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Christdemokraten und Linksliberale feiern Sieg

Niederlande-Wahl: Wilders und Linksliberale gleichauf

Die Niederlande haben gewählt: Die linksliberalen Democraten’66 um Rob Jetten und die Christdemokraten mit Henri Bontenbal gehen gestärkt aus den vorgezogenen Parlamentswahlen hervor. Die PVV von Geert Wilders und die Sozialdemokraten unter Frans Timmermans müssen Verluste hinnehmen.

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Der Spitzenkandidat der Linksliberalen, Rob Jetten, ist nach ersten Prognosen der Wahlsieger in den Niederlanden.

Foto: Peter Dejong/AP/dpa

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Lesedauer: 6 Min.


In Kürze:

  • Linksliberale D’66 unter Rob Jetten erreicht 26 Sitze und liegt gleichauf mit der PVV.
  • Die Christdemokraten legen deutlich zu und gelten als künftiger Regierungspartner.
  • Die rechte PVV von Geert Wilders verliert trotz früherer Stärke massiv.
  • Die Regierungsbildung dürfte sich um Koalition der politischen Mitte drehen.

 
„Die Niederlande sehnen sich nach einer neuen politischen Kultur“, freute sich der Vorsitzende der Christdemokraten (CDA), Henri Bontenbal, am Mittwoch, 29. Oktober, nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen. Seine Partei gehört neben den linksliberalen Democraten’66 (D’66) mit Rob Jetten zu den großen Siegern der vorgezogenen Parlamentswahlen.
Es ist davon auszugehen, dass beide das Rückgrat der künftigen Regierung in Den Haag stellen werden. Der frühere Finanz- und Umweltminister Jetten wird voraussichtlich schon in Kürze Sondierungsgespräche mit mehreren Parteien der politischen Mitte aufnehmen.
Nach Auszählung von 95 Prozent der Stimmen kommen die D’66 und die Partei von Geert Wilders, PVV, jeweils auf 26 der 150 Sitze. Zuvor hatte eine auf Nachwahlbefragungen beruhende Prognose die D’66 mit 27 Sitzen leicht vor der PVV mit 25 Sitzen gesehen.
Die liberale Partei VVD erzielte nun laut Hochrechnung 22 Sitze, die linksgerichtete Groenlinks/PvdA kam demnach auf 20 Sitze. Ihr Vorsitzender, der EU-Klimakommissar Frans Timmermans, trat noch am Abend zurück.

Jetten: Wähler in den Niederlanden wollen „Positivität und Blick nach vorne“

„Millionen von Niederländern haben heute ein neues Kapitel aufgeschlagen“, kommentierte Jetten in einer ersten Reaktion das Wahlergebnis. „Wir haben uns von der Negativität verabschiedet und uns für eine positive Politik entschieden. Es ist Zeit für Politik, Positivität und den Blick nach vorne.“
Die D’66 konnte sich gegenüber dem Ergebnis von 2023 von neun auf über 20 Sitze in der zweiten Parlamentskammer steigern. Dies bedeutet für die linksliberale Partei nicht nur das beste Resultat ihrer Parteigeschichte. Sie wird damit auch die stimmenstärkste Kraft im neuen Parlament sein.
Um ein stabiles Kabinett bilden zu können, muss Jetten eine Koalition bilden, die sich auf mindestens 76 Stimmen stützen kann. Die Christdemokraten legten von fünf auf 19 Sitze zu und gehören zu Jettens Wunschpartnern. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die beiden Wahlsieger auch auf die rechtsliberale VVD zukommen.

Wilders könnte theoretisch Regierung bilden – CDA winkt jedoch ab

Als einzige Partei der gescheiterten Koalition unter Premierminister Dick Schoof hat die VVD ihre Verluste in Grenzen halten können. Sie wird künftig mit 22 Abgeordneten in der Kammer vertreten sein. Zusammen kommen D’66, CDA und VVD damit jedoch nur auf 69 Sitze und werden mindestens einen weiteren Regierungspartner benötigen.
Eine Zusammenarbeit mit der rechten PVV unter Geert Wilders haben sie bereits im Vorfeld ausgeschlossen. Wilders, der im Juni nach Differenzen über die Asylpolitik die Koalition platzen ließ, war einer der großen Verlierer des Wahlabends. Von 37 Sitzen, die seine Partei noch vor zwei Jahren erzielen konnte, werden 26 verbleiben. Damit gelang es Wilders entgegen den Umfragen vor der Wahl nicht einmal, die Position als stimmenstärkste Kraft zu behaupten.
Theoretisch könnte Wilders versuchen, ein neues Kabinett unter Einbindung von VVD, CDA und einer oder mehreren rechten Parteien zu bilden. Allerdings wollen die Christdemokraten nicht mit Wilders zusammenarbeiten.

Die Niederlande müssen von mindestens vier Parteien regiert werden

Ein Bündnis aus D’66, CDA, VVD und JA21 käme zusammen auf eine Mehrheit von 78 Sitzen. Noch breiter aufgestellt wäre eine Koalition der Mitte-Parteien mit den Sozialdemokraten. Allerdings stehen diese nach ihrer unerwarteten Wahlschlappe vor einem schmerzhaften Erneuerungsprozess.
Die Verbindung aus Sozialdemokraten und Linksgrünen verlor fünf Sitze und kommt künftig nur noch auf 20 Abgeordnete. Der frühere Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, erklärte noch am Wahlabend seinen Rücktritt. In einer ersten Stellungnahme zum Exit Poll äußerte er:
„Wir haben es nicht geschafft. […] Es ist mir nicht gelungen, genügend Menschen davon zu überzeugen, uns ihre Stimme zu geben. Und dafür übernehme ich die volle Verantwortung.“
Abgestraft wurden auch die vorherigen Regierungsparteien BBB und der Neue Gesellschaftsvertrag. Die Bürger- und Bauernbewegung verliert drei ihrer bisher sieben Sitze. Der Neue Gesellschaftsvertrag, die Überraschungspartei der Wahlen von 2023, verliert sogar sämtliche der bisherigen 20 Sitze.

Wahlbeteiligung leicht gestiegen

Im Parlament vertreten sein werden noch die Sozialisten (drei Sitze; minus zwei). Ebenfalls jeweils drei Sitze behalten die Tierschutzpartei, die calvinistische SGP und die Einwandererpartei DENK. Die ChristenUnie verliert einen Sitz und wird künftig noch über zwei Sitze verfügen.
Die Altenpartei 50+ kehrt mit zwei Abgeordneten ins Parlament zurück. Nur noch einen seiner bisherigen beiden Sitze wird Volt erhalten. Die Wahlbeteiligung stieg leicht von 81,2 auf 82,8 Prozent.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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