Türkei plant Präsidialsystem: Posten des Ministerpräsidenten wird abgeschafft

Mit der geplanten Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei soll nach den Worten eines Regierungsmitglieds der Posten des Ministerpräsidenten abgeschafft werden.
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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan.Foto: ADEM ALTAN/AFP/Getty Images
Epoch Times17. November 2016

Mit der geplanten Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei soll nach den Worten eines Regierungsmitglieds der Posten des Ministerpräsidenten abgeschafft werden. Ein von der Regierung unterstützter Vorschlag sehe vor, dass es künftig neben dem Staatspräsidenten mindestens einen Stellvertreter geben solle, sagte Forstminister Veysel Eroglu am Donnerstag der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Den Posten des Regierungschefs werde es hingegen nicht mehr geben.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan war von 2003 bis 2014 selbst Ministerpräsident, im August 2014 wechselte er ins Amt des Staatspräsidenten. Seither arbeitet er daran, die Verfassung so zu ändern, dass er als Präsident ähnliche Machtbefugnisse wie der Präsident in den USA oder Frankreich bekommt.

Die wichtigsten exekutiven Befugnisse des Ministerpräsidenten sollen dann auf ihn übergehen. Ein von der Regierung unterstützter Vorschlag sehe aber vor, dass es künftig neben dem Staatspräsidenten mindestens einen Stellvertreter geben solle.

Für die Einführung eines Präsidialsystems sind mindestens 330 Stimmen im 550 Abgeordnete zählenden Parlament notwendig, um ein entsprechendes Referendum einzuberufen. Eroglu stellte das Referendum für den kommenden Frühling in Aussicht.

Dabei könne Erdogans konservativ-islamische Regierung AKP auf die Unterstützung der oppositionellen MHP setzen. Neuwahlen zum Parlament und für den Posten des Präsidenten werde es erst 2019 geben, sagte Eroglu.

Türkische Gemeinde rechnet mit wachsender Zahl von Flüchtlingen

Im Südosten der Türkei gingen die Behörden derweil weiter gegen kurdische Bürgermeister vor. Aufgrund der Repressionspolitik der Regierung in Ankara rechnet die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) mit einer wachsenden Zahl von Flüchtlingen, die aus der Türkei nach Deutschland kommen.

Erdogans Gegner werfen ihn vor, dass er schon jetzt ein autokratisches System aufgebaut habe und Kritiker in den Medien oder der Opposition mundtot mache. Seit dem gescheiterten Putsch vom 15. Juli hat Ankara dieses Vorgehen noch einmal verschärft. Mehrere tausend pro-kurdische Demonstranten forderten am Donnerstag in Brüssel deshalb EU-Sanktionen gegen Erdogan.

Unterdessen wurde im Südosten der Türkei erneut ein pro-kurdischer Bürgermeister festgenommen. Der Ko-Bürgermeister von Van, Bekir Kaya, sei am Donnerstag im Zuge von „Terrorermittlungen“ festgenommen worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Ihm würden Kontakte zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorgeworfen. Auch gegen vier weitere Verwaltungsmitarbeiter sei Haftbefehl erlassen worden. Dutzende regierungskritische Demonstranten wurden von der Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern vertrieben.

Die türkische Regierung hatte in den vergangenen Wochen zahlreiche gewählte Bürgermeister im mehrheitlich kurdischen Südosten des Landes wegen mutmaßlicher Kontakte zur PKK aus dem Amt entfernt und durch regierungsnahe Beamte ersetzt. Zudem wurden kurdische Oppositionspolitiker festgenommen, unter ihnen die beiden Vorsitzenden der prokurdischen Partei HDP. Die PKK wird von Ankara als Terrororganisation eingestuft.

Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) rechnet mit einer wachsenden Zahl von Flüchtlingen, die aus der Türkei nach Deutschland kommen. Dies sagte der TGD-Bundesvorsitzende Gökay Sofuoglu den Zeitungen „Heilbronner Stimme“ und „Mannheimer Morgen“ vom Donnerstag. Gerade Intellektuelle hätten derzeit „in der Türkei keine Möglichkeit mehr, sich zu artikulieren“, sagte Sofuoglu. Er äußerte zudem die Erwartung, dass auch türkische Unternehmer die Türkei verlassen werden.

Unterdessen wurde bekannt, dass die Türkei zwei Tschechen festgenommen hat, weil sie in Syrien für die kurdisch-syrischen Volksverteidigungseinheiten YPG gekämpft haben sollen. Die türkische Führung sieht die von Washington unterstützte YPG als „Terrororganisation“ an. Der Mann und die Frau seien in der südöstlichen Provinz Sirnak festgenommen worden, berichtete die Zeitung „Sabah“. Das tschechische Außenministerium in Prag bestätigte, am 13. November von der Festnahme erfahren zu haben. (afp)

 



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