Politisches Patt
Längster Shutdown der US-Geschichte - wie es weitergeht
Seit 36 Tagen steht die US-Regierung weitgehend still – länger als jemals zuvor. Der sogenannte Shutdown lähmt Bundesbehörden, Flughäfen und Hilfsprogramme. Grund für die Blockade ist ein erbitterter Streit zwischen Demokraten und Republikanern über die künftige Finanzierung von „Obamacare“ und die Dauer staatlicher Zuschüsse.

Der Kongress ist zerstritten, noch nie dauerte ein Shutdown so lange.
Foto: J. Scott Applewhite/AP/dpa
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In Kürze:
- Der Regierungsstillstand in den USA dauert nun 36 Tage – ein neuer Rekord.
- Demokraten und Republikaner streiten über Zuschüsse für Obamacare-Prämien.
- Millionen Amerikaner spüren die Folgen im Alltag, Flughäfen sind betroffen.
- Hoffnung auf Einigung noch in dieser Woche – doch das Vertrauen schwindet.
In den USA hat der sogenannte Shutdown, der die Finanzierung zahlreicher Regierungstätigkeiten verhindert, am Mittwoch, 5. November, seinen 36. Tag erreicht. Dies stellt eine neue historische Höchstdauer dar. Der bislang längste teilweise Regierungsstillstand fiel in die erste Amtszeit von US-Präsident Donald Trump und dauerte im Winter 2018/19 ganze 35 Tage.
Zuvor war zum 14. Mal in Folge ein Anlauf gescheitert, um eine Übergangsresolution (CR) zu beschließen, die zumindest kurzfristig eine Grundlage für die weitere Finanzierung abgegeben hätte. Zwar haben neben John Fetterman (Pennsylvania) auch die demokratische Senatorin Catherine Cortez Masto (Nevada) und der Unabhängige Angus King (Maine) für die CR gestimmt. Mit 54 Stimmen verfehlte sie jedoch weiterhin deutlich das erforderliche Quorum von 60 Stimmen. Von den Republikanern stimmte Rand Paul (Kentucky) gegen das Paket. Zuvor war auch ein Entwurf der Demokraten gescheitert.
Republikaner und Demokraten weisen sich gegenseitig Schuld am Shutdown zu
Der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, nannte den Widerstand der Demokraten gegen die Übergangsresolution „absolut unverzeihlich“. Er sei aber „optimistisch“, in dieser Woche noch eine Lösung zu finden. Alles hänge an „zumindest fünf Demokraten, die den Schmerz der Menschen sehen und sagen: ‚Genug ist genug.‘“
Senatsminderheitsführer Chuck Schumer wiederum macht die „endlosen Verzögerungen durch die Republikaner“ für das Ausbleiben einer Einigung verantwortlich. Die sperrten sich vor allem gegen eine Sicherung der Subventionen für die Prämien der sogenannten Obamacare-Krankenversicherung.
Die Demokraten wollen die dauerhafte Bezuschussung der Prämien, um Bürgern den Zugang zu einer Krankenversicherung zu sichern, die sich eine solche sonst nicht leisten könnten. Eine allgemeine Krankenversicherung für das gesamte Bundesgebiet gibt es in den USA nicht. Die meisten Amerikaner sind über ihren Arbeitgeber versichert.
Obamacare-Subventionen als primärer Streitpunkt
Es gibt darüber hinaus unterschiedliche Systeme für private Krankenversicherungen oder Versicherungen für Expats. Einige Bundesstaaten haben auch gesetzliche Pflichtversicherungssysteme. Der sogenannte Patient Protection and Affordable Care Act (ACA) – so der technische Name für „Obamacare“ – aus dem Jahr 2010 schafft ebenfalls keine allgemeine gesetzliche Krankenversicherung.
Allerdings soll das Gesetz dafür sorgen, dass Krankenversicherungen für mehr Amerikaner erreichbar und erschwinglich werden. Dafür sollen die Prämien subventioniert werden. Die Demokraten wollen dieses System auf Dauer absichern, die Republikaner wollen die Prämienzuschüsse auf nur noch zwei Jahre beschränken. Außerdem soll es keine Zuschüsse mehr für Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus geben.
