Billionenschwere Klimainvestitionen: „Netto-Null“ hat überraschenden Effekt
Dekarbonisierung – das ist momentan das anvisierte Ziel von vielen westlichen Staatschefs. Sie wollen damit zum Schutz des Klimas und der Umwelt beitragen. Politiker gehen davon aus, dass die derzeitige Zunahme der Kohlenstoffdioxid-(CO₂-)Konzentration in der Erdatmosphäre zur aktuellen Erhöhung der globalen Temperatur führt. Das soll letztendlich katastrophale Auswirkungen auf die menschliche Lebensweise nach sich ziehen.
US-Präsident Joe Biden sagte dazu am Dienstag, 2. Juli, bei einem öffentlichen Auftritt, das Ignorieren des Klimawandels sei „tödlich, gefährlich und verantwortungslos“. Weiter sagte Biden: „Die heutigen Wetterextreme beeinträchtigen die Menschen, kosten Geld, schaden der Wirtschaft und wirken sich maßgeblich auf die Psyche der Menschen aus.“
Um diese negativen Effekte zu verhindern, haben die Entscheidungsträger vieler Nationen in den vergangenen Jahren mehrere Maßnahmen auf den Weg gebracht. Maßnahmen, die die Kurven von CO₂ und Temperatur wieder nach unten schrauben sollen.
Welche Initiativen gibt es?
Die Regierungen, die dieses Ziel verfolgen, haben dazu für ihr eigenes Land und/oder als Bündnis gemeinsam mit anderen Staaten bestimmte Pläne definiert. So gibt es etwa das Pariser Klimaabkommen – eine Vereinbarung von 197 Staaten plus der Europäischen Union. Darin inbegriffen sind alle völkerrechtlich anerkannten Staaten der Erde.
Viele Staaten versuchen, klimaneutral zu werden. Klimaneutralität bedeutet, das menschliche Verhalten wird das Klima nicht mehr beeinflussen. Deutschland will dieses Ziel bis 2045 erreichen. Die CO₂-Emissionen haben hierzulande im vergangenen Jahr bereits den niedrigsten Wert seit den 1950ern erreicht.
Darüber hinaus gibt es das Ziel „Net Zero“ (Netto-Null), das sowohl die EU als auch die USA erreichen wollen. Netto-Null soll die steigende CO₂-Kurve in die Waagerechte bringen. Das bedeutet, dass die Menge an neu entstehenden Treibhausgasen, die in die Atmosphäre gelangt, deren Konzentrationen nicht weiter erhöhen darf.
Insgesamt soll also nicht mehr dazukommen, als auf natürliche Weise entfernt werden kann. Dabei ist zu erwähnen, dass die Natur selbst der größte Verursacher von CO₂ ist. Rund 96 Prozent entweichen beispielsweise durch Vulkanausbrüche und andere natürliche Prozesse in die Atmosphäre.
Indes will der nach der Natur zweitgrößte CO₂-Verursacher – China – auch klimaneutral werden. Allerdings ist das ein langfristiges Ziel, das Peking erst im Jahr 2060 erreichen will. Spätestens 2030 will das kommunistische Regime den Höchststand an CO₂-Emissionen erreicht haben. Derzeit genehmigen die chinesischen Behörden noch jede Woche zwei neue Kohlekraftwerke.
Teure Investitionen notwendig
Um Netto-Null umzusetzen, haben viele Länder umfangreiche Transformationen verschiedener Lebensbereiche ins Visier genommen. Eine entscheidende Maßnahme ist die sogenannte Energiewende, bei dem sich Deutschland und viele andere Staaten von fossilen Kraftwerksarten lösen und auf erneuerbare Energien setzen.
Ebenso findet derzeit ein Wandel in verschiedenen anderen Bereichen statt. Im Verkehrswesen ist die Abkehr von Verbrennerantrieben und der Umstieg auf Elektrofahrzeuge zu beobachten. Hinzu kommen klimafreundlicheres Heizen und Wohnen.
