Nato befürchtet „vollständigen Angriff“ auf Ukraine

Rund 150.000 russische Soldaten stünden an der Grenze zur Ukraine bereit, warnt der US-Präsident. Als Demonstration der Stärke hat Moskau atomwaffenfähige Raketen getestet. Gelingt jetzt noch eine politische Lösung?
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Ukrainische Soldaten patrouillieren im Osten der Ukraine.Foto: ARIS MESSINIS/AFP via Getty Images
Epoch Times20. Februar 2022

Die Nato erwartet eine umfassende Attacke der russischen Armee auf das Nachbarland Ukraine. „Alle Zeichen deuten darauf hin, dass Russland einen vollständigen Angriff auf die Ukraine plant“, sagte der Generalsekretär der Militärallianz, Jens Stoltenberg, in den ARD-„Tagesthemen“.

Auch nach Einschätzung von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat Russland alle Vorbereitungen getroffen, um angreifen zu können. „Wir sind gut beraten, vorbereitet zu sein“, sagte die SPD-Politikerin im ZDF-„heute journal“.

Russland hat nach US-Angaben rund 150.000 Soldaten an der Grenze zusammengezogen. Moskau streitet Angriffspläne aber ab. Die Regierung dort betont, dass nach dem planmäßigen Ende einiger Manöver inzwischen Truppen zurückgezogen worden seien.

Stoltenberg, zurzeit Gast der Münchner Sicherheitskonferenz, widersprach. „Es werden keine Truppen zurückgezogen, wie Russland das angibt, sondern es kommen neue Truppen hinzu.“ Es gebe außerdem Anzeichen, dass Russland sich darauf vorbereite, einen Vorwand für einen Angriff zu schaffen.

Stoltenberg: Nato will politische Lösung

Stoltenberg betonte, die Nato halte trotz der drohenden Eskalation weiter an einer politischen Lösung fest. „Wir wollen Russland dazu bringen, den Kurs zu ändern und sich mit uns zusammenzusetzen.“

Zu einer von Russland strikt abgelehnten Nato-Mitgliedschaft der Ukraine sagte Stoltenberg, diese sei möglich, aber letztlich die Entscheidung von 30 Alliierten. Es gehe momentan weniger um eine Nato-Mitgliedschaft, sondern darum, „ob wir akzeptieren, dass eine Großmacht wie Russland versucht, einem anderen Land zu diktieren, was es tun kann und nicht tun kann – mit Gewalt.“

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht begrüßte die Entscheidung der Nato, die Bereitschaftszeiten für mehrere Zehntausend Soldaten der Militärallianz drastisch zu verkürzen. Auf die Frage, ob denn auch ein russischer Angriff auf Nato-Mitglieder, etwa die baltischen Staaten oder Polen, zu befürchten sei, sagte die Ministerin: „Die Bedrohung ist sehr groß in dieser Region.“ Und die Nato-Verbündeten hätten ein Anrecht, „entsprechend gesichert zu sein“. Sie fügte hinzu: „Die Nato steht hier. Wir stehen zusammen, geschlossen zusammen. Und Russland muss sich darauf vorbereiten, dass wir unsere Verbündeten schützen.“ Als Demonstration der Stärke hatte Russland am Samstag atomwaffenfähige Raketen getestet.

US-Abgeordneter: Deutschland kapituliert vor Russland

Angesichts der Zuspitzung forderte der US-Kongressabgeordnete Jim Banks Deutschland auf, die Gas-Pipeline Nord Stream 2 sofort zu stoppen und Waffen an die Ukraine zu liefern. „Deutschlands Kapitulation vor Russland bei Nord Stream und anderen Themen ist etwas, bei dem sich der Rest der Welt – vor allem die Amerikaner – an den Kopf fassen“, sagte der oppositionelle Republikaner im US-Repräsentantenhaus der Deutschen Presse-Agentur am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz.

Viele Amerikaner zweifelten Deutschlands Verlässlichkeit an, sagte Banks. Er forderte konkret, dass Deutschland die Waffen an die Ukraine liefert, die die Regierung in Kiew fordert. Die USA haben der Ukraine seit Jahren immer wieder schwere Waffen zur Verfügung gestellt. Deutschland schließt das kategorisch aus.

Blinken erneuert Verhandlungsangebot

US-Außenminister Tony Blinken äußerte sich verständnislos über die Motive von Kremlchef Wladimir Putin. Alles, was Putin angeblich verhindern wollte, habe er beschleunigt, sagte Blinken der „Süddeutschen Zeitung“. So habe sich etwa die Mehrheit der Ukrainer von Russland abgewendet und befürworte nun eine Nato-Mitgliedschaft. Und auch die Stärkung der Nato sei allein Ergebnis der „aggressiven Maßnahmen“ Russlands.

Blinken warnte Moskau eindringlich vor einem Einmarsch in die Ukraine und kündigte für diesen Fall erneut „viele schwere Sanktionen“ gegen Russland an. Zugleich erneuerte er aber auch sein Verhandlungsangebot. Er werde sich, wenn Russland nicht vorher mit dem Krieg beginne, am Mittwoch mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow in Europa treffen. Er gehe aber davon aus, dass Putin seine Entscheidung für einen Krieg schon getroffen habe.

An diesem Sonntag, dem dritten und letzten Tag der Münchner Sicherheitskonferenz, steht die Zukunft der Europäischen Union im Fokus. Auf dem internationalen Expertentreffen wird dazu auch EU-Ratschef Charles Michel sprechen. Außerdem diskutiert Lambrecht mit Kollegen über Sicherheitspolitik und die „Sprache der Macht“. (dpa/red)



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