Logo Epoch Times
11 Tote

„Nationale Tragödie“: Österreich in Staatstrauer nach Amoklauf an Grazer Schule

Ein ehemaliger Schüler stürmt mit zwei Schusswaffen das BORG Dreierschützengasse in Graz. Zehn Menschen und der mutmaßliche Täter selbst sterben bei dem Amoklauf, zahlreiche weitere werden verletzt. Die Republik steht unter Schock – und ruft Staatstrauer aus.

top-article-image

Innenminister Gerhard Karner und Bundeskanzler Christian Stocker bei der Pressekonferenz nach dem Amoklauf in Graz.

Foto: Alex Halada/AFP via Getty Images

0:00
thumbs-up
author-image
Artikel teilen

Lesedauer: 6 Min.

Nach dem mutmaßlichen Amoklauf am BORG Dreierschützengasse in Graz hat Österreich eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen. Am Dienstag, 10. Juni, hat nach bisherigen Erkenntnissen ein ehemaliger Schüler der Einrichtung das Schulgebäude betreten und in zwei Klassenzimmern das Feuer eröffnet. Später wurde er leblos auf einer Schultoilette gefunden – es deutet alles darauf hin, dass er sich selbst das Leben genommen hat.

Der Kanzler spricht nach dem Amoklauf von Graz von „einem dunklen Tag“

Am Dienstagnachmittag fand in Graz eine Pressekonferenz statt, in der es um den bisherigen Erkenntnisstand zu den Ereignissen ging. Vonseiten der Bundesregierung nahmen Bundeskanzler Christian Stocker, Innenminister Gerhard Karner und Bildungsminister Christoph Wiederkehr daran teil. Neben dem steirischen Landeshauptmann Mario Kunasek und der Bürgermeisterin von Graz, Elke Kahr, waren auch führende Verantwortliche der Einsatzkräfte vor Ort.
Kanzler Stocker sprach von einem „dunklen Tag in der Geschichte unseres Landes“ und einer „nationalen Tragödie“. Österreich stehe „in diesem Moment des Entsetzens still“. Wie auch auf Landes- und Gemeindeebene sollen offizielle Veranstaltungen in den kommenden Tagen unterbleiben. Die österreichische Fußball-Nationalmannschaft wird ihr Länderspiel in San Marino am Dienstagabend mit Trauerbinde bestreiten. Die FPÖ hat ihren für das Wochenende geplanten Parteitag auf Herbst verschoben.
Stocker betonte, in einer solchen Situation müsse Österreich „als Gesellschaft zusammenhalten“. Es sei von besonderer Tragik, dass eine Schule, die eigentlich ein sicherer Raum sein solle, von einem solchen Gewaltakt erschüttert werde.

Nach wie vor erst wenige gesicherte Informationen über Opfer und Täter

Innenminister Karner dankte den Einsatzkräften von der Eliteeinheit Cobra über die Rettungskräfte bis zum Kriseninterventionsteam. Diese seien innerhalb von Minuten am Einsatzort gewesen und hätten potenziell noch schlimmere Folgen verhindern können. Nach bisherigem Stand gibt es zehn Todesopfer. Auch der mutmaßliche Täter sei tot.
Wie viele Schüler und wie viele Lehrkräfte sich unter den Opfern befänden, sei noch Gegenstand der Ermittlungen. Nach derzeitigem Stand seien zwölf Menschen verletzt – davon einige schwer. Sie seien in umliegende Krankenhäuser verbracht worden. In einigen Nachrichtensendern war im Vorfeld der Pressekonferenz die Rede von 28 teilweise Schwerverletzten, darunter mehrere mit Kopfschusswunden. Karner konnte diese Zahl nicht bestätigen.
Über den mutmaßlichen Täter sei bekannt, dass er 21 Jahre alt und ehemaliger Schüler der Einrichtung war. Er habe die Schule nicht abgeschlossen und habe zwei Waffen zum Einsatz gebracht. Dabei soll es sich um eine Langwaffe und eine Faustfeuerwaffe gehandelt haben.

Rätseln um Motiv für den Amoklauf – ungesicherte Informationen im Umlauf

Das Motiv für seine Tat sei noch Gegenstand von Ermittlungen, die sich derzeit auf seine Wohnstätte und sein familiäres und Bekanntenumfeld konzentrierten. Es könnte eine Mobbingproblematik eine Rolle gespielt haben, allerdings war der Tatverdächtige schon seit längerer Zeit kein Schüler der Einrichtung mehr.
In sozialen Medien machten Bilder die Runde, die einen „Samuel Haider“ als angeblichen Tatverdächtigen zeigten. Dieser sei ein „Waffennarr“ gewesen und hätte vergeblich versucht, sich der russischen Söldnereinheit „Wagner Group“ anzuschließen. Diese Informationen konnten jedoch bislang in keiner Weise verifiziert werden. Das Bild, das mehrfach geteilt wurde, zeigte auch definitiv nicht den mutmaßlichen Amokläufer.
Der Polizei zufolge war das Gelände rund um die Schule schon zeitnah nach dem Angriff gesichert. Die Lage sei schnell unter Kontrolle und die Sicherheit gewährleistet gewesen. Mittlerweile liefen die Ermittlungen weiter. Die Beamten bitten die Bevölkerung um Mithilfe. Man habe eine Upload-Plattform eingerichtet.
Auf dieser könne man verdächtige Beobachtungen, Fotos oder Videos von der Tat oder dem Umfeld hochladen. Außerdem nehme jede Polizeidienststelle diese entgegen. Unter dem Hashtag #graz1006 informierten die Sicherheitskräfte über neue Entwicklungen.

Nicht der erste Vorfall dieser Art an einer Schule in Österreich

In europäischen Ländern hatte sich die Zahl der Schießereien mit Schul- oder Universitätsbezug seit Ende des 19. Jahrhunderts im Bereich von acht bis 18 pro Jahrzehnt bewegt. Seit den 1970ern stieg diese von 23 auf 31 in den 2000er-Jahren. In den 2010ern sank sie leicht auf 23 dokumentierte Vorfälle mit Schusswaffen an Schulen. Seit 2020 ist es zu 23 Vorfällen gekommen. [Anm. d. Red.: Die Liste ist von Wikipedia und möglicherweise nicht vollständig.]
Die letzten Vorfälle dieser Art in Österreich ereigneten sich im Mai 2018 in Mistelbach, wo ein 18-jähriger Amokläufer einen 19-Jährigen in einem Schulzentrum verletzte. Eine klemmende Waffe verhinderte wahrscheinlich Schlimmeres. Im Mai 1997 erschoss ein 15-Jähriger einen Lehrer, als dieser einen sexuellen Übergriff auf eine Schülerin verhindern wollte.
Knapp vier Jahre zuvor hatte ein 13-Jähriger den Direktor einer Schule in Hausleiten durch einen Schuss verwundet, nachdem dieser ihn beim Rauchen erwischt hatte. Anschließend erschoss er sich selbst. Im Mai 2012 kam es in St. Pölten zu einem Familiendrama. Ein 37-Jähriger erschoss seinen achtjährigen Sohn offenbar im Zuge eines Sorgerechtsstreits und tötete sich anschließend selbst. Seine siebenjährige Tochter konnte fliehen.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

Aktuelle Artikel des Autors

Kommentare

Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.