Regionalwahlen als Stimmungstest für angeschlagenen Boris Johnson

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Boris Johnson muss nach der Affäre um verbotene Partys während des Corona-Lockdowns Strafe zahlen.Foto: Dan Kitwood/Getty Images
Epoch Times3. Mai 2022

Großbritanniens angeschlagener Premierminister Boris Johnson steht vor einem möglicherweise richtungsweisenden Stimmungstest: Bei den Regionalwahlen in England, Schottland, Wales und Nordirland am Donnerstag geht es eigentlich um die Politik vor Ort. Doch wird bei der Entscheidung der Wähler wohl auch die Arbeit von Johnsons Regierung eine Rolle spielen, ebenso wie der Skandal um Corona-Partys in der Downing Street. Niederlagen der konservativen Tories könnte diejenigen in Johnsons Partei stärken, die schon länger seine Absetzung herbeisehnen.

In England stehen am Donnerstag 4360 Abgeordnetenmandate in 146 Bezirken zur Wahl, darunter in wichtigen Ballungszentren wie Birmingham, Leeds und Manchester sowie in allen 32 Bezirken Londons. In Schottland und Wales werden überall die Ratsversammlungen neu gewählt. In Nordirland steht die Wahl für das Parlament in Belfast an.

Bei Regionalwahlen im Jahr 2018 konnte die oppositionelle Labour-Partei Boden gegenüber den Tories gutmachen. Im Dezember 2019 feierte Regierungschef Johnson allerdings einen Erdrutschsieg bei den britischen Unterhauswahlen. Sein Versprechen dabei: Den jahrelangen politischen Stillstand im Land zu beenden und den Brexit endlich umzusetzen.

Illegale Partys in der Downing Street

Doch die Lage für den Parteichef der Konservativen hat sich seitdem verschlechtert. Grund dafür sind sowohl die illegalen Partys in der Downing Street während des Corona-Lockdowns als auch die steigende Inflation, die den Wählern zu schaffen macht.

Infolge von polizeilichen Ermittlungen zu den Partys wurde Johnson im vergangenen Monat zum ersten britischen Premier, der während seiner Amtszeit aufgrund von Rechtsvergehen eine Geldstrafe zahlen musste. Wütende Abgeordnete seiner eigenen Partei schienen im Januar angesichts des öffentlichen Aufschreis über Doppelmoral und Lügen bereit für ein Misstrauensvotum gegen den 57-Jährigen.

Doch der Krieg in der Ukraine brachte die Meuterei ins Stocken. Eine schwere Niederlage für die Tories am Donnerstag könnte der Kampagne zu Johnsons Absetzung jedoch neuen Antrieb geben, seine innerparteilichen Kritiker wollen rechtzeitig vor der Unterhauswahl 2024 einen neuen Parteichef installieren.

Es ist fraglich, ob die als „Partygate“ bekannt gewordene Affäre um alkoholgetränkte Feiern am britischen Regierungssitz der größte Faktor für die Wähler sein wird. Für den pensionierter Fabrikarbeiter Bob aus Dudley wird die Inflation die Entscheidung vieler Wähler lenken: „Lebensmittel werden teurer, Energie wird teurer“, klagt er. Was Johnson getan habe, sei zwar schlimm gewesen, „aber sie sollten sich auf die Lebenshaltungskosten konzentrieren“.

Labour im Aufwind

Umfragen sagen voraus, dass Labour die meisten zu vergebenden Sitze in England gewinnen wird. Parteichef Keir Starmer möchte ehemals „rote“ Gegenden in Mittel- und Nordengland zurückgewinnen, die bei der vergangenen Unterhauswahl an die Konservativen gefallen waren. In London schielen die Sozialdemokraten auf konservative Hochburgen wie Kensington und Chelsea.

In Schottland hofft Labour darauf, der nach Unabhängigkeit strebenden Schottischen Nationalpartei (SNP) Stimmen streitig zu machen und in Wales soll die starke Stellung der Partei gewahrt werden.

Eine ganz andere Herausforderung erwartet Johnson und das gesamte Vereinigte Königreich in Nordirland: Hier könnte Sinn Fein die Mehrheit der Sitze gewinnen. Es wäre das erste Mal in der 100-jährigen Geschichte der britischen Provinz, dass eine irisch-nationalistische Partei stärkste Kraft im Parlament wird.

Wie das Rennen ausgeht und wie seine „Überlebens“-Prognosen aussehen, weiß Johnson noch vor dem Wochenende: Erste Ergebnisse der verschiedenen Urnengänge werden für Donnerstagabend erwartet, Freitagabend sollen die Endergebnisse vorliegen. (afp/red)



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