Politiker würdigen verstorbenen Sowjet-Präsidenten – Wer kommt zur Beerdigung?

Der Tod des früheren Sowjetpräsidenten und Friedensnobelpreisträgers Michail Gorbatschow löste international Bestürzung aus. Unklar bleibt, welche Gäste zur Beerdigung reisen werden. Viele ranghohe westliche Politiker sind aufgrund des Konfliktes um den Russland-Ukraine-Krieg mit Einreiseverboten belegt.
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Der ehemalige Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow. Archivbild).Foto: -/kyodo/dpa/dpa
Epoch Times31. August 2022

Er war der letzte Anführer der Sowjetunion, leitete das Ende des Kalten Krieges ein und gilt als einer der Wegbereiter der deutschen Wiedervereinigung: Im Alter von 91 Jahren ist der frühere sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow gestorben. Der Friedensnobelpreisträger starb am Dienstag „nach langer schwerer Krankheit“, wie das Zentralkrankenhaus in Moskau nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen mitteilte.

Russlands Präsident Wladimir Putin sprach Gorbatschows Angehörigen sein „tiefstes Beileid“ aus, wie Kreml-Sprecher Dmitri Peskow mitteilte. „Am Morgen wird er seiner Familie und seinen Freunden ein Kondolenztelegramm schicken.“

Würdigungen

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den verstorbenen Ex-Präsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, als mutigen Reformer und Staatsmann gewürdigt. Er habe dazu beigetragen, dass der Eiserne Vorhang verschwunden sei, „Demokratie und Freiheit in Europa möglich geworden sind und dass Deutschland vereint werden konnte“, sagte Scholz am Mittwoch am Rande der Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg. Die Demokratiebewegungen in Mittel- und Osteuropa hätten „davon profitiert, dass er zu dieser Zeit Verantwortung in Russland hatte“.

In Russland habe Gorbatschow es möglich gemacht, dass der „Versuch unternommen werden konnte, eine Demokratie zu etablieren“, sagte Scholz weiter. Er sei nun in einer Zeit gestorben, in der die Demokratie in Russland „gescheitert“ sei. „Anders kann man die gegenwärtige Lage dort nicht beschreiben.“

Ähnlich äußerte sich auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: „Deutschland bleibt ihm verbunden, in Dankbarkeit für seinen entscheidenden Beitrag zur deutschen Einheit, in Respekt für seinen Mut zur demokratischen Öffnung und zum Brückenschlag zwischen Ost und West, und in Erinnerung an seine große Vision von einem gemeinsamen und friedlichen Haus Europa“, so Steinmeier in einem Kondolenzschreiben.

„Wer ihn in den letzten Jahren erlebt hat, konnte spüren, wie sehr er daran litt, dass dieser Traum in immer weitere Ferne rückte“, fügte der Bundespräsident hinzu. „Heute liegt der Traum in Trümmern, zerstört durch den brutalen Angriff Russlands auf die Ukraine. Michail Gorbatschow wollte eine andere Zukunft, wir wollen eine andere Zukunft.“

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) schrieb auf Twitter:

Gorbatschow habe sich „in Schicksalsmomenten unserer Geschichte von Frieden und der Verständigung zwischen den Menschen leiten lassen“, schrieb Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Mittwochmorgen auf Twitter. „Das Ende des Kalten Kriegs und die deutsche Einheit sind sein Vermächtnis. Wir trauern um einen Staatsmann, dem wir dafür ewig dankbar sind.“

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) erklärte, Deutschland habe Gorbatschow viel zu verdanken.

Weltweite Reaktionen

Auch international löste die Nachricht von Gorbatschows Tod große Bestürzung aus. UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnet den Friedensnobelpreisträger als „einzigartigen Staatsmann, der den Gang der Geschichte verändert hat“. „Er hat mehr als jeder andere für ein friedliches Ende des Kalten Krieges getan.“

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte, Gorbatschow habe „eine entscheidende Rolle bei der Beendigung des Kalten Krieges und dem Fall des Eisernen Vorhangs“ gespielt und „den Weg für ein freies Europa“ geebnet.

US-Präsident Joe Biden würdigte Gorbatschow als „Mann mit außergewöhnlicher Weitsicht“ und „Anführer, wie es ihn selten gibt“, der die Welt „sicherer“ gemacht habe. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron bezeichnete Gorbatschow als „Mann des Friedens, dessen Entscheidungen den Russen den Weg zur Freiheit eröffnet haben“.

Wer kommt zu Gorbatschows Beerdigung?

Schon lange vor seinem Tod hat Gorbatschow seine Beerdigung geregelt. Er wird auf Moskaus berühmtem Prominentenfriedhof am Neujungfrauenkloster beerdigt, wo er sich ein Grab neben seiner 1999 nach schwerer Krankheit in Münster gestorbenen Frau Raissa Gorbatschowa gesichert hatte. Dort war er oft. Unklar ist allerdings, welche internationalen Gäste zur Beerdigung in Moskau kommen werden – angesichts des Russland-Ukraine-Krieges und der Sanktionen der EU und der USA gegen das Land.

So sind nicht nur viele ranghohe Politiker der EU von russischer Seite als Reaktion auf die westlichen Sanktionen mit Einreiseverboten belegt worden. Gesperrt ist auch der Luftraum in Russland für „unfreundliche EU-Staaten“.

Viele westliche Politiker meiden wegen des von Präsident Putin befohlenen Krieges in der Ukraine vor sechs Monaten den Kontakt mit Russland. Angesichts der historischen und internationalen Bedeutung des Politikers dürften aber auch Gäste aus dem Ausland Abschied nehmen wollen von dem ehemaligen Sowjetpräsidenten.

Gorbatschow war am Dienstagabend nach langer schwerer Krankheit in Moskau gestorben. Er war der letzte Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und hatte die Politik von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) eingeführt. 1991 war er als sowjetischer Präsident zurückgetreten.

Politisch hatte Gorbatschow in den vergangenen Jahrzehnten keine Rolle mehr gespielt. Der Versuch eines Comebacks bei der Präsidentschaftswahl 1996 scheiterte kläglich – Gorbatschow kam nur auf 0,5 Prozent der Stimmen.

Immer wieder meldete er sich aber öffentlich zu Wort und warnte vor einer erneuten Zunahme der Spannungen zwischen Russland und den USA. Bis zuletzt genoss er international großes Ansehen. (dl)

(Mit Material von Nachrichtenagenturen)



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