Massenflucht befürchtet: Nach Angriff auf Mossul die humanitäre Katastrophe

Die Vorbereitungen für eine Massenflucht aus Mossul laufen bereits auf Hochtouren. Das UN-Flüchtlingshilfswerk hofft, bis zum Jahresende elf Camps mit Kapazitäten für 120.000 Menschen fertigstellen zu können. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) will "Notlager" für 200.000 Menschen bauen, die irakischen Behörden wollen ihrerseits noch einmal 150.000 Flüchtlinge in anderen Lagern unterbringen.
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Flüchtlinge im IrakFoto: MOADH AL-DULAIMI/AFP/Getty Images
Epoch Times18. Oktober 2016

Es gibt eine Art Faustregel bei den Hilfsorganisationen: Wenn mehr als 150.000 Menschen auf einmal fliehen, kann keine Institution der Welt dieses Problem angemessen lösen. Das sagt Lise Grande, UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe im Irak. Dort läuft seit Montag eine Großoffensive zur Rückeroberung von Mossul aus den Händen der IS-Miliz. Die UNO und mit ihr etliche Hilfsorganisationen fürchten eine Massenflucht und eine humanitäre Katastrophe.

„Wir beeilen uns mit der Hilfe für die Iraker, damit ein Minimum an Maßnahmen für das worst-case-Szenario bereitsteht“, sagt Grande. „Aber wir fürchten, dass noch sehr viel zu tun ist.“ Schlimmstes Szenario – das heißt bei der UNO, dass die Welt auf den größten humanitären Hilfseinsatz in diesem Jahr zusteuern könnte. Bis zu einer Million Menschen könnte demnach wegen des Kampfs um Mossul zur Flucht aufbrechen.

Das Deutsche Rote Kreuz rechnet sogar mit 1,5 Millionen möglichen Schutzsuchenden aus Mossul und Umgebung. Schon jetzt sei die humanitäre Lage angespannt, erklärte Astrid Nissen von der Organisation. „Wir haben großen Respekt vor dem möglichen Ausmaß der humanitären Not.“ Das Rote Kreuz befürchtet trotz guter Vorbereitungen und gefüllter Lager eine „Unterversorgung der Geflüchteten mit überlebensnotwendigen Gütern“.

In Mossul werden rund 1,5 Millionen Menschen vermutet. UN-Nothilfekoordinator Stephen O’Brien hatte sich schon am Montag, dem ersten Tag der Großoffensive, „extrem besorgt“ über die Sicherheit dieser Menschen geäußert. Das UN-Kinderhilfswerk und Save the Children sorgen sich vor allem um die rund 500.000 Kinder in Mossul. Die Organisation forderte die Kriegsparteien auf, „sichere Korridore“ zu eröffnen, damit die Zivilisten fliehen können.

Wer aus der zweitgrößten irakischen Metropole flieht, kann meist nichts mitnehmen. „Viele der Menschen dürften nur mit dem, was sie am Leib tragen, Mossul verlassen“, sorgt sich Becky Bakr Abdulla vom Norwegischen Flüchtlingsrat. Wasser, Nahrungsmittel, Kleidung für den nahenden Winter und Unterschlupf müssen organisiert werden. Doch die Finanzierung dafür steht auf wackligen Beinen. Von den benötigten 334 Millionen Euro wurde von den Geldgebern erst weniger als die Hälfte bereitgestellt.

Die Vorbereitungen für eine Massenflucht aus Mossul laufen unterdessen auf Hochtouren. Das UN-Flüchtlingshilfswerk hofft, bis zum Jahresende elf Camps mit Kapazitäten für 120.000 Menschen fertigstellen zu können. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) will „Notlager“ für 200.000 Menschen bauen, die irakischen Behörden wollen ihrerseits noch einmal 150.000 Flüchtlinge in anderen Lagern unterbringen. Einige davon sollen aber in Regionen liegen, die derzeit noch die Dschihadisten kontrollieren – und müssen während der Militäroffensive errichtet werden.

In Mossul zu bleiben könnte den sicheren Tod bedeuten: Die Menschen riskieren, zwischen Häuserkämpfen, Heckenschützen und versteckten Sprengsätzen eingekesselt zu werden. Zivilisten könnten vom IS als „menschliche Schutzschilde missbraucht werden“, warnt UN-Koordinatorin Grande.

Abdulla vom Norwegischen Flüchtlingsrat hofft, dass die humanitären Helfer die Flüchtlinge mit dem Nötigsten versorgen können, sobald sie Mossul verlassen haben. „Sonst geraten sie von einer Hölle direkt in die nächste.“ Derweil naht der Winter. (afp)



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