Polizei in Istanbul treibt Demonstranten mit Tränengas auseinander

In Istanbul wurden von der Polizei hunderte Menschen mit Tränengas auseinander getrieben, die in der türkischen Metropole gegen die Festnahme kurdischer Politiker demonstrierten. Ungeachtet der Proteste im In- und Ausland ging auch die Justiz am Samstag weiter massiv gegen Regierungskritiker vor.
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Wasserwerfer und Tränengas sollten die Demonstranten in Istanbul vertreiben.Foto: YASIN AKGUL/AFP/Getty Images)
Epoch Times5. November 2016

Mit Tränengas und Wasserwerfern hat die Polizei in Istanbul hunderte Menschen auseinander getrieben, die in der türkischen Metropole gegen die Festnahme kurdischer Politiker demonstrierten. Ungeachtet der Proteste im In- und Ausland ging auch die Justiz am Samstag weiter massiv gegen Regierungskritiker vor. So ordnete ein Gericht in Istanbul an, dass neun Mitarbeiter der Oppositionszeitung „Cumhuriyet“, darunter Chefredakteur Murat Sabuncu, in Haft bleiben.

Wie AFP-Reporter berichteten, demonstrierte hunderte Menschen am Samstag vor einer Moschee im Bezirk Sisli im europäischen Teil von Istanbul. Viele betitelten den Staat in Sprechchören als „faschistisch“ und riefen „Wir werden nicht schweigen“. Die Polizei griff aber rasch ein und trieb die Menge auseinander. Neben Tränengas und Wasserwerfern setzte sie auch Gummigeschosse ein.

Proteste gegen Festnahmen von Abgeordneten

Der Protest der Menge richtete sich gegen die am Freitag erfolgte Festnahme von mehreren Abgeordneten der prokurdischen Oppositionspartei HDP. Unter den Festgesetzten sind auch die beiden Parteichefs Selahattin Demirtas und Figen Yüksedag. Sie wurden nach ihrem Verhör in Diyarbakir im Südosten der Türkei in Gefängnisse fernab der HDP-Hochburgen gebracht: Demirtas in der Provinz Edirne nahe der Grenze zu Griechenland und Bulgarien, Yüksedag nach Kocaeli östlich von Istanbul.

Außer den beiden Parteichefs kamen mehrere weitere HDP-Mitglieder in Haft. Ihnen werden Mitgliedschaft in der PKK und „Terror-Propaganda“ angelastet. An den Razzien der türkischen Behörden hatte es massive internationale Kritik gegeben.

„Cumhuriyet“-Mitarbeiter festgenommen

Zu den neun „Cumhuriyet“-Mitarbeitern, deren Untersuchungshaft verlängert wurde, zählen neben Sabuncu auch der Karikaturist Musa Kart und der Kolumnist Kadri Gürsel. Die Kolumnisten Hikmet Cetinkaya und Aydin Engin wurden aus gesundheitlichen und Altersgründen freigelassen, stehen aber weiterhin unter Kontrolle der Justiz. Zwei weitere „Cumhuriyet“-Mitarbeiter kamen frei, nachdem die Vorwürfe gegen sie fallen gelassen wurden.

Insgesamt waren 13 „Cumhuriyet“-Mitarbeiter Anfang der Woche festgenommen worden. Die türkische Justiz wirft ihnen Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vor sowie zur Bewegung des im US-Exil lebenden islamischen Predigers Fethullah Gülen, den Ankara für den Putschversuch von Mitte Juli verantwortlich macht.

Merkel findet das „in höchstem Maße alarmierend“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte das Vorgehen Ankaras gegen die Oppositionszeitung am Mittwoch als „in höchstem Maße alarmierend“ verurteilt. Zuvor hatte der frühere Chefredakteur von „Cumhuriyet“, Can Dündar, die Reaktion der Bundesregierung auf die Festnahmen als „wirklich schwach“ kritisiert.

Grünen-Chef Cem Özdemir legte im Deutschlandfunk nahe, dass der Umsturzversuch von Mitte Juli im Sinne der türkischen Regierung gewesen sei. Staatschef Recep Tayyip Erdogan setze auf eine Eskalation der Lage, um seine Macht zu festigen. Die Türkei sei auf dem Weg „in Richtung islamo-türkische Diktatur“.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte dem „Donaukurier“ (Samstagsausgabe), der Umgang der türkischen Regierung mit der Opposition sei „völlig inakzeptabel“. „Da werden Grundwerte der EU mit Füßen getreten.“  (afp/rls)



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