Pipeline-Projekt mit großem Konfliktpotenzial

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Ein Schiff verlegt in der Ostsee Rohre für die Gaspipeline Nord Stream 2.Foto: Getty Images
Epoch Times22. Juli 2021

Jahrelang hatte das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 für Streit zwischen Washington und Berlin gesorgt. Nun gibt es eine Einigung zwischen Washington und Berlin: Die Gasleitung durch die Ostsee kann ohne Sanktionen fertiggestellt werden. Im Gegenzug soll der Gastransit durch die Ukraine langfristig vertraglich abgesichert werden. Umstritten ist das deutsch-russische Projekt aber auch innerhalb Europas.

Die 1200 Kilometer lange Pipeline soll in weitaus größerem Umfang als bislang russisches Erdgas nach Deutschland bringen. Startpunkt ist die russische Ostseeküste westlich von St. Petersburg, Ziel ist Lubmin unweit von Greifswald. Die gewaltige Pipeline besteht aus zwei Leitungen, die weitgehend parallel zur Route der bereits bestehenden Pipeline Nord Stream verlaufen. Anfang Juni hatte Russlands Präsident Wladimir Putin die Fertigstellung des ersten der beiden Stränge von Nord Stream 2 verkündet.

Der Bau der Röhren auf dem Grund der Ostsee verzögerte sich insbesondere wegen Widerstands aus den USA. Ende 2019 verhängte die damalige Regierung von US-Präsident Donald Trump Sanktionen, um die Fertigstellung der Pipeline zu verhindern.

Auch Trumps Nachfolger Joe Biden ist der Auffassung, dass sich Deutschland und Europa mit der Pipeline in eine wachsende Abhängigkeit von Russland begeben und dem Gas-Transitland Ukraine schaden würden. Washington will aber die guten Beziehungen zu Deutschland nicht aufs Spiel setzen.

Position traditioneller Transitländer geschwächt

Kritisch wird die Pipeline auch in Osteuropa gesehen. Der Bau einer zusätzlichen direkten Gasleitung von Russland nach Deutschland schwächt die Position traditioneller Transitländer. Das betrifft zum einen die Ukraine, zum anderen die quer durch Belarus und Polen verlaufende Jamal-Europa-Pipeline.

Die Transitgebühren sind für die Länder ein wichtiger Einnahmefaktor. Darüber hinaus macht die Verfügbarkeit alternativer Routen sie entbehrlicher und womöglich zum Ziel politischer Erpressungen.

Polen und die Ukraine kritisierten die erzielte Einigung Deutschlands und der USA umgehend scharf. Sie schaffe eine „zusätzliche politische, militärische und energetische Bedrohungen für die Ukraine und Mitteleuropa insgesamt“.

Warnung an Russland

Berlin und Washington verteidigten ihr Vorgehen ebenfalls in einer gemeinsamen Erklärung. Sollte Russland versuchen, „Energie als Waffe zu benutzen, oder weitere aggressive Handlungen gegen die Ukraine begehen“, seien beide Länder „gemeinsam entschlossen, Russland für Aggressionen und destruktive Aktivitäten zur Rechenschaft zu ziehen“ – auch mit Sanktionen.

Nord Stream 2 soll den Planungen zufolge künftig eine jährliche Kapazität von 55 Milliarden Kubikmetern erreichen. Das ist ebenso viel wie die Kapazität der 2011 eingeweihten ersten Nord-Stream-Pipeline und nach Unternehmensangaben genug, um 26 Millionen Haushalte zu versorgen.

Zweifel gibt es daran, ob Nord Stream 2 für die Energieversorgung in Deutschland notwendig und der hohe wirtschaftliche Aufwand für den Betrieb der Pipeline gerechtfertigt ist. Umweltschützer wiederum kritisieren die Pipeline aus klimapolitischen Gründen. Erdgas ist ein fossiler Energieträger. (afp/oz)



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