Messerangriff in England: Ein Verletzter schwebt in Lebensgefahr - Verdächtiger angeklagt
Bei einem Messerangriff in einem Zug von Doncaster nach London King’s Cross in Huntingdon, England, wurden zehn Menschen verletzt, neun davon lebensbedrohlich. Inzwischen sitzt nur noch der 32-Jährige in Haft; der zweite Verdächtige ist wieder auf freiem Fuß.
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Ein Mann steht vor dem Bahnhof Huntingdon, während Polizei und weitere Einsatzkräfte am 02. November 2025 in Huntingdon, England, nach einem Messerangriff in einem Zug am Einsatzort tätig sind. Gestern Abend wurden bei einem Messerangriff im 18:25-Uhr-Zug der LNER von Doncaster nach London King’s Cross mehrere Personen verletzt, wodurch der Zug einen Notstopp in Huntingdon einlegen musste. Die Polizei teilte mit, dass zwei Personen festgenommen wurden und die Verletzten ins Krankenhaus gebracht wurden.
Mutiger Passagier rettet Mädchen vor weiteren Attacken
Nach dem Messerangriff auf mehrere Menschen in einem Zug nahe der englischen Stadt Huntingdon ist der Tatverdächtige angeklagt worden.
Dem 32-Jährigen wird versuchter Mord in insgesamt elf Fällen, Körperverletzung sowie der Besitz einer Stichwaffe vorgeworfen, wie die British Transport Police mitteilte. Er erschien am Montag vor dem Peterborough Magistrates‘ Court, der Richter ordnete Untersuchungshaft an.
Zehn der Fälle des versuchten Mordes stehen in direkter Verbindung zu dem Messerangriff im Zug. Eine weitere Attacke soll den Angaben zufolge früher am Tag an einer Station in London erfolgt sein. Der Nachrichtenagentur PA zufolge erlitt dort ein Opfer Gesichtsverletzungen.
Neun von den zehn Verletzten schwebten am Sonntagmorgen nach Angaben der Bahnpolizei noch in Lebensgefahr.
Am Abend wurden fünf wieder entlassen. Ein Mensch befindet sich weiterhin in einem lebensbedrohlichen Zustand. Den Angaben zufolge handelt es sich bei ihm um einen Mitarbeiter der Bahn.
Ein Passagier berichtete, er habe am Vorabend in dem Zug Richtung London einen Mann mit einem großen Messer und „überall Blut“ gesehen. Das Motiv des Angriffs blieb zunächst unklar. Die Polizei vermeldete zwei Festnahmen und zog Anti-Terror-Ermittler hinzu.
Ein unmittelbar nach der Tat am Samstagabend festgenommener Mann im Alter von 35 Jahren wurde ohne weitere Maßnahmen wieder freigelassen, wie die British Transport Police am Sonntagabend mitteilte. In Haft bleibt der 32-Jährige.
Einen terroristischen Hintergrund hatten die Ermittler ausgeschlossen. Der verdächtige 32-Jährige ist in Großbritannien geboren und hat einen Migrationshintergrund.
Dem 32-jährigen Anthony W. aus Peterborough werde versuchter Mord in zehn Fällen sowie Körperverletzung und der Besitz eines Messers vorgeworfen, teilte die britische Bahnpolizei später mit. Im Zusammenhang mit einem anderen Vorfall in London am selben Tag wird ihm demnach ein weiterer Mordversuch zur Last gelegt.
Ablauf des Angriffs
Der Angriff ereignete sich am Samstagabend auf der stark frequentierten Zugstrecke zwischen Doncaster in Nordengland und dem Londoner Bahnhof King’s Cross. Der Zug hatte kurz nach 18:25 Uhr Peterborough verlassen.
Augenzeugen berichteten gegenüber verschiedenen Medien, dass plötzlich ein Mann mit einem Messer begann, auf mehrere Passagiere einzustechen. Es soll sich um zwei Täter gehandelt haben. „They were stabbing everyone“ („Sie haben auf alle eingestochen“), schilderte Zeuge Olly Foster der BBC die dramatischen Szenen.
‚They were stabbing everyone‘
Olly Foster was on a train where ten people were stabbed – leaving nine with life threatening injuries – before police arrested two men when it stopped at Huntingdon in Cambridgeshire https://t.co/CvnJrhpbGbpic.twitter.com/5CnRPggQl9
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„Rennt, rennt weg! Da ist ein Typ, der sticht auf alle ein!“, schrien Fahrgäste in dem Zug laut dem Bericht von Foster. Er habe zunächst an einen Halloween-Scherz gedacht, sagte er. Doch dann seien verschreckte Passagiere in seinen Waggon gerannt, überall sei Blut gewesen.