Das alles kostet die Staaten, sprich die Steuerzahler, viele Milliarden Euro oder US-Dollar. Deutschland hat für seine Energie- und Wärmewende beispielsweise den Klima- und Transformationsfonds im vergangenen Jahr ins Leben gerufen. Für die kommenden vier Jahre stehen nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums insgesamt mindestens 59,4 Milliarden Euro bereit.
Allerdings werden die Kosten wahrscheinlich weitaus höher ausfallen. Allein die Netzausbaukosten dürften bis 2030 nach einer Schätzung der Bundesnetzagentur bei rund 464 Milliarden Euro liegen. In anderen Ländern mit ähnlichen Klimamaßnahmen sind die Ausgaben kaum geringer.
In den USA will die Biden-Regierung aktuell die Ausgaben des öffentlichen Sektors, die pro Jahr 600 Milliarden Dollar (554 Milliarden Euro) betragen, in die Ansiedlung „grüner“ Industrien und die Energiewende investieren. Um die Vorgaben von Netto-Null erfüllen zu können, müssten die USA bis 2032 insgesamt fast 10 Billionen Dollar für die rasche Senkung der Emissionen ausgeben.
Bis zum Jahr 2050 wären weltweit Investitionen von jährlich durchschnittlich 9,2 Billionen US-Dollar nötig, damit die Weltwirtschaft entsprechend den Klimazielen transformiert werden kann. Das sind 3,5 Billionen US-Dollar mehr als heute.
Was eine einzige Maßnahme bewirken könnte
Doch welche tatsächlichen Effekte auf das Weltklima haben diese Maßnahmen? Antworten auf diese Frage suchte der Wirtschaftswissenschaftler Dr. Benjamin Zycher von der Denkfabrik American Enterprise Institute. Auf der 16. Internationalen Klima- und Energiekonferenz in Wien präsentierte der ehemalige Mitarbeiter im Büro für Wirtschaftsanalyse im US-Außenministerium kürzlich seine Erkenntnisse.
Die US-Regierung hat 2015 unter dem ehemaligen Präsidenten Barack Obama eine Effizienzregelung für große Lkw verabschiedet. Wie Zycher erklärte, gibt eine Einflussanalyse der US-Umweltschutzbehörde dazu an, dass diese Maßnahme die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre bis zum Jahr 2100 um 1,1 bis 1,2 Teile pro Million (ppm) reduzieren wird. Den Rückgang der Temperatur schätzen die Analysten bis dahin auf 0,0026 bis 0,0057 Grad Celsius (°C). Der Meeresspiegelanstieg soll dadurch um 0,23 bis 0,57 Millimeter eingeschränkt werden.
Dabei ist anzumerken, dass dies die angenommenen Effekte von nur einer einzigen Maßnahme sind. Die USA haben überdies weitere Klimamaßnahmen initiiert, ebenso viele andere Staaten.
Die Umweltschutzbehörde schlussfolgerte aus der Einflussanalyse laut dem US-amerikanischen Ökonomen einen wirtschaftlichen Profit von mehr als 100 Milliarden Dollar. Zycher erklärte dazu: „Dieses Ergebnis kommt deswegen zustande, weil sie die von ihnen angenommenen reaktionären Klimaeffekte ignorieren. Sie multiplizieren die angenommene Reduzierung der Treibhausgasemissionen mit den angenommenen sozialen Kosten von Kohlenstoff.“ Letztendlich seien hier tatsächliche Klimaeffekte irrelevant.
Was bewirkt nun Netto-Null?
Zycher untersuchte auch, um welchen geschätzten Wert die großen eingangs erwähnten Klimamaßnahmen die globale Temperatur bis zum Jahr 2100 senken können. Seine kalkulierten Zahlen beruhen dabei auf mehreren offiziellen Analysen zur Reduktion der Treibhausgase bis 2050.
Diese rechnete er dann in der Zeitleiste weitere 50 Jahre hoch und berücksichtigte zwei angenommene Temperaturerwärmungen, auch als Klimasensitivität bezeichnet. Ein Szenario geht von einer Zunahme um 2,0 °C aus und eines von 4,5 °C. Der höhere Wert sei vom Zwischenstaatlichen Gremium für Klimawandel (IPCC) als Maximalwert bis 2100 angegeben.
