Japan – Welt des Vertrauens

Titelbild
Samurai Bogenschützen. Moderne und Tradition liegen in Japan eng beieinander.Foto: Kazuhiro Nogi/AFP/Getty Images
Von 26. Oktober 2010

Wieder einmal bereite ich mich darauf vor, nach Japan zu gehen. Ich war schon oft dort und vor einigen Jahren lebte ich sogar zwei faszinierende Jahre dort.

Widersprüche gibt es überall und sie sind auch in Japan reichlich zu finden. Stellen Sie sich vor, Sie kaufen an einem Automaten einen frischen Cappuccino. Der Automat hat einen Bildschirm, darauf können sie in Echtzeit zusehen, wie Ihr mechanischer Barmann in seinem Inneren Ihr Getränk zubereitet. Und am gleichen Tag wird Ihre Rechnung beim örtlichen Nudelgeschäft von einer keineswegs alten, sondern sehr jungen Frau mithilfe eines Abakus erstellt.

Also, während es auch hier große Gegensätze gibt, und einige vielleicht das, was ich berichte, einem Test unterziehen (besonders, wenn man nur in Tokio war); aber das, was mir jedes Mal an Japan imponiert, ist die kleinstädtische Höflichkeit und Anmut, die man im ganzen Land erlebt.

In Japan können Sie immer noch beim Kauf von Obst, Gemüse oder in Heimarbeit gefertigten Handarbeiten statt eines Verkäufers eine Büchse vorfinden, in die der Käufer das Geld für die Ware hineinlegt. Ich erinnere mich des intensiven Gefühls, plötzlich in eine ehrlichere und höflichere Vergangenheit einzutauchen, als ich das erste Mal die historische Hauptstraße eines Küstendorfes entlanggegangen war und neben den verlockenden Waren statt der Verkäufer nicht verschließbare hölzerne Geldkassetten sah.

Was mich erstaunte war nicht so sehr, dass es funktionierte – es muss ganz eindeutig so sein -, sondern dass es sogar unter den Touristen funktionierte, die nicht in dieser malerischen vertrauensvollen Stadt aufwuchsen. Eine gute moralische Einstellung ist offensichtlich ansteckend.

Mein Freund, der in Yokohama lebt, einer Schlafstadt von Tokio mit ungefähr 3,6 Millionen Einwohnern, sagt, seine Stadt sei unsicher, sehr unsicher geworden. Sehr unsicher nach japanischem Standard bedeutet, dass er von einem Verbrechen gehört hatte … irgendwo.

Aber ich überprüfte das und die Zahlen bestätigten seine Wahrnehmung nicht. 2008 sank die Verbrecherrate insgesamt – und das im sechsten Jahr in Folge – für alle Arten von Verbrechen einschließlich Mord, Raub, Brandstiftung und Vergewaltigung.

Eines ist sicher: die Sicherheitsvorkehrungen in den Städten sind verfeinert geworden. Ich weiß zwar nicht, ob diese wegen einer höheren Verbrecherrate erfolgten oder von der japanischen Neigung herrühren, coole Technologien zu entwickeln.

Mein Freund aus Yokohama zog vor kurzem in ein neues Hochhaus im Stadtzentrum mit einem Sicherheitssystem, das mit Fort Knox konkurrieren kann und möglicherweise noch mehr High-Tech einsetzt. Eine Maschine spuckt eine Besucherkarte aus, die ich drei Mal benutzen musste, bevor ich den Fahrstuhl betreten durfte. Ich schob die Karte in den Schlitz im Fahrstuhl und die Etage meines Freundes leuchtete auf – da sind keine unprogrammgemäßen Zwischenstationen erlaubt. Mein vorläufiger Pass öffnete die Tür meines Freundes nicht, aber mit seiner Karte, die der meinen bemerkenswert ähnlich sah, ging die Tür mit einem für Erleichterung sorgenden swhishhh … auf.

Einer meiner Lieblingsfavoriten in seiner Wohnung ist der kleine Duschraum. Man hängt seine nasse Wäsche darin auf und mit einem Knopfdruck wird der Duschraum zur Trockenkammer – genial.

Selbst in den Großstädten hat nicht alles Sicherheitstüren. Auf meinen letzten Reisen habe ich viel Zeit in Kioto zugebracht. An einem Ort, an dem ich mich aufhielt, steht ein fast 100 Jahre altes traditionelles hölzernes Reihenhaus, Machiya genannt, das mit seiner winzigen Tür zu einem winzigen Gasthaus umgewandelt wurde. Früher wurden die Steuern in Kioto nach der Größe der Türe bemessen, deshalb machten die Einheimischen ihre Türen so klein wie möglich und sie sind wirklich bemerkenswert klein.

Die kompliziert verfasste Anleitung, wie man zu dem Haus gelangt, ist mit Schritt-für-Schritt-Fotos bestückt, auch wo der Schlüssel zu finden ist – unter dem Schirmständer, wo sonst? Das Ehepaar, dem das Haus gehört, wohnt 20 Fahrrad-Minuten entfernt, so die Anleitung, deshalb machen Sie Ihren Check-in bitte selbst und rufen Sie bitte an, dass Sie da sind.

„Ist die Gegend sicher?“, ist eine der Fragen in der sehr ausführlichen Form eines zusammengestellten FAQ (von westlichen Besuchern häufig gestellte Fragen, nehme ich an). Antwort: „Es ist sehr sicher. Wir haben nie Schwierigkeiten gehabt und die Nachbarn sind sehr freundlich.“

Auf dieser abgelegenen Inselgruppe erstreckt sich das liebenswürdige familiär anmutende Vertrauen auf alle, sogar auf völlig Fremde.

Artikel auf Englisch: Japan – A World of Trust

 



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