels Botschaft: „Ihr werdet Gaza nicht erreichen“
Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hatte die Armee am Sonntag angewiesen, die Ankunft des Schiffes zu verhindern. „Der Staat Israel wird niemandem erlauben, die Seeblockade des Gazastreifens zu durchbrechen“, verkündete Katz. In einer scharf formulierten Mitteilung hieß es zudem: „Der antisemitischen Greta und ihren Freunden, den Hamas-Propagandisten, sage ich ganz klar: Ihr solltet umkehren – denn ihr werdet Gaza nicht erreichen.“ Israel hatte Aktivisten auch in früheren Fällen schon die Genehmigung verweigert, mit ihren Schiffen an der Küste des abgeschotteten Gazastreifens anzulegen.
Tagelange Fahrt durchs östliche Mittelmeer
Thunberg war mit elf weiteren Aktivisten am 1. Juni von Sizilien aus in See gestochen, um mit dem Schiff Hilfsgüter wie Babynahrung und medizinische Güter nach Gaza zu bringen. Zugleich wollten sie mit der Aktion internationale Aufmerksamkeit auf die humanitäre Notlage in dem dicht besiedelten Küstengebiet mit rund zwei Millionen Bewohnern richten. Nach der tagelangen Fahrt durchs östliche Mittelmeer wollten sie eigentlich am Montagmorgen an der Küste Gazas eintreffen.
Thunberg ist mit ihrem rigorosen Kampf für mehr Klimaschutz weltbekannt geworden. Die mittlerweile 22-jährige Schwedin setzt sich seit längerem aber auch – und inzwischen vor allem – für die Belange der palästinensischen Bevölkerung ein. Ihr Credo: Ohne soziale Gerechtigkeit könne es auch keine Klimagerechtigkeit geben.
Israel wirft sie dabei immer wieder vor, einen Völkermord an den Palästinensern zu begehen. Kritiker halten ihr dagegen vor, Antisemitismus zu verbreiten und bei ihren Anschuldigungen das Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 außer Acht zu lassen, das den Gaza-Krieg ausgelöst hat. Dabei waren rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor 20 Monaten wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 54.800 Palästinenser im Gazastreifen getötet und verheerende Schäden angerichtet. Israel hat die Lieferung von Nahrungsmitteln, Medikamenten und anderen lebenswichtigen Gütern im Zuge des Krieges gegen die islamistische Hamas fast drei Monate lang unterbunden, die Blockade zuletzt aber etwas gelockert. Damit will die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verhindern, dass die Hilfsgüter von der Hamas genutzt werden. Netanjahu warf der Terrororganisation vor, die Hilfsleistungen für sich zu nutzen – insbesondere für den Kauf von Waffen. (dpa/red)
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