Jamal Khashoggi: Ein unbequemer Kritiker von Kronprinz Mohammed bin Salman

Aus türkischen Regierungskreisen verlautete, die Polizei gehe davon aus, dass Khashoggi in dem Konsulat von einem extra aus Saudi-Arabien angereisten Kommando umgebracht worden sei.
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Am 4. Oktober 2018 steht ein saudi-arabisches Paar vor dem Konsulat Saudi-Arabiens in Istanbul an der Barriere. - Jamal Khashoggi, ein saudischer Journalist, der der saudischen Regierung gegenüber kritisch eingestellt war, ist verschwunden, nachdem er am 2. Oktober 2018 das Konsulat des Königreichs in Istanbul besucht hatte, berichtete die Washington Post.Foto: OZAN KOSE/AFP/Getty Images
Epoch Times7. Oktober 2018

Jamal Khashoggi war gewarnt, als er ins saudiarabische Konsulat in Istanbul ging. Freunde rieten ihm ab, sich in den Machtbereich von Kronprinz Mohammed bin Salman zu begeben, vor dem er vergangenes Jahr in die USA geflohen war. Doch Khashoggi fühlte sich sicher in der Türkei, zu unwahrscheinlich erschien eine Festnahme oder eine Entführung. Doch nun scheint es, dass alles noch schlimmer gekommen ist und Khashoggi ermordet wurde.

Aus türkischen Regierungskreisen verlautete, die Polizei gehe davon aus, dass Khashoggi in dem Konsulat von einem extra aus Saudi-Arabien angereisten Kommando umgebracht worden sei. Zwar wies ein Vertreter des Konsulats die Vorwürfe umgehend zurück, doch bleibt Riad den Beweis schuldig, dass der 59-jährige Journalist das Konsulat wie behauptet jemals wieder verlassen hat.

Die Führung in Riad geht seit jeher mit harter Hand gegen Oppositionelle vor, Kritik wird kaum geduldet, von einer freien Presse kann keine Rede sein. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (RSF) steht Saudi-Arabien auf Platz 169 von 180. Doch die Ermordung eines Kritikers im eigenen Konsulat wäre auch für Saudi-Arabien beispiellos.

Khashoggi kennt die Grenzen genau, die für Journalisten in Saudi-Arabien gelten. Der 59-Jährige ist ein Veteran des saudiarabischen Journalismus und hat in den vergangenen Jahrzehnten für zahlreiche Blätter gearbeitet. Zwei Mal übernahm er die Leitung der angesehenen Zeitung „Al-Watan“, zwei Mal musste er wegen seiner kritischen Berichterstattung gehen.

Zu Beginn seiner Karriere war der in Medina geborene Journalist islamistischen Ideen zugeneigt und interviewte wiederholt den späteren Al-Kaida-Führer Osama bin Laden in Afghanistan und im Sudan. Später wandte er sich liberaleren Ideen zu und kritisierte die strikte Lesart des Islam durch die Salafisten, was ihn in Konflikt mit dem religiösen Establishment brachte.

Kashoggis Verhältnis zum Königshaus war ambivalent. Zeitweilig diente er als Berater des mächtigen Prinzen Turki al-Faisal, der lange Botschafter in Washington war und die Geheimdienste leitete.

Im Auftrag des Milliardärs Prinz Al-Walid bin Talal baute Kashoggi 2015 einen neuen panarabischen Nachrichtensender namens „Al-Arab“ in Bahrain auf, doch ließ das Emirat den Sender schließen, bevor er richtig auf Sendung ging. Bin Talal wurde im November 2017 zusammen mit dutzenden anderen Prinzen und Geschäftsleuten in Riad wegen „Korruption“ inhaftiert.

Da sich unter Kronprinz bin Salman die Repression in Saudi-Arabien weiter verschärfte und Khashoggi seine Arbeit bei der Zeitung „Al-Hajat“ verlor, nachdem er die von Riad als „Terrororganisation“ eingestufte islamistische Bewegung der Muslimbrüder verteidigt hatte, ging er im September 2017 aus Angst vor einer Festnahme in die USA, wo er für die „Washington Post“ schrieb.

In seinen Artikeln kritisierte er immer wieder die Politik bin Salmans, darunter die Militärintervention im Jemen sowie die Blockade gegen das Golfemirat Katar.

In einem Meinungsbeitrag für die „Washington Post“ schrieb Khashoggi im März, bin Salman gebühre Lob für die tiefgreifenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Reformen, die er initiiert habe, doch erlaube er keinerlei öffentliche Beteiligung und keine Debatte über seine Politik. Wer sie kritisiere, den lasse er festnehmen oder verschwinden, kritisierte Khashoggi.

Nun scheint es ihn selbst getroffen zu haben. Sollten sich die Informationen über seine Ermordung im Konsulat bewahrheiten, so wäre dies „ein Verbrechen wie aus einer anderen Epoche“, erklärte der RSF-Generalsekretär Christophe Deloire. Nicht nur die Türkei, sondern auch die westlichen Verbündeten Saudi-Arabiens müssten dann ihre Beziehungen zu Riad überdenken.

(afp)



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