Regierung in Bagdad will Kurden-Referendum nicht anerkennen

Iraks Kurden haben über ihre Unabhängigkeit abgestimmt. Noch liegt das endgültige Ergebnis nicht vor - doch bei einem "Ja" zur Abspaltung drohen der Region neue schwere Konflikte.
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Nach Schließung der Wahllokale feiern auf einer Straße in Erbil.Foto: SAFIN HAMED/AFP/Getty Images
Epoch Times26. September 2017

Bagdad (dpa) – Iraks Ministerpräsident Haidar al-Abadi will das kurdische Unabhängigkeitsreferendum nicht anerkennen. Er werde sich mit dem Ergebnis nicht beschäftigen, sagte Al-Abadi am späten Montagabend, wie die Nachrichtenseite Al-Sumaria meldete.

Stattdessen wolle er die Maßnahmen gegen diejenigen verschärfen, die für „dieses Chaos und diese Zwietracht“ verantwortlich seien.

Die Kurden im Nordirak hatten am Montag gegen scharfe internationale Kritik über ihre Unabhängigkeit abgestimmt. Nach ersten Ergebnissen zeichnete sich eine überwältigende Mehrheit für eine Abspaltung ab. Die Nachbarn Türkei und Iran hatten die Kurden vor dem Referendum gewarnt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte mit einem Ende des kurdischen Ölexports und einer Militärintervention.

UN-Generalsekretär António Guterres befürchtete „möglicherweise destabilisierenden Folgen“. Er respektiere die Souveränität, territoriale Integrität und Einheit des Irak, ließ Guterres in New York mitteilen. Alle Konflikte zwischen Iraks Zentralregierung und der kurdischen Regionalregierung sollten durch „strukturierten Dialog und konstruktiven Kompromiss“ gelöst werden.

Die Wahlbeteiligung bei dem Referendum lag nach offiziellen Angaben bei weit über 70 Prozent. Vor den Wahllokalen bildeten sich den Tag über teilweise Schlangen. Das Referendum ist jedoch rechtlich nicht bindend. In der kurdischen Hauptstadt Erbil feierten Menschen auf der Straße, obwohl noch keine offizielle Ergebnisse vorlagen.

Die USA als wichtiger Verbündeter der Kurden hatten sich ebenfalls gegen das Referendum ausgesprochen, weil sie den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gefährdet sehen. Für diesen erhalten die Kurden auch militärische Hilfe aus Deutschland.

Für viele Kurden würde sich mit der Unabhängigkeit ein langgehegter Traum erfüllen. Sie verweisen darauf, dass sie lange von der Zentralregierung unterdrückt und bekämpft worden seien. Vor allem der Giftgasangriff in dem Ort Halabdscha und die Tötung Zehntausender Menschen im Nordirak unter Ex-Langzeitherrscher Saddam Hussein haben sich in das kollektive Gedächtnis der Kurden eingebrannt.

„Wir als Kurden haben unter Unterdrückung gelebt“, sagte der 64 Jahre alte Abdullah Salih nach der Abstimmung in einem Wahllokal in Erbil. „Es hat mich glücklich gemacht, meine Stimme abzugeben.“ Auch der 52 Jahre Christ Khalil Sarioka Martani unterstützt die Unabhängigkeit: „Niemand hat uns Christen den Schutz und die Rechte gegeben wie die Kurden.“

Kurden-Präsident Massud Barsani hatte die umstrittene Abstimmung am Sonntag verteidigt und erklärt, die Partnerschaft mit Bagdad sei gescheitert. Der Türkei und dem Iran versicherte er, ein Stabilitätsfaktor in der Region zu sein. Die kurdischen Peschmerga-Kämpfer seien bereit, auf jeden Angriff zu reagieren.

Ein türkischer Panzer bei einem Manover an der Grenze zum Irak. Als Antwort auf das Referendum droht der türkische Präsident Erdogan mit einer militärischen Intervention im Nordirak. Foto: DHA-Depo Photos/AP/dpa

Ein türkischer Panzer bei einem Manover an der Grenze zum Irak. Als Antwort auf das Referendum droht der türkische Präsident Erdogan mit einer militärischen Intervention im Nordirak. Foto: DHA-Depo Photos/AP

Nach der Abgabe seiner Stimme ist die Fingerkuppe eines Mannes mit lila Farbe markiert. Foto: Oliver Weiken/dpa

Nach der Abgabe seiner Stimme ist die Fingerkuppe eines Mannes mit lila Farbe markiert. Foto: Oliver Weiken

Ein Mann fotografiert sich in Erbil mit seiner Familie in einer Wahlkabine. Foto: Oliver Weiken/dpa

Ein Mann fotografiert sich in Erbil mit seiner Familie in einer Wahlkabine. Foto: Oliver Weiken

Kurden feiern nach der Schließung der Wahllokale. Foto: Oliver Weiken/dpa

Kurden feiern nach der Schließung der Wahllokale. Foto: Oliver Weiken



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