Regierung hat Kontrolle verloren
Kabul vor dem Fall an die radikalislamischen Taliban

Ein afghanischer Soldat in Kabul.
Foto: Paula Bronstein /Getty Images
Die Ereignisse in Afghanistan überschlagen sich: Seit Beginn des Abzugs der internationalen Truppen im Mai hat die Regierung in Kabul rasend schnell die Kontrolle über das Land verloren. In einer Blitzoffensive eroberte die radikalislamische Taliban-Miliz in den vergangenen Tagen eine Provinzhauptstadt nach der anderen, am Sonntag rückten ihre Kämpfer bis an den Stadtrand von Kabul vor. Innenminister Abdul Sattar Mirsakwal kündigte eine „friedliche Machtübergabe“ an.
Heftige Kämpfe
29. April: Die USA und ihre Nato-Verbündeten beginnen ihren Abzug aus Afghanistan. Kurz darauf kommt es zu heftigen Gefechten zwischen Taliban-Kämpfern und Regierungstruppen in der südlichen Provinz Helmand.
8. Mai: Bei einem Anschlag auf eine Mädchenschule in Kabul sterben 85 Menschen, die meisten davon Schülerinnen. Die Regierung macht die Taliban für die Bluttat verantwortlich.
Provinzen und Verbindungsstraßen
12. Mai: Die Islamisten fokussieren sich zunächst auf die Einnahme von ländlichen Gebieten und wichtigen Verbindungsstraßen. In der nur 40 Kilometer von Kabul entfernten Provinz Wardak sowie in der Provinz Ghasni erobern sie Gebiete an wichtigen Verbindungswegen zwischen der Hauptstadt und der Stadt Kandahar. Mehrere Provinzen im Norden des Landes fallen an die Taliban.
14. Mai: Die USA verlassen ihren zweitgrößten Stützpunkt Kandahar.
Grenzübergänge
22. Juni: Mitte Juni fällt der wichtige Grenzübergang Schir Chan Bandar an der Grenze zu Tadschikistan im Norden an die Islamisten.
2. Juli: Die US- und Nato-Truppen übergeben den wichtigen Luftwaffenstützpunkt Bagram.
4. Juli: Die Taliban erobern den Bezirk Pandschwai in der Provinz Kandahar, Gründungsort und frühere Hochburg der Miliz.
9. – 14. Juli: In kurzer Zeit nehmen die Taliban den größten Grenzübergang Richtung Iran sowie den Grenzübergang Spin Boldak an der Grenze zu Pakistan ein.
22. Juli: Die Miliz erklärt, 90 Prozent der Landesgrenzen zu kontrollieren.
Offensive auf Provinzhauptstädte und Kabul
Anfang August: Die Taliban rücken nun verstärkt auf Provinzhauptstädte vor, nachdem sich die Regierungstruppen aus weiten Teilen des Landes in die größeren Städte zurückgezogen haben. Zunächst werden Laschkar Gah, Kandahar und Herat angegriffen.
3. August: Der afghanische Verteidigungsminister und mehrere Abgeordnete in Kabul überleben nur knapp ein Attentat. Acht Menschen sterben.
6. August: Der Chef des Presseinformationsamts der Regierung wird in einer Moschee in Kabul erschossen. Am selben Tag nehmen die Islamisten die Provinzhauptstadt Sarandsch im Südwesten des Landes ein.
In den Tagen danach fallen in schneller Folge weitere wichtige Städte an die Taliban, oft ohne nennenswerte Gegenwehr der Regierungstruppen: Scheberghan, Kundus, Sar-i-Pul, Talokan, Aibak, Farah und Pul-i-Khumri.
11. August: Ein Besuch von Präsident Aschraf Ghani im belagerten Masar-i-Scharif, der größten Stadt im Norden, wird überschattet von der Kapitulation hunderter afghanischer Sicherheitskräfte bei Kundus. Wenig später fällt die neunte Provinzhauptstadt, Faisabad.
12. August: Die Taliban erobern das nur 150 Kilometer von Kabul entfernte Ghasni. Wenig später fallen Herat und Kandahar im Süden und Westen, die dritt- und zweitgrößten Städte des Landes.
13. August: Die Taliban erobern Laschkar Gah und Schachtscharan. Die USA und andere Staaten bereiten den Abzug ihres Botschaftspersonals vor.
14. August: Die Taliban übernehmen die wichtigen Städte Asadabad und Gardes. Später fällt auch der ehemalige Bundeswehrstandort Masar-i-Scharif, die größte Stadt im Norden.
15. August: am frühen Morgen fällt auch die Stadt Dschalalabad an die Miliz.
Die Taliban rücken bis an den Stadtrand der Hauptstadt Kabul vor, laut Berichten von Einwohnern rücken einige Kämpfer in Außenbezirke ein. Innenminister Abdul Sattar Mirsakwal kündigt eine „friedliche Machtübergabe“ an eine „Übergangsregierung“ an. (afp)
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