Kriegsexperte: Russland-Sanktionen nutzen nur Chinas Weltmacht-Ambitionen

Um den Menschen in der Ukraine zu helfen und in der Hoffnung, den Krieg schneller zu beenden, sind viele Menschen hierzulande bereit, einen hohen wirtschaftlichen Preis zu zahlen. Doch der Erfolg könnte fraglich sein und das Opfer nur einem „lachenden Dritten“ nutzen.
Titelbild
Wladimir Putin und Xi Jinping während eines Meetings. Moskau, am 28. Juni 2021.Foto: ALEXEY NIKOLSKY/Sputnik/AFP via Getty Images
Von 19. März 2022

Der umfangreiche Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine begann am 24. Februar 2022. Der Westen reagierte mit Waffenlieferungen an die Ukraine und umfangreichen Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Viele Menschen hierzulande denken, dass die Sanktionen gegen Russland wirksam seien, um den Ukraine-Krieg zu verkürzen bzw. zu beenden.

Am 16. März 2022 veröffentlichte das deutsche Mises-Institut, benannt nach dem österreichisch-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler und Sozialphilosophen Ludwig von Mises (1881, Lwiw, Ukraine – 1973, NY, USA), ein Interview mit einem Experten der Kriegsursachenforschung. Der Psychologe, Soziologe und Politikwissenschaftler Prof. Dr. Erich Weede erklärte, dass er es für eine „Illusion“ halte, dass die Wirtschaftssanktionen einen „schnellen Beitrag zur Einschränkung oder gar Beendigung der Kampfhandlungen“ leisten könnten. Zudem müsse man auch die langfristigen Effekte bedenken.

Gefährliche Symbolik gegen schlechtes Gewissen

Der Westen habe durchaus Anlass zu einem „schlechten Gewissen“ gegenüber der Ukraine, erklärte Weede im Interview. Man habe sich lange kaum Gedanken über die Risiken der NATO-Osterweiterung oder einer EU-Perspektive für die Ukraine gemacht.

Die derzeitigen Wirtschaftssanktionen gegen Russland hält Weede weitgehend für „Symbolik“. Der Westen habe das Gefühl, dass man „irgendetwas“ tun müsse. Generell seien Wirtschaftssanktionen jedoch nur selten wirksam. Dies hätten empirische Studien gezeigt, erklärte der Experte. Diesmal könnten sie jedoch aufgrund des großen Ausmaßes tatsächlich wirken und die „ökonomische Basis einer Großmacht treffen und gefährden“.

Die westlichen Wirtschaftssanktionen würden jedoch nicht nur Russland beschädigen, sondern auch unsere eigenen Volkswirtschaften. Hinzu komme eine enorme Eskalationsgefahr, weiß Weede. Noch habe man mindestens ein gemeinsames Interesse – die Vermeidung eines Atomkriegs.

Es gebe jedoch auf der Eskalationsleiter zwei Probleme: Niemand wisse genau, wie hoch die „Risikosteigerung mit dem Überschreiten welcher Schwelle“ sei und nicht alle Beteiligten hätten dieselbe Eskalationsleiter im Kopf. Dadurch steige das Risiko von Missverständnissen und einer Eskalation, „auch wenn beide Seiten dies vermeiden wollen“. Weede erläutert ein Beispiel: Der NATO-Beitritt Polens und des Baltikums seien für Putin bereits zwei überschrittene Schwellen, für den Westen jedoch überhaupt keine Eskalation gewesen.

Aus Weedes Sicht gebe es grundsätzlich nur zwei Optionen: „Entweder wir gehen beträchtliche, aber nur ungenau erahnbare Eskalationsrisiken ein oder wir überlassen die Ukraine der Gnade oder Ungnade Putins.“ Ohne Gefahr für ganz Europa oder gar der ganzen Menschheit könnten wir nur den Flüchtlingen aus der Ukraine helfen.

China profitiert von den Sanktionen

Der durch die Sanktionen entstandene wirtschaftliche Kampf zwischen dem Westen und Russland hat indes einen sich zurückhaltenden Beobachter. Das kommunistische China. Auch hierzu teilte Prof. Weede seine Ansichten mit.

Langfristig könne das Ausmaß der Sanktionen die russische Volkswirtschaft stark beschädigen. Das bedeute jedoch, dass Russland in die Arme Chinas getrieben werde. Russland habe etwa ein Zehntel der Bevölkerung Chinas und ebenso ein Zehntel der chinesischen Wirtschaftskraft. „Nur bei der Rüstung, vor allem der atomaren, ist Russland China heute noch weit überlegen.“

Weede sieht dies als Grund, warum Russland auch heute noch ein gleichberechtigter Partner in den Augen Chinas sei. Auf lange Sicht werde das dem Experten nach nicht so bleiben, weil Chinas Wirtschaft viel schneller wachse als die von Russland. Auf lange Sicht würden daher dauerhaft aufrechterhaltene westliche Sanktionen gegen Russland bedeuten, dass die chinesische Einflusssphäre bis an die Ostsee reiche.

„Ich halte das nicht für einen Sieg des Westens“, sagte der Politwissenschaftler. Das widerspreche den Interessen Russlands und auch des Westens. „Politiker reden zwar gern von ‚win-win’, aber erzeugen ‚lose-lose’.“

China sehe sich als aufsteigende Weltmacht, Russland jedoch als eine absteigende. Wenn Putin die Ukraine unterwerfe und den Preis der westlichen Wirtschaftssanktionen verkrafte, sehe sich Chinas Führer Xi Jinping ermutigt, an eine baldige militärische Lösung der Taiwan-Frage zu denken. Doch selbst aus einem russischen Misserfolg in der Ukraine werde der Ständige Ausschuss des Politbüros von Chinas KP kaum schließen, dass dies auch einer aufsteigenden Weltmacht passieren könnte.



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