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plus-iconOberstes Gericht ordnet Untersuchung an

Milliardenschäden nach Stromausfall: Spaniens Energiewende unter Druck

Nach einem großflächigen Stromausfall in Spanien, Portugal und Teilen Frankreichs ermittelt der Oberste Gerichtshof in Madrid. Im Fokus steht die Frage, ob äußere Einwirkungen wie Cyberangriffe oder instabile Solarstromerzeugung den Blackout ausgelöst haben. Die wirtschaftlichen Schäden sind enorm – und die Energiewende steht erneut zur Debatte.

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Nach dem weitreichenden Blackout normalisiert sich die Lage in Spanien und Portugal allmählich – aber einige Haushalte sind noch immer im Dunklen.

Foto: Emilio Morenatti/AP/dpa

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Lesedauer: 6 Min.

Obwohl der spanische Netzbetreiber Red Eléctrica de España (REE) einen Cybersicherheitsvorfall als Ursache für den großflächigen Stromausfall vom Montag, 28. April, ausschließt, ordnete der Oberste Gerichtshof am Dienstag eine Untersuchung an. Dabei soll festgestellt werden, ob Einwirkungen von außen tatsächlich als Ursachen für den Blackout ausgeschlossen werden könnten.
Richter Jorge Calama erklärte, es sei noch ungeklärt, was den Stromausfall ausgelöst haben könnte. Es sei aber „Cyberterrorismus zu den üblichen Szenarien“ zu zählen. Unterdessen teilte REE mit, dass 99,95 Prozent der Nachfrage wieder bedient werden könnten. Der portugiesische Netzbetreiber REN erklärte, es sei gelungen, das Netz bis in die Abendstunden des Montags „perfekt zu stabilisieren“.

Wirtschaftsverband: Stromausfall hat enorme Schäden für die Wirtschaft verursacht

Bei dem Stromausfall, der weite Teile Spaniens und Portugals, aber auch Frankreichs betraf, fiel die Versorgung teilweise bis zu 12 Stunden aus. Der Wirtschaftsverband CEOE schätzte die Verluste für die Betriebe auf etwa 1,6 Milliarden Euro oder 0,1 Prozent des BIP. Einige bedeutende Industrieöfen hätten dadurch einen Schaden erlitten. Es könne zudem eine Woche oder länger dauern, bis die Ölraffinerien ihren Betrieb wiederaufnehmen könnten.
Der Leiter des Systembetriebs von REE, Eduardo Prieto, erklärte am Dienstag auf einer Pressekonferenz, es habe einen enormen Verlust bei der Stromerzeugung im Südwesten Spaniens gegeben. Dieser habe eine Instabilität ausgelöst, die zu einer Trennung vom französischen Stromnetz geführt habe.
Es sei zwar noch zu früh, endgültige Aussagen zu treffen, aber es könne sich bei der betroffenen Erzeugungsart um Solarstrom gehandelt haben. Ein Eindringen in die Steuerungssysteme schloss Prieto hingegen als mögliche Ursache aus. Zum Zeitpunkt des Stromausfalls sei 59 Prozent des spanischen Stroms aus dieser Quelle gekommen.

Frankreich glimpflich davongekommen – Portugal mit Notfallmaßnahmen

Windenergie habe zum betroffenen Zeitpunkt 12 Prozent des verfügbaren Stroms beigesteuert, Kernkraft fast 11 und Dampfkraftwerke etwa 5 Prozent. In nur 5 Minuten sank den Daten von REE zufolge die Solarstromerzeugung von mehr als 18 auf 8 Gigawatt. Gegenüber „La Vanguardia“ äußerte Prieto:
„Die Tatsache, dass die Abschaltungen im Südwesten der Halbinsel stattfanden, könnte darauf hindeuten, dass der Verlust der Erzeugung auf Solarenergie zurückzuführen ist.“
Frankreich scheint glimpflich davongekommen zu sein. Der dortige Netzbetreiber RTE teilte mit, dass lediglich der französische Teil des Baskenlands für einige Minuten ohne Strom gewesen sei. Es sei zeitnah gelungen, die Versorgung wiederherzustellen.
REN hingegen sprach von einer komplexen „Schwarzstart“-Operation, die erforderlich gewesen sei, um zu einer stabilen Versorgung zurückzufinden. Um diese schrittweise und kontrollierte Rückführung zu erreichen, sei es erforderlich gewesen, ein Gaskraftwerk in Tapada do Outeiro nach einer vollständigen Abschaltung wieder in Betrieb zu nehmen. Andernfalls hätte man die Versorgung des Großraums Porto nicht zeitnah wiederherstellen können.

Thinktank: Zu viel Erneuerbare nehmen Netz erforderliche Trägheit

Während REE eine noch nicht näher erklärte Entkopplung von der Stromverbindung mit Frankreich als Ursache für den Blackout ausgeht, spricht man bei REN von einem „seltenen atmosphärischen Phänomen“ als möglichem Auslöser. Einzelheiten dazu nannte man noch nicht. Eine vollständige Normalisierung des Netzes könne bis zu einer Woche dauern.
Der britische Thinktank Net Zero Watch spricht unter Berufung auf Netzanalysten von einer „hohen Wahrscheinlichkeit“ dafür, dass der hohe Anteil von Strom aus erneuerbaren Quellen zu jenem Zeitpunkt zum Ausmaß des Blackouts beigetragen habe.
Die Stabilität von Stromnetzen hänge unter anderem von einem Trägheitsmoment ab. Dieses sorge dafür, dass das Netz widerstandsfähig bleibe gegen schnelle Veränderungen. Die Trägheit sei „ein inhärentes Merkmal von großen rotierenden Turbinen wie Gaskraftwerken, nicht aber von Wind- und Solarparks“, so der Thinktank. Zu viele erneuerbare Kapazitäten könnten eine unzureichende Trägheit bedingen, heißt es weiter:
„Infolgedessen können sich Fehler in Netzen, die von Wind und Sonne dominiert werden, fast augenblicklich über die Netze ausbreiten und zu Stromausfällen führen.“

Stromausfälle in dieser Größenordnung bislang selten

In Spanien will die Regierung bis 2035 einen Ausstieg aus der Kernkraft vollziehen und das Land ausschließlich mit Energie aus erneuerbaren Quellen versorgen. Der erste Reaktor soll 2027 vom Netz gehen. Die jüngsten Ereignisse könnten eine Debatte darüber erneut beleben.
Bis dato waren Stromausfälle in dieser Größenordnung in Europa eher selten. Im Jahr 2003 verursachte ein Problem mit einer Wasserleitung zwischen Italien und der Schweiz einen größeren Ausfall. Dieser ließ fast ganz Italien für etwa 12 Stunden ohne Strom.
Am 4. November 2006 fiel ab 22:10 Uhr in weiten Teilen Europas der Strom aus, weil der Netzbetreiber E.ON eine Fehlschaltung durchgeführt hatte. Diese ließ das von Stromflüssen überlastete europäische Transportnetz kollabieren. Allerdings dauerte der Blackout, der auch Deutschland betraf, damals nur eine halbe Stunde.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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