Er habe auch einen Fahrgast gesehen, der versuchte, ein kleines Mädchen vor dem Angreifer zu schützen, berichtete Foster weiter. Der ganze Vorfall habe nur einige Minuten gedauert – „Es hat sich aber angefühlt wie ewig.“
Einige Fahrgäste flohen durch die Gänge, andere versteckten sich in Toiletten. Blutige Spuren durchzogen die Wagen. Zeugen berichteten auch, dass die Passagiere während der Angriffe versuchten, sich gegenseitig zu helfen und Erste Hilfe zu leisten. Die Szenen seien chaotisch und angsteinflößend gewesen.
Der Zug hielt außerplanmäßig in Huntingdon, wo die British Transport Police und die Cambridgeshire Constabulary eintrafen. Die beiden Tatverdächtigen wurden sofort festgenommen. Einer der Männer musste zuvor mit einem Taser außer Gefecht gesetzt werden.
Rettung und medizinische Versorgung
Dutzende Rettungsfahrzeuge waren am Bahnhof von Huntingdon vor Ort. Ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP sah, wie Menschen in Rettungsdecken gehüllt weggeführt wurden. Ermittler in weißen Schutzanzügen waren die ganze Nacht im Einsatz. Wegen des Angriffs stellte der Bahnbetreiber London North Eastern Railway (LNER) den Betrieb auf seinem gesamten Streckennetz vorerst ein.
„Wir führen derzeit intensive Ermittlungen durch, um den Hergang des Vorfalls zu klären“, erklärte der Chef der Bahnpolizei, Chris Casey. Er rief zugleich die Bevölkerung dazu auf, nicht über die Ursache des Vorfalls zu spekulieren. „Es kann einige Zeit dauern, bis wir etwas bestätigen können.“
Laut Polizei sind zwei der zehn Verletzten noch in lebensbedrohlichem Zustand. Vier weitere konnten mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen werden, wie John Loveless von der British Transport Police am Sonntag mitteilte.
Polizei und Ermittlungen
Zunächst wurde der Vorfall mit dem nationalen Alarmcode „Plato“ bewertet, der bei möglichen Terrorlagen aktiviert wird. Später bestätigte die Polizei, dass es sich nach ersten Ermittlungen um einen isolierten Vorfall handelte. Die Ermittlungen zu den Hintergründen, zur Motivation und zu möglichen Verbindungen der Täter dauern an.
Die Counter Terrorism Policing unterstützt die lokalen Behörden dabei, alle Aspekte des Angriffs zu untersuchen.
Premierminister verurteilt Messerangriffe
Der britische Premierminister Keir Starmer sprach von einem „entsetzlichen“ und „zutiefst beunruhigenden“ Vorfall. „Meine Gedanken sind bei allen Betroffenen und mein Dank gilt den Rettungsdiensten für ihren Einsatz“, erklärte er im Onlinedienst X. Nach Regierungsangaben hat die Messergewalt in England und Wales seit 2011 stetig zugenommen. Starmer sprach in diesem Zusammenhang bereits von einer „nationalen Krise“.
Im Rahmen der Bemühungen der Labour-Regierung, die Messerkriminalität binnen zehn Jahren zu halbieren, wurden in England und Wales nach jüngsten Angaben des Innenministeriums fast 60.000 Messer „beschlagnahmt oder abgegeben“. Das Tragen eines Messers in der Öffentlichkeit kann mit bis zu vier Jahren Gefängnis bestraft werden. Die Zahl der tödlichen Messerangriffe ging nach Angaben der Regierung im vergangenen Jahr um 18 Prozent zurück.
Anfang Oktober hatte ein mit einem Messer bewaffneter Angreifer vor einer Synagoge in Manchester einen Mann getötet. Ein weiterer Mann wurde durch einen fehlgeleiteten Schuss der Polizei getötet. Die britischen Behörden stuften den Angriff als „terroristisch“ ein.
Sicherheitsimplikationen
Der Angriff wirft auch Fragen zur Sicherheit in Zügen auf, insbesondere auf Hochgeschwindigkeits- und Fernstrecken. Die britischen Behörden prüfen nun, welche zusätzlichen Maßnahmen zur Vermeidung ähnlicher Vorfälle notwendig sind. Experten sehen den Fall als Weckruf, um Notfallpläne in öffentlichen Verkehrsmitteln zu verstärken. (afp/red)
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