Demnach zeige sich, dass die Netto-Null-Maßnahmen der derzeitigen US-Regierung eine Temperatursenkung bis 2100 um zwischen 0,104 und 0,173 °C bewirken.
Temperaturreduktionen durch Klimamaßnahmen bis 2100 | ||
Maßnahmen | Temperaturerwärmungsszenarien bis 2100 | |
— 2,0 °C — | — 4,5 °C — | |
Netto-Null in den USA (Biden) | 0,104 °C | 0,173 °C |
Pariser Klimaabkommen | 0,066 °C | 0,109 °C |
China (50 % Treibhausgasreduktion) | 0,111 °C | 0,184 °C |
OECD (60 % Treibhausgasreduktion) | 0,145 °C | 0,242 °C |
EU-27 Netto-Null | 0,052 °C | 0,087 °C |
Welt (25 % Treibhausgasreduktion) | 0,206 °C | 0,343 °C |
Temperatureffekte verschiedener Klimaprojekte bis 2100. Foto: mf/Epoch Times
Geringer gibt Zycher den prognostizierten Wert für das Pariser Klimaabkommen an. Dieses drücke die Temperatur um 0,066 °C beziehungsweise 0,109 °C. Die von China angekündigten künftigen Anstrengungen würden die Temperatur der Erdatmosphäre um 0,111 °C beziehungsweise 0,184 °C reduzieren. Die Klimamaßnahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kämen auf Effekte von 0,145 °C beziehungsweise 0,242 °C.
Den geringsten Wert zur Temperatursenkung erziele das Netto-Null-Vorhaben der EU 27. Es soll nach Angaben des Wirtschaftswissenschaftlers die Temperatur um 0,052 °C beziehungsweise 0,087 °C drosseln.
Den globalen Effekt zur Temperaturreduktion bis 2100 kalkulierte Zycher auf 0,206 °C beziehungsweise 0,343 °C. Oder anders ausgedrückt: Im besten Fall schaffen es nach derzeitigem Stand alle Klimamaßnahmen der Welt, die Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts um maximal rund ein Drittel Grad Celsius zu senken. Zur Erinnerung: Das kostet die Weltgemeinschaft jährlich im Schnitt 9,2 Billionen US-Dollar. Daraufhin urteilte Zycher:
Ich glaube nicht, dass es hier einen vernünftigen Kosten-Nutzen-Effekt gibt, den diese Maßnahmen rechtfertigen können.“
Schlussfolgerungen
Der konservativ eingestellte Ökonom ist im Gegensatz zu vielen Regierungen und großen Organisationen nicht der Ansicht, dass es derzeit einen Klimanotstand gibt.
Zycher schlussfolgerte, dass die Treibhausgaspolitik der Biden-Regierung „nachweislich keine nicht-trivialen Auswirkungen auf das Klima hat“. Sie habe einige Parameter ignoriert und stattdessen das Produkt aus Treibhausgasreduktion und SCC/SC-GHG als „Nutzen“ für das Klima geltend gemacht. SCC (Soziale Kohlenstoffkosten) und SC-GHG (Soziale Kosten für Treibhausgase) beschreiben hierbei gesellschaftlichen, nicht monetäre Kosten, einschließlich Veränderungen der landwirtschaftlichen Nettoproduktivität, der Gesundheit, durch Unterbrechungen der Energieversorgung und andere Effekte.
„Da die Kosten so hoch sind, können die Klimamaßnahmen keinem plausiblen Kosten-Nutzen-Vergleich standhalten“, sagte Zycher. Ebenso ist er der Ansicht, dass das seiner Aussage nach gängige Argument der Interessen künftiger Generationen falsch ist. Diese würden nicht von den Effekten der Bemühungen zur Dekarbonisierung profitieren.
Der Wissenschaftler meinte zudem, dass die Kohlenstoffdioxidbesteuerung und die Preise für Emissionszertifikate in Europa niedriger sind, als die SC-GHG-Berechnungen der Biden-Regierung. Die Behauptungen der US-Regierung über den „Nutzen“ von Treibstoffeinsparungen seien „ein Beispiel für die grundlegende Unehrlichkeit der Kosten-Nutzen-Analysen der Biden-Regierung“.
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