Die von den Demokraten geforderten Änderungen würden zudem Änderungen am sogenannten One Big Beautiful Act erfordern. Dieses gemischte Haushalts- und Steuergesetz war Anfang Juli mit knapper Mehrheit beschlossen worden und sollte die wesentlichen Vorhaben der zweiten Amtszeit von Präsident Donald Trump absichern. Ein Aufschnüren dieses Pakets lehnen die Republikaner ebenfalls ab.
Verkehrsminister warnt vor teilweiser Schließung des Luftraums
Mittlerweile kommt der Stillstand der Regierungsgeschäfte zunehmend auch im Alltag der Menschen in den USA an. Alle nicht als unmittelbar systemrelevant geltenden Mitarbeiter von Bundesbehörden sind beurlaubt, einige werden seit Oktober nicht mehr bezahlt, Einrichtungen wie das Büro für Arbeitsmarktstatistik sind geschlossen.
Empfänger von Lebensmittelhilfe müssen länger auf ihre Gutscheine warten. Auch auf vielen Flughäfen treten massive Verzögerungen bei der Abfertigung auf. Es kommt auch zu Verspätungen und Ausfällen von Flugzeugen. Verkehrsminister Sean Duffy stellte eine Schließung von Teilen des Luftraums in Aussicht.
Seine Entscheidung, so Duffy, werde davon abhängen, ob es in dieser Woche noch zu einer Einigung im Senat kommt. Andernfalls könne es sein, dass „wir das Chaos nicht mehr bewältigen können“. Immerhin können auch Fluglotsen und Sicherheitskräfte an den Flughäfen nicht mehr bezahlt werden. Dies führt zu einem Anstieg an Krankmeldungen. Seit Beginn des Shutdowns am 1. Oktober sollen mehr als 3,2 Millionen Passagiere von Verspätungen oder Ausfällen von Flügen betroffen gewesen sein.
Kombination aus CR und „Minibus“ soll Shutdown beenden
Unterdessen kündigen sowohl Republikaner als auch Demokraten an, sich um eine zeitnahe Einigung zu bemühen. Die Option einer neuen CR, die sich voraussichtlich bis Dezember erstrecken soll, ist noch nicht vom Tisch. In den vergangenen Jahren waren Übergangsgesetze oder Gesamtpakete wie die One Big Beautiful Bill der Regelfall bei der Schaffung gesetzlicher Grundlagen zur Finanzierung der Regierungspolitik.
Umfassende reguläre Haushalte waren in Zeiten zunehmender Polarisierung zuletzt eher die Ausnahme als die Regel. Der Mehrheitsführer im Senat, John Thune, hofft dennoch, die Regierung durch Haushaltsgesetze durch den normalen Bewilligungsprozess finanzieren zu können. Niemand wolle eine „einjährige fortlaufende Resolution“, so Thune.
Der Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Steve Scalise, hält eine Kombination aus einer CR und einem sogenannten Minibus für denkbar. Dies wäre ein Paket, das einige, aber nicht alle denkbaren Haushaltsgesetze enthält. Das Repräsentantenhaus könnte am Freitag wieder zusammentreten. Allerdings wolle man erst abwarten, was im Senat passiert.
Vorsichtiger Optimismus bei Senatoren – Trump als möglicher Schlüsselfaktor
Gegenüber der englischsprachigen Epoch Times erklärte Senator Mark Kelly (D-Arizona), er sei „generell optimistisch“, dass es bald eine Resolution geben werde. Allerdings äußerte er auch eine gewisse Skepsis. Er denke, „diese ganze Übung war ein paar Schritte vorwärts und zwei zurück“.
Mike Rounds, republikanischer Senator für South Dakota, spricht von „Gerüchten und der Hoffnung“, dass eine Einigung in der Luft liege. Tim Kaine (D-Virginia) äußerte gegenüber der Epoch Times, er könne sich vorstellen, dass die Republikaner eine Resolution auch ohne vorheriges Treffen mit Donald Trump im Weißen Haus erreichen könnten. Er sehe allerdings eine Restunsicherheit und glaube, diese „warten irgendwie auf sein grünes Licht – und sie sind unsicher, weil er so unberechenbar ist“.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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