Nord Stream 2 wegen Sanktionen in Gefahr: Russland und Deutschland bangen um Gas-Pipelinebau

Noch gibt es keine Genehmigung für Russlands Pipelinebau in der Ostsee. Dennoch treibt Nord Stream 2 den Bau einer zweiten Erdgastrasse zielstrebig voran. Ende Oktober kommen die ersten Rohre nach Rügen. Gleichzeitig gibt es Druck aus der EU wegen möglicher Sanktionen gegen Russland. Diesen könnte genau dieses Projekt als Erstes zum Opfer fallen.
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SymbolfotoFoto: SERGEI KARPUKHIN/AFP/Getty Images
Epoch Times24. Oktober 2016

Ungeachtet der politischen Spannungen zwischen Russland und der EU treibt der Pipelinebauer Nord Stream 2 den Bau einer zweiten Trasse für russisches Erdgas durch die Ostsee voran.

Ende Oktober sollen die ersten Stahlrohre nach Sassnitz auf die Insel Rügen transportiert werden, wo sie mit Beton ummantelt und für die Verlegung vorbereitet werden sollen, wie ein Unternehmenssprecher sagte. „Die Nord Stream 2 AG geht weiterhin davon aus, beide Stränge der Pipeline Ende 2019 in Betrieb zu nehmen.“

Nord Stream zeigte Genehmigungsfähigkeit

Die bereits in Betrieb genommene erste Ostseepipeline habe gezeigt, dass ein solches Infrastrukturprojekt innerhalb eines ambitionierten Zeitplanes genehmigungsfähig und realisierbar sei. Bereits im September hat die Gazprom-Tochter Rohre für die Betonummantelung und spätere Verlegung an die finnische Küste liefern lassen.

Zudem wurde in diesem Jahr im gesamten 1200 Kilometer langen Offshore-Routenkorridor mit den ersten technischen und ökologischen Untersuchungen begonnen. Allerdings fehlen noch in allen betroffenen Ländern Genehmigungen: In Schweden beantragte Nord Stream 2 den Pipelinebau Mitte September 2016. Die Genehmigungsanträge in Deutschland, Dänemark, Finnland und Russland folgen laut dem Unternehmenssprecher Anfang 2017. Der etwa acht Milliarden Euro teure Bau des Doppelstranges verläuft nahezu parallel zur ersten Leitung.

In Sassnitz auf Rügen würde der Pipelinebau – wenn auch zeitlich begrenzt – für etwa 150 zusätzliche Arbeitsplätze sorgen. Die Wasco Coatings Europe BV mit Hauptsitz in Malaysia wird auf dem Fährhafen-Gelände rund 90 000 Stahlrohre mit Beton ummanteln und lagern. Sie werden derzeit von Europipe mit Sitz in Mülheim an der Ruhr gefertigt.

Pipeline politisch umstritten

Wie die erste Pipeline ist auch der Bau der zweiten Erdgastrasse umstritten. „Die Bundesregierung sollte abrücken von ihrer Position, wonach Nord Stream 2 ein rein geschäftliches und nicht politisches Projekt sei“, sagte der CDU-Politiker Norbert Röttgen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) (Dienstag). Röttgen ist Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. „Polen, Balten und Ukrainer sehen durch dieses Pipeline-Projekt ihre Sicherheit bedroht“, sagte er. Das Projekt sei „energie- und außenpolitisch“ falsch.

Probleme hatte es zuletzt in Polen gegeben. Ursprünglich wollte Gazprom gemeinsam mit fünf westlichen Energiekonzernen, darunter der größte deutsche Öl- und Gasproduzent Wintershall, ein Gemeinschaftsunternehmen bilden. Nachdem eine fusionskontrollrechtliche Anmeldung bei der polnischen Wettbewerbsbehörde sich ohne Entscheidung hinzog, nahmen die Unternehmen ihren Antrag zunächst zurück.

Seit 2011 pumpt die Nord Stream AG unter Umgehung Polens russisches Erdgas über einen 1200 Kilometer langen Doppelstrang nach Deutschland und Westeuropa. Nach Angaben des Unternehmens flossen durch die Trasse bislang rund 144 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Die Auslastung steige von Jahr zu Jahr und liege 2016 bei etwa 80 Prozent.

Derzeit hält die niederländische Gazprom Gerosgaz Holdings – ein Tochterunternehmen von Gazprom  – alle Anteile an Nord Stream 2. Mit der zweiten Ostseepipeline und dem gerade beschlossenen Bau der Leitung Turkish Stream, einer Erdgaspipeline durch das Schwarze Meer, könnte Russland die Ukraine und Polen bei der Belieferung der EU mit Gas sowie mögliche Transitkonflikte umgehen.

Polen und die baltischen Staaten werden lediglich über das sogenannte Espoo-Verfahren an dem Bau beteiligt, in dem die sich nur zu möglichen grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen positionieren können. Der Grund: Die Pipeline läuft nicht durch die Hoheitsgewässer von Polen, Lettland, Litauen und Estland.

Geht es bei den EU-Grabenkämpfen wegen Sanktionen gegen Russland um Energiepolitik ?

Unterdessen scheinen sich die Grabenkämpfe in der EU wegen möglicher Sanktionen gegen Russland zuzuspitzen. Aber diese könnten rein energiepolitische Hintergründe haben. Denn die Sanktionen würden hauptsächlich die Erweiterung des ambitionierten Pipeline-Projektes betreffen, wie die „Deutschen Wirtschafts Nachrichten“ berichten. Demnach spalte sich die EU in zwei Lager. Auf der einen Seite stehen prorussische Politiker Deutschlands, als potentieller Hauptprofiteur, auf der anderen der Rest der EU.

Während Außenminister Steinmeier sich klar gegen die Sanktionen ausspricht, möchte der Großteil der EU-Politiker die Menschenrechtsverbrechen durch russische Bombardements gesühnt sehen. Aber sollte es sich hier um reine Propaganda der EU handeln, die sich selbst als Energie-Markt für Fracking-Flüssiggas aus den USA öffnen möchte?

Denn bei den sogenannten Menschenrechtsverbrechen der syrischen Regierung gegen ihre eigene Bevölkerung handelt es sich nur um westliche Propaganda, wie kürzlich Vor-Ort-Recherchen einer Delegation des UN-Friedensrates ermittelten. Offenbar geht es in diesem Krieg lediglich um die Kontrolle aktueller und zukünftiger Erdgas- und Erdöllieferrouten. Sollte es sich beim Streit um die Sanktionen gegen Russland ebenfalls nicht um Menschenrechtsverbrechen drehen? Vielmehr scheint man sich hier um Marktanteile bei der Erdgasversorgung Europas zu zanken. (dpa/dk)

